EU-Kommission legt Koexistenz-Report vor

Anbau von gentechnisch verändertem Mais: Vermischungen minimieren

Verbraucherschutzkommissar John Dalli hat dem EU-Agrarministerrat auf seiner Sitzung am 27.09.2010 in Brüssel einen neuen Report zur Koexistenz vorgelegt. Die darin vorgeschlagenen Maßnahmen sollen die Vermischung von gentechnisch verändertem und herkömmlichem Mais minimieren. Laut Kommissar Dalli soll der Bericht den Mitgliedsstaaten helfen, ihre eigenen Koexistenz-Richtlinien zu erlassen. Gleichzeitig wurde bei der Sitzung deutlich, dass viele Mitgliedsstaaten gegen die geplante Verlagerung der Anbauentscheidung auf nationale Ebene votieren.

Agrarministerrat 27-09-10

EU-Agrarministerrat am 27.September 2010 in Brüssel: EU-Verbraucher- schutzkommissar John Dalli und die belgische Landwirtschaftsministerin Sabine Laruelle, derzeit Vorsitzende des Rates. „Das Dokument,“ so Dalli bei der Vorstellung des Koexiszent-Reports, „beschreibt ein unverbindliches Maßnahmenpaket das die Mitgliedsstaaten bei der Entwicklung und Konkretisierung ihrer nationalen oder regionalen Ansätze zur Koexistenz dienlich sein kann.“

Erst im Juli hatte die EU-Kommission neue Leitlinien zum Anbau von GVO beschlossen, die den Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung der Koexistenz auf nationaler Ebene geben. Die nun vorgestellten Maßnahmen entsprechen Sinn und Zweck dieser EU-Leitlinien, auch wenn sie für die Mitgliedsstaaten nicht bindend sind, erklärte Dalli.

Der Report des Europäischen Büros für Koexistenz (European Coexistence Bureau) empfiehlt zur Minimierung der Vermischung von gv- und konventionellem Mais neben einer getrennten Lagerung des Saatguts vor allem Mindestabstände beim Anbau. Für die Produktion von Körner- und Silomais werden unterschiedliche Mindestabstände empfohlen.

  • Zur Einhaltung des Kennzeichnungsschwellenwertes von 0,9 Prozent beträgt der empfohlene Mindestabstand bei Körnermais 15-50 Meter. Bei Silomais reduziert sich der Mindestabstand auf 0-25 Meter.
  • Bei einer Begrenzung der Vermischung auf unter 0,2 Prozent empfiehlt der Report bei Körnermais Abstände von 85-150 Metern und bei Silomais von 50-65 Metern.
  • Im Mittelmeerraum und auf dem Balkan wäre auch ein zeitlich versetzter Anbau von gv- und konventionellem Mais eine effektive Maßnahme. Aus klimatischen Gründen ist dies aber nur hier möglich.
  • Mindestabstände können durch Mantelsaaten um die Hälfte reduziert werden.

Das vor zwei Jahren von der Kommission gegründete Koexistenzbüro hat für diese Empfehlungen Daten aus einer Vielzahl von europäischen Feldversuchen, Studien und Modellrechnungen ausgewertet. Die zugrunde liegenden Versuche waren immer so ausgelegt, dass der Eintrag von gv-Mais in die Nachbarfelder - z.B. aufgrund der lokalen Windverhältnisse - maximal war. In einigen Regionen Europas könnten laut dem Report die oben genannten Maßnahmen nicht ausreichen. Bei einer zu kleinteiligen Landwirtschaft wäre eine geeignete Alternative, regional nur gentechnisch veränderte oder keine gv-Pflanzen anzubauen.

Anbauentscheidungen auf nationaler Ebene vom Tisch?

Auf dem gleichen Treffen der EU-Agrarminister hat sich eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten gegen eine Nationalisierung der Anbauentscheidung für GVO ausgesprochen. Die EU-Kommission hatte am 13. Juli dieses Jahres beschlossen, dass die EU-Mitgliedsstaaten in Zukunft ohne wissenschaftliche Begründung den Anbau von gv-Pflanzen verbieten dürfen. Die Kritiker, unter anderem auch die deutsche Bundesregierung sowie Frankreich, Italien und Spanien, befürchten nicht nur Konflikte mit der Welthandelsorganisation (WTO). Auch die Grundfesten der Europäischen Union würden erschüttert, nämlich der EU Binnenmarkt und die gemeinsame Agrarpolitik. Nur Österreich hat den Plänen ausdrücklich zugestimmt. Eine Arbeitsgruppe soll nun Lösungsmöglichkeiten erkunden. Eine schnelle Einigung ist jetzt kaum mehr zu erwarten.