Novellierung Gentechnik-Gesetz

Bundeskabinett: Einstimmig für Seehofers Eckpunktepapier

(27.02.2007) Einstimmig hat die Bundesregierung auf ihrer Kabinettsitzung das von Landwirtschaftsminister Horst Seehofer vorgelegte Eckpunktepapier zur Novellierung des Gentechnik-Gesetzes beschlossen. Auf dieser Grundlage wird nun ein konkreter Gesetzentwurf ausgearbeitet und in den Bundestag eingebracht.

Nach langen Diskussionen innerhalb der Bundesregierung ist damit die erste Hürde genommen, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Änderung des Gentechnik-Gesetzes umzusetzen. Bleibt es bei den Vorgaben des Eckpunktepapiers, wird sich an den derzeit geltenden Vorschriften für den Anbau von gv-Pflanzen nichts Wesentliches ändern. Bei experimentellen Freisetzungsversuchen enthält das Eckpunktepapier Präzisierungen einiger bisher strittiger Fragen.

Koexistenzregeln: Bei Mais 150 Meter Abstand

Beim Anbau von gv-Mais wird künftig ein Abstand von 150 Metern zwischen Feldern mit gv- und konventionellen Pflanzen vorgeschrieben. Diesen Mindestanstand hält das Seehofer-Ministerium nach derzeitigem Erkenntnisstand für angemessen, um sicherzustellen, „dass eine wesentliche Beeinträchtigung des Nachbarn grundsätzlich unterbleibt und auch der ökologische Landbau möglich ist.“

Horst Seehofer (CSU), Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.: „Ich bin mir bewusst darüber, wie kontrovers die Diskussion um die Grüne Gentechnik in unserem Land geführt wird. Es ist daher kein leichtes Unterfangen, zu einem fairen Ausgleich der sehr unterschiedlichen Interessen zu kommen. Ich denke aber, dass wir mit unserem Eckpunktepapier genau das geschafft haben.“
(Foto: Besuch von Horst Seehofer auf den Feldtagen der Deutschen Saatveredelung in Brandenburg, Juni 2006. Foto: dsv)

Was Landwirte beim Anbau gv-Pflanzen besonders zu beachten haben, soll in Regeln der Guten fachlichen Praxis festgelegt werden. Die Bundesregierung plant dazu eine Verordnung mit allgemeinen Regeln sowie weitere mit pflanzenartenspezifischen Anforderungen, zunächst für den Anbau von gv-Mais.

Bei der Haftung für Schäden, die durch GVO-Einträge auf Nachbarfeldern verursacht werden, ändert sich gegenüber der bestehenden Praxis wenig.

  • Kommt es in konventionellen Beständen zu wesentlichen GVO-Einträgen oberhalb des für die Kennzeichnung maßgebenden Schwellenwerts von 0,9 Prozent, hat der konventionelle Landwirt in jedem Fall einen Anspruch, für die entstandenen wirtschaftlichen Verluste entschädigt zu werden.
  • Ein gv-Pflanzen anbauender Landwirt ist haftbar, wenn er gegen die Regeln der Guten fachlichen Praxis verstoßen hat.
  • Ist kein einzelner Verursacher feststellbar oder kommt es trotz Einhaltung der Guten fachlichen Praxis zu wesentlichen GVO-Einträgen, haften alle gv-Pflanzen anbauenden Landwirte der Umgebung „gesamtschuldnerisch“. Das Eckpunktepapier weist darauf hin, das eine Selbstverpflichtung der Saatguthersteller angestrebt wird, welche die Landwirte von diesen Risiken entlasten soll.

Alle mit gv-Pflanzen bewirtschafteten Flächen müssen weiterhin in das Standortregister beim Bundesamt für Verbraucherschutz (BVL) angemeldet werden. Allerdings sind für die allgemeine Öffentlichkeit künftig nur noch Angaben zur jeweiligen Gemarkung zugänglich, nicht mehr zum Flurstück. Landwirte, die gv-Pflanzen anbauen wollen, sind verpflichtet, ihre Nachbarn von sich aus über ihr Vorhaben zu informieren.

Seehofer: „Fairer Ausgleich der Interessen“

In dem Eckpunktepapier bekennt sich die Bundesregierung erneut dazu, die „Forschung im Bereich der Pflanzenbiotechnologie voranbringen“ zu wollen und schließt dabei sowohl Sicherheits- wie Entwicklungsforschung ein.

Experimentelle Freisetzungsversuche mit noch nicht allgemein zugelassenen gv-Pflanzen sind in der Vergangenheit oft durch strittige Rechtsfragen behindert worden. Mit einigen Präzisierungen will Seehofer für mehr Rechtssicherheit sorgen.

  • Ernteprodukte, die geringe Spuren von im Freiland erforschten GVO enthalten, sollen wirtschaftlich genutzt werden können, allerdings nicht als Lebens- oder Futtermittel. Demnach könnten die Landwirte sie beispielsweise zur Bioenergie-Gewinnung einsetzen.
  • Ein Ausgleichsanspruch für GVO-Einträge aus Versuchsflächen wird auf die unmittelbaren Schäden begrenzt, die auf den Nachbargrundstücken entstehen.
  • Es soll geprüft werden, ob bei aus Bundesmitteln geförderten Freilandversuchen eventuelle Haftungsansprüche aus Steuermitteln beglichen werden.
  • Es sollen Nachweisverfahren für solche gv-Pflanzen entwickelt werden, die noch nicht allgemein für die wirtschaftliche Nutzung zugelassen sind.

Auf Basis des beschlossenen Eckpunktepapiers muss Seehofer nun einen konkreten Entwurf für ein geändertes Gentechnik-Gesetz vorlegen.

Doch die Diskussionen sind noch lange nicht zu Ende - weder in der Öffentlichkeit, noch im Bundestag. Sprecher der SPD-Bundtagsfraktion, die Seehofers Vorschläge seit längerem kritisieren, sahen zwar „Fortschritte“ , verlangten aber „deutliche Verbesserungen für den Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft“.

Ein geändertes Gentechnik-Gesetz könnte frühestens zur Anbausaison 2008 wirksam werden.