11. Internationales Symposium zur Sicherheit von GVO

Neue biotechnologische Züchtungsmethoden auf dem Prüfstand - Verstärkte Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern

Das Internationale Symposium zur Biosicherheit von gentechnisch veränderten Organismen (ISBGMO) fand in diesem Jahr vom 15.bis 20. November in Buenos Aires (Argentinien) statt. Mehr als 300 internationale Forscher diskutierten u.a. über die Erfahrungen lateinamerikanischer Länder mit biologischer Sicherheitsforschung, Sicherheitsaspekte von gentechnisch veränderten Energiepflanzen sowie den Einsatz von gentechnisch veränderten Moskitos zur Bekämpfung der von diesen Tieren übertragenen Infektionskrankheiten wie Denguefieber und Malaria. Ein neuer Schwerpunkte war die Sicherheitsbewertung der neuesten Generation biotechnologischer Züchtungsmethoden.

ISBGMO Buenos Aires 2010

Die 11. ISBGMO fand 2010 in Buenos Aires (Argentinien) statt. Das nächste Symposium wird in zwei Jahren in St. Louis (USA) abgehalten.

Nina Federoff

Professor Nina Federoff vom Huck Institutes of Life Science, bis 2010 Beraterin des US Außenministeriums in Wissenschafts- und Technologiefragen. Sie stellte neue biotechnologische Methoden in der Pflanzenzüchtung vor. Dabei plädierte sie für eine offensive Nutzung dieser Methoden. Nur so könne die Landwirtschaft für den steigenden Lebensmittel- und Rohstoffbedarf intensiviert werden, ohne die Umwelt weiter zu belasten.

Rüdelsheim Patrick

Patrick Rüdelsheim, Präsident (2009-2010) der International Society for Biosafety Research (ISBR). „Das Symposium soll Vertreter von Zulassungsbehörden, Unternehmen und Biosicherheitsforscher zusammenbringen und informierte Entscheidungen über Sicherheitsbewertung und Zulassung von GVO-Pflanzen unterstützen“.

isbgmo 2010 workshop

Trainings-Workshop „Problem formulation“: Die Teilnehmer beschäftigten sich mit der Frage, wie potenzielle Umweltrisiken bestimmter gv-Pflanzen systematisch definiert und daraus eine Sicherheitsbewertung abgleitet werden kann. In Kleingruppen wurden dazu Fallbeispiele durchgearbeitet.

Die alle zwei Jahre stattfindende ISBGMO ist die einzige internationale Konferenz, die sich ausschließlich mit den Umweltwirkungen von gentechnisch veränderten Organismen beschäftigt. Der bisherige Präsident Patrick Rüdelsheim (Belgien) hob die besondere Rolle dieser Konferenz hervor. Es gehe darum, Sicherheitsforscher, Vertreter der Zulassungsbehörden und die GVO-entwickelnden Unternehmen an einen Tisch zu holen. „Wir haben hier sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Zulassungsbehörden können kommunizieren, welche Daten sie zur Risikobewertung von den Unternehmen und der Grundlagenforschung benötigen. Die Unternehmen andererseits nutzen den Expertenaustausch, um ihre Produkte schon bei deren Entwicklung an neue Sicherheitsanforderungen anzupassen.“

Er machte deutlich, dass die Entscheidungen für oder gegen gentechnisch veränderte Produkte nicht nur unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten getroffen werden. Die Forschung sei dazu da, die wissenschaftlichen Daten für einen Entscheidungsprozess zur Verfügung zu stellen. Letztendlich werden gentechnisch veränderte Produkte entsprechend den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zugelassen oder nicht. Die Möglichkeiten der Biotechnologie müssten mit den wissenschaftlichen Unsicherheiten, potenziellen Risiken und dem möglichen Nutzen abgewogen werden. Die auf der Konferenz diskutierte Möglichkeit, Moskitos als Überträger von Krankheiten wie Malaria oder Denguefieber durch die Freisetzung von gentechnisch veränderten Moskitos zu bekämpfen, sei ein Beispiel für eine verantwortungsvolle Abwägung von biotechnologischen Innovationen.

Neue Züchtungsmethoden in der Diskussion

Auf der ISBGMO wurden neue biotechnologische Methoden, die von vielen Teilnehmern als bedeutende Fortschritte in der Pflanzenzüchtung bewertet wurden, vorgestellt. Es handelt sich vor allem um die so genannte RNA-Interferenz und eine neue zielgerichtete Mutationsmethode mit dem Namen EXZACT.

Mit der RNA-Interferenz können bestimmte Gene gezielt ausgeschaltet werden. In die Pflanze werden dazu kurze DNA-Abschnitte eingeführt, deren Sequenz auch im auszuschaltenden Gen vorkommt. Beim Ablesen der neu eingeführten DNA-Abschnitte bildet sich in der Pflanzenzelle daraus eine schlaufenförmige RNA (hpRNA oder hairpin RNA), die über einen natürlichen Mechanismus in der Zelle das Ablesen des Gens, das ausgeschaltet werden soll, verhindert. Diese Technik wurde bereits erfolgreich getestet, um virusresistente oder insektenresistente Pflanzen herzustellen. Ein Beispiel ist Mais, der gegen den Maiswurzelbohrer resistent ist. Dieser Mais enthält eine hpRNA, die gegen ein Enzym des Verdauungstraktes des Tieres gerichtet ist. Frisst der Käfer diesen gv-Mais, wird dessen Nährstoffaufnahme durch die hpRNA im Darm blockiert. Diese Pflanzen könnten eine Alternative zu den bisherigen Bt-Pflanzen sein, gegen die bereits einige Schadinsekten Resistenzen entwickelt haben.

Aus Sicht der biologischen Sicherheitsforschung sei die RNA-Interferenzmethode sicher, so Adriano Fusaro von der australischen Universität Sidney. Bei seinem Vortrag berichtete er, dass nach bisherigen Untersuchungen durch die RNA-Interferenz nur in wenigen Ausnahmefällen neben dem eigentlichen Zielgen weitere Gene ungewollt ausgeschaltet wurden. Solche Ereignisse könnten unbeabsichtigte Nebeneffekte auf den Stoffwechsel der Pflanzen auslösen. Doch Fusaro zeigte sich optimistisch. Moderne und computergestützte Sequenzanalysen ermöglichten es heute, die RNA-Interferenz sehr präzise einzusetzen. Zudem stünden mittlerweile sehr genaue Analysenmethoden zur Verfügung, um ungewollte Genausschaltungen sicher zu identifizieren.

Mit einem weiteren Verfahren, der EXZACT-Methode, könnten an definierten Stellen des Erbgutes Gene ausgeschaltet oder partiell verändert sowie neue Gene eingebaut werden. Dieses vom Unternehmen Dow AgroScience entwickelte Verfahren beruht auf so genannten Zink-Finger-Nukleasen. Diese Enzyme binden nur an definierte Stellen des Erbgutes und können dort die entsprechenden Genveränderungen hervorrufen. Herkömmliche Methoden der Pflanzenzüchtung wie Mutationszüchtung mit Hilfe von gamma-Strahlen oder chemischen Substanzen führen dagegen zu unzähligen Genveränderungen, die zufällig im ganzen Erbgut verteilt sind. Auch mit bisherigen gentechnischen Methoden konnte man bisher den Integrationsort der neuen Gene nicht vorherbestimmen. Damit könnte das neue Verfahren ein Weg sein, unbeabsichtigte Stoffwechselveränderungen im Züchtungsprozess zu umgehen und die Züchtung zu beschleunigen.

Fokus auf Entwicklungsländern

Biotechnologische Züchtungsmethoden sind auch zunehmend für Entwicklungsländer interessant, um die Lebensmittelerzeugung zu steigern. Nach einer vom Internationalen Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie (ICGEB) durchgeführten Umfrage in Lateinamerika entwickeln elf Länder derzeit gentechnisch veränderte Pflanzen und in dreizehn Ländern werden Feldversuche durchgeführt.

Nach Angaben von ICGEB fehlt jedoch in den meisten dieser Länder eine angemessene Infrastruktur wie Labore, lokale Experten und Personal, um eine eigene Sicherheitsbewertung und Zulassung von gv-Pflanzen sachgerecht durchzuführen. In nur 36 Prozent dieser Länder sind funktionierende regulatorische Systeme aufgebaut worden. Das diesjährige Symposium bot Gelegenheit, an diesem Punkt anzusetzen. Zur Verstärkung der Expertise in Entwicklungsländern fand ein „Trainingsworkshop für Lateinamerika“ zur Planung und Durchführung von Feldversuchen, ein OECD-Workshop zur Umweltsicherheitsforschung und deren Harmonisierung sowie ein Workshop zur Definition, Problemformulierung und Abschätzung von potenziellen Risiken statt.

Moises Burachik vom Landwirtschaftministerium in Argentinien hob eine Besonderheit für die Sicherheitsbewertung von gentechnisch veränderten Produkten in Lateinamerika hervor. Diese Region habe eine sehr hohe Biodiversität und unterschiedlichste Umwelten. Dies müsse bei der Entwicklung und Nutzung von gv-Pflanzen besonders berücksichtigt werden. Er sei zwar nicht von den Umwelt-Gefahren durch gv-Pflanzen überzeugt. Aber nach dem Vorsorgeprinzip müsse die Sicherheitsforschung weiter intensiviert werden, um geeignete Strategien zur Wahrung der lokalen Biodiversität zu entwickeln. Dazu könnte z.B. auch die Nutzung von Confinementmethoden gehören, um die Auskreuzung von gv-Pflanzen in Wildpflanzenpopulationen zu unterbinden.