Anbau von gv-Alfalfa unter Koexistenzauflagen

Gentechnikpolitik USA: Trendwende in Fragen der Koexistenz?

Das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium USDA zieht im Rahmen seiner neuen Umweltverträglichkeitsprüfung zu gentechnisch verändertem Alfalfa (Luzerne) erstmals verbindliche Koexistenzmaßnahmen in Erwägung. So könnte es zukünftig regionale Anbaueinschränkungen und Mindestabstände zu Saatgutproduktionsflächen geben. Die endgültige Entscheidung dazu soll im Verlauf des Januars erfolgen.

Tom Vilsack, US-amerikanischer Landwirtschaftsminister

Der amerikanische Landwirtschaftsminister Tom Vilsack: „Wir müssen Lösungen finden, die nicht nur die Nutzer der Biotechnologie unterstützen, sondern auch ökologisch wirtschaftende Landwirte, die darauf angewiesen sind, dass sie Gentechnik-freies Saatgut bekommen können.“

Luzerne

In den USA wird Alfalfa in fast allen Bundesstaaten auf über 9 Millionen Hektar als Futter für Milchkühe und Mastrinder angebaut. Häufige Verunreinigungen mit Wildpflanzen führen jedoch zu Einbußen bei Qualität und Verträglichkeit des Futters. Mit herbizidresistenter gv-Alfalfa und dem dazu passenden Komplementärherbizid sollen unerwünschte Beikräuter effektiver kontrolliert werden.

Die von Monsanto entwickelte herbizidresistente gv-Luzerne war 2007 von einem Gericht verboten worden, da die Zulassung ohne ausreichende Prüfung möglicher Umweltrisiken und sozioökonomischer Auswirkungen erfolgt sei. Nachdem ein kalifornisches Gericht letztes Jahr auch die Rücknahme der Zulassung von gv-Zuckerrüben erzwang, befindet sich das US-Zulassungssystem unter enormen Druck und an einem möglichen Scheideweg.

Laut US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack treffe der in den letzten Jahren rasch angestiegene Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auch auf eine zunehmende Nachfrage nach ökologischen oder ohne Gentechnik erzeugten Lebensmitteln. Das habe zu Verunsicherung und Rechtsstreitigkeiten geführt. Konstruktiver als diese vor Gericht auszutragen sei es, nach Kompromissen zu suchen, die den unterschiedlichen Produktionsweisen in der Landwirtschaft gerecht werde. Dazu werden jetzt Optionen wie die Einführung von Koexistenzmaßnahmen erwogen.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung bestätigte, dass gv-Alfalfa auf konventionelle oder Bio-Luzerne auskreuzen kann. Die Auskreuzung über den Pollen erfolgt durch bestäubende Insekten, hauptsächlich Bienen, bis zu Entfernungen von zehn Kilometern. Dies sei nicht so relevant für die Produktion von Heu aus Luzerne. Da das Heu in der Regel vor der Samenreife geerntet wird, könne es selbst nach einer Befruchtung mit gv-Pollen nicht zu einer Vermehrung von gv-Pflanzen kommen. Damit es jedoch bei der Produktion von konventionellem Luzerne-Saatgut nicht zu Vermischungen mit gv-Luzerne kommt, schlägt die USDA verschiedene Koexistenzmaßnahmen vor:

  • In US-Bundestaaten ohne Saatgutvermehrungsflächen für Luzerne bestünden keine Beschränkungen beim Anbau von gv-Luzerne zur Heuproduktion. Dies betrifft zurzeit 27 Bundesstaaten.

  • In Bundesstaaten, in denen weniger als ein Prozent des gesamten Luzerne-Saatguts der USA produziert wird (derzeit 14), müssten Felder mit gv-Luzerne zur Heuproduktion bis zu einer Entfernung von ca. 50 Metern zu Saatgutvermehrungsflächen bei Beginn der Blüte gemäht werden (maximal 10 % der Pflanzen dürfen blühen).

  • In Bundesstaaten mit einem höheren Anteil an der Luzerne-Saatgutproduktion (zurzeit neun Bundesstaaten) dürfte gentechnisch veränderte Luzerne nicht angebaut werden.
  • Die Saatgutproduktion von gv-Luzerne dürfte nur in Bundessaaten durchgeführt werden, in denen auch bisher Luzerne-Saatgut vermehrt wurde. Der Abstand zu Vermehrungsflächen für konventionelles Luzernesaatgut müßte aber mindestens acht Kilometer (5 Meilen) betragen.

Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass die Saatgutproduzenten für die Einhaltung und Überwachung solcher Maßnahmen verantwortlich sein sollen. Dies schließt auch Trainingsprogramme für Farmer, Saatgutkennzeichnung und eine Berichtspflicht gegenüber den Behörden ein.

Nach Auswertung einer Koexistenz-Diskussion am Runden Tisch am 20. Dezember letzten Jahres sowie von mehr als 200.000 Kommentaren aus der Öffentlichkeit wird die USDA ihren endgültigen Vorschlag veröffentlichen. Nach 30 Tagen folgt die Entscheidung.