Bt-Mais und Belastung der Maisprodukte mit Mykotoxinen

„Bt-Mais ist eine zusätzliche Maßnahme, um Pilzgifte zu reduzieren.“

Im Mais- und Getreideanbau sind Pilzkrankheiten ein Problem. Sie führen nicht nur zu Ertragseinbußen. Einige der Pilze können giftige Stoffe produzieren. Diese Mykotoxine belasten Lebens- und Futtermittel. Über Pilzbefall im Maisanbau und verschiedene Möglichkeiten der Bekämpfung sprach bioSicherheit mit Prof. Andreas Schier von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtigen-Geislingen.

Prof. Dr. Andreas Schier, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

Zünslerlarven im Maiskolben : Der Pilzbefall in den Fraßgängen ist deutlich zu erkennen.

Mykotoxingehalte in Körnermais: Mais ohne Insektizid (gelb) und Bt-Mais (grün), in µg/kg

Auswertung Dauerversuch 2006 (Pflugbearbeitung)
Dargestellt sind Mykotoxingruppen:
DON = Deoxinivalenol
FUM = Fumonisine
ZEA: = Zearalenon

Höchstwert für Mykotoxine in der EU Deoxinivalenol (DON)
unverarbeiteter Mais: 1750
Maismehl: 750
Summe der Fumonisine B1 und B2
unverarbeiteter Mais: 2000
Maismehl: 1000
Zearalenon (ZEA)
Unverarbeiteter Mais: 200
Maismehl: 200

in µg/kg, Höchstwerte gültig ab 1. Juli 2006 bzw. 1. Oktober 2007

bioSicherheit: Herr Prof. Schier, Sie beschäftigen sich mit Pilzerkrankungen bei Mais und der damit verbundenen Belastung der Maisprodukte mit Pilzgiften. In der Öffentlichkeit weiß man darüber im Allgemeinen wenig. Warum sind solche Mykotoxine ein Problem?

Andreas Schier: Mykotoxine schädigen die menschliche und tierische Gesundheit. Es gibt jedoch nicht nur ein Toxin, sondern eine große Anzahl. Es sind über 300 verschiedene Toxine bekannt – und jedes hat spezifische Wirkungen. Einige Beispiele: Zearalenone, eine bestimme Gruppe von Mykotoxinen, können etwa Fruchtbarkeitsstörungen auslösen. Oder: Fumonisin vermindert die Aufnahme von Folsäure (Vitamin B9), die für die embryonale Entwicklung wichtig ist. Andere Mykotoxine, die über das Tierfutter aufgenommen werden, führen zu Problemen bei der Fruchtbarkeit. Eine Folge ist, dass weniger Tiere geboren werden.

bioSicherheit: Mais wird in Mitteleuropa überwiegend als Futtermittel verwertet. Hat es in der Praxis spürbare Auswirkungen auf die Tiere, wenn der verfütterte Mais mit Mykotoxinen belastet ist?

Andreas Schier: Auf jeden Fall. Landwirte, die Probleme in ihren Tierställen haben, schicken uns immer wieder Futtermittelproben. Oft handelt es sich um Fruchtbarkeitsprobleme. Dann stellen wir sehr häufig erhöhte Mykotoxinwerte im verwendeten Futter fest. Wird es gegen weniger belastetes ausgetauscht, dann verschwinden in der Regel auch die Probleme. Eine Ursache dafür sind also offenbar die Mykotoxine, vor allem solche die von einer bestimmten Gruppe von Pilzen gebildet werden, den Fusarien.

bioSicherheit: Seit 2006 gelten in der EU für einzelne besonders gefährliche Mykotoxine Grenzwerte, sowohl für unbehandelten Mais nach der Ernte als auch für verschiedene Maisprodukte. Werden diese Grenzwerte in der Praxis auch bei starkem Pilzbefall eingehalten?

Andreas Schier: Seit Jahren werden von verschiedenen Fachbehörden in Deutschland und auch weltweit Untersuchungen durchgeführt. Pilzerkrankungen werden von vielen Einzelfaktoren beeinflusst. Daher sind allgemeine Aussagen kaum möglich. Man muss allerdings immer damit rechnen, dass die von der EU herausgegebenen Empfehlungen und Grenzwerte in einzelnen Jahren und an bestimmten Standorten überschritten werden.

bioSicherheit: Was sind die einzelnen Faktoren, die zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Pilzerkrankungen führen? Was können die Landwirte dagegen tun?

Andreas Schier: Das ist ein sehr komplexes Geschehen. Ich will einmal die wichtigsten Punkte herausgreifen. Ganz sicher die Witterungssituation: Feuchte und hohe Temperaturen sind förderlich für das Pilzwachstum. Solche Wettereffekte erklären die Schwankungen der Mykotoxinwerte in den einzelnen Jahren. Aber es gibt noch weitere Faktoren, etwa das Strohmanagement. Bleibt das Stroh nach der Ernte im Herbst auf dem Feld, führt das häufig zu höheren Toxinwerten in der nachfolgenden Generation. Eine wichtige Rolle spielt auch die Bodenbearbeitung, also etwa Mulchsaat und klassische Pflugsaat. Auch mit der Wahl geeigneter, widerstandsfähiger Sorten kann der Landwirt dem Risiko von Fusarienbefall vorbeugen. Nächster Punkt: Eine vitale, gesunde Maispflanze hat in der Regel niedrige Mykotoxinwerte. Das heißt: Sie sollte nicht verletzt sein, keinen Stress haben und auch genügend Wasser erhalten. Und – ein letzter Aspekt: der Erntezeitpunkt. Wenn sich in einem Risikojahr hoher Pilzbefall andeutet, sollte früher geerntet werden, um die Mykotoxin-Grenzwerte nicht zu überschreiten. Allerdings hat eine frühe Ernte für den Landwirt oft wirtschaftliche Nachteile.

bioSicherheit: Sie beschäftigen sich auch mit Bt-Mais. Aufgrund seiner Resistenz wird er nicht vom Maiszünsler befallen. An den Pflanzen gibt es daher keine Fraßverletzungen, durch die Pilze in die Pflanzen eindringen können. Sie untersuchen unter praxisnahen Bedingungen, ob sich Bt-Mais- und konventionelle Maispflanzen hinsichtlich ihrer Mykotoxinwerte unterscheiden. Wie haben Sie die Versuche angelegt und was sind die Ergebnisse?

Andreas Schier: Wir führen verschiedene Versuche durch, etwa einen Dauerversuch, wo wir auf einer Fläche Mais auf Mais anbauen. Außerdem prüfen wir die Auswirkungen verschiedener Bodenbearbeitungsformen und beschäftigen uns mit unterschiedlichen Konzepten zur Unkrautbekämpfung. In den einzelnen Varianten haben wir zusätzlich die Maispflanzen auf Mykotoxine untersucht – und zwar auf die drei am häufigsten auftretenden Toxine (siehe Grafik). Unsere Ergebnisse zeigen eine klare Tendenz: In den Varianten, in denen wir eine sehr gute Maiszünslerbekämpfung haben, sind die Maispflanzen weniger mit Mykotoxinen belastet. Das betrifft alle drei untersuchten Mykotoxin-Gruppen. Man kann sagen: In den unbehandelten Varianten finden wir die höchsten Mykotoxin-Gehalte. Sie sind reduziert, wenn der Zünsler mit Insektiziden bekämpft wird, und die besten Effekte haben wir beim Anbau von Bt-Mais.

bioSicherheit: Ist dieses Ergebnis über alle Jahre gleich oder hängen diese vom jeweiligen Befallsdruck durch Pilzkrankheiten ab?

Andreas Schier: Man kann sicher keine festen Größen angeben, die für jedes Jahr gelten. Einen großen Einfluss hat die jeweilige Witterungssituation. Und die beeinflusst auch den Zuflug des Maiszünslers. Für 2007 zeichnet sich ab, dass wir in vielen Landesteilen einen geringeren Maiszünsler-Befall hatten. Ich erwarte, dass auch der dadurch induzierte Mykotoxingehalt geringer sein wird. Im letzten Jahr hatten wir viel mehr Maiszünsler und da haben wir deutliche Effekte bei den Mykotoxinwerten gesehen.

bioSicherheit: Ähnliche Versuche sind auch in anderen Ländern und von anderen Arbeitsgruppen durchgeführt worden. Wie sind Ihre Ergebnisse da einzuordnen?

Andreas Schier: In der EU gibt es mehrere Länder, in denen Bt-Mais angebaut wird. Dort sind die Ergebnisse ähnlich wie bei uns. Zusammenfassend kann man sagen, dass bei Bt-Mais die Mykotoxinwerte etwa halbiert werden, bezogen auf einen Anbau von konventionellem Mais am gleichen Standort ohne Maßnahmen zur Bekämpfung des Maiszünslers.

bioSicherheit: Unter welchen Bedingungen führt Bt-Mais zu einer Reduktion der Mykotoxinbelastung im Mais? Weiß man schon genug, um konkrete Empfehlungen aussprechen zu können?

Andreas Schier: Man kann sagen: Wenn ein Landwirt Mais, vor allem Körnermais, anbauen will in Gebieten, in denen der Zünsler auftritt, dann ist Bt-Mais eine Maßnahme, um die Mykotoxingehalte in den Maispflanzen zu reduzieren. Allerdings dürfen die Landwirte auch die anderen Vorkehrungen gegen Pilzerkrankungen nicht vernachlässigen, die ich angesprochen habe, etwa ackerbauliche Maßnahmen oder die Wahl geeigneter Sorten.

bioSicherheit: Bt-Mais ist also immer eine zusätzliche Maßnahme gegen Mykotoxine, kein Ersatz für die gute fachliche Praxis?

Andreas Schier: Genau. Bei starkem Pilzbefall kann der Landwirt die daraus resultierende Mykotoxinbelastung allein durch den Anbau von Bt-Mais nicht vollständig vermeiden. Er kann sie immer nur zu einem gewissen Maß reduzieren.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch.