Schwedische Studie

Rapssamen im Boden noch nach zehn Jahren keimfähig

Zehn Jahre nach Ende eines Freisetzungsversuchs mit gentechnisch verändertem Raps fanden schwedische Wissenschaftler auf der ehemaligen Freisetzungsfläche noch Rapspflanzen, die die eingeführten Gene trugen. In der in den Biology Letters vorgestellten Studie berichten die Wissenschaftler um Tina d’Hertefeldt von der Universität Lund von insgesamt 15 transgenen Rapspflanzen, die höchstwahrscheinlich aus zehn Jahre alten Samen aus dem Freisetzungsversuch ausgekeimt seien.

Konventioneller Durchwuchsraps in Dänemark. Bei der Raps-Ernte fallen viele Samenkörner auf den Boden. Rapssamen können jahrelang im Boden überdauern. Nach einem Fruchtwechsel tritt Raps in den Folgejahren oft als Durchwuchs auf.
Foto: Rikke Bagger Jörgensen

„Der Durchwuchs-Raps ist der Faktor mit der größten Bedeutung. Wenn er in einem Betrieb nicht richtig kontrolliert wird, kann eine Koexistenz auch nicht nachhaltig gesichert werden. Die Bodenbearbeitung nach der Rapsernte, eine konsequente Bekämpfung von Unkrautraps und eine angepasste Fruchtfolge sind die wichtigsten Hebel, um den Durchwuchs-Raps in den Griff zu bekommen.“ Antje-Dietz-Pfeilstetter vom Julius-Kühn-Insitut, die sich über viele Jahre mit dem Ausbreitungs-verhalten von Raps beschäftigt hat, in einem Interview mit BioSicherheit.

Bislang gebe es noch nicht viele Daten zur Überdauerung von Raps über lange Zeiträume, so die Autoren. Vergleichbare Studien konnten bislang zeigen, dass Raps bis zu acht Jahren auf Feldern überdauert. Dass nun noch nach zehn Jahren transgene Rapspflanzen gefunden wurden, unterstreiche die Überdauerungsfähigkeit von Raps und stimme mit theoretischen Prognosen überein.

Es wurden umgerechnet 0,01 Pflanzen pro Quadratmeter gefunden. Da nur auf einem Viertel des Versuchsfeldes gentechnisch veränderter Raps ausgesät wurde, sei bei einem kommerziellen Anbau mit höheren Durchwuchsraten zu rechnen. Zumal üblicherweise Durchwuchs nicht so strikt bekämpft werde wie bei diesem Versuch. Die Autoren betonen, dass beim Anbau von gentechnisch verändertem Raps große Sorgfalt bei der Kontrolle von Durchwuchsraps nötig sei, insbesondere wenn nach gv-Raps wieder konventioneller Raps auf dem gleichen Feld angebaut werden soll.

Der Freisetzungsversuch

Die Freisetzung fand 1995 in Schweden auf einem dreißig mal vierzig Meter großen Versuchsfeld statt. Ausgesät wurde gentechnisch veränderter Raps, der durch ein eingeführtes Gen (bar-Gen) unempfindlich gegenüber dem Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat ist.

Die Ernte erfolgte im Herbst 1995. Um das Samenpotenzial des gv-Rapses im Boden möglichst gering zu halten, wurden – wie es auch in Deutschland bei solchen Versuchen üblich ist – gezielte Maßnahmen ergriffen, um die Keimung der während der Ernte ausgefallenen Samen zu fördern.

In den Folgejahren bis 2005 wurden Weizen, Gerste und Zuckerrüben im Wechsel angebaut. Das Feld wurde jedes Jahr vor Aussaat gepflügt und geeggt. In der Nähe des Feldes gab es keinen weiteren Anbau mit gv-Raps. Durchwuchs wurde durch Herbizide - andere Wirkstoffe als Glufosinat - kontrolliert und zusätzlich visuell überprüft.

Transgener Unkrautraps nach zehn Jahren

Im Frühjahr 2005 wurde das Feld ein weiteres Mal auf Durchwuchs hin untersucht. Es wurden 38 Rapspflanzen gefunden, in Töpfe gepflanzt und untersucht. Sie wurden zweimal im Abstand von drei Wochen mit Glufosinat besprüht. 15 der 38 Pflanzen überlebten die Glufosinat-Behandlung, trugen also noch das Herbizidresistenz-Gen. Es wurde zusätzlich molekular (mit PCR) nachgewiesen, dass es sich bei den überlebenden Pflanzen um Abkömmlinge des gentechnisch veränderten Rapses handelt.

Um den Boden auf mögliche Samenbanken zu untersuchen, wurden im Januar 2006 vierzig Bodenproben (2,5 cm Durchmesser, bis 25 cm Tiefe) genommen und die Samenvorräte im Gewächshaus zum Keinem gebracht. Aus den Proben keimten sieben verschiedene Unkrautarten, aber kein Raps.

Sicherheitsmaßnahmen bei Freisetzungen in Deutschland

Seit 1994 wird von den Genehmigungsbehörden für Versuchsflächen mit gv-Raps ein bestimmtes Verfahren für die Bodenbearbeitung verlangt. Bei diesem Verfahren wird nach der Ernte eine Ruhephase vorgeschrieben, damit während der Ernte ausgefallenes Saatgut auskeimen kann. Dieses Auskeimen muss bei trockener Witterung durch künstliche Beregnung unterstützt werden. Die so gewachsenen Keimlinge müssen zerstört und das Pflanzenmaterial dann flach eingearbeitet werden. Dieses Verfahren soll eine besonders hohe Keimungsrate des bei der Ernte ausgefallenen Rapssamens ermöglichen.

Die derzeitige Genehmigungspraxis sieht drei Jahre Nachkontrollzeit mit Verlängerung bei Auftreten von Durchwuchs vor. In der Regel verlängert sich die Nachkontrolle um jeweils ein Jahr, wenn im letzen Jahr der Nachkontrolle Durchwuchs gefunden wurde.

Durchwuchsraps: Ein Problem für die Koexistenz?

Dass Rapssamen über lange Zeiträume im Boden überdauern können und in den Folgekulturen mit Unkrautraps zu rechnen ist, ist aus zahlreichen Untersuchungen auch im Rahmen der Sicherheitsforschung bekannt. Wenn es darum geht, das Nebeneinander von Rapskulturen mit und ohne Gentechnik zu ermöglichen, dann ist Unkraut- bzw. Durchwuchs-Raps ein wichtiger zu beachtender Faktor. Nach Einschätzung der meisten mit der Problematik befassten Wissenschaftler und landwirtschaftlichen Praktiker gibt es aber ausreichende Möglichkeiten, Durchwuchs-Raps zu kontrollieren etwa durch die Bodenbearbeitung nach der Rapsernte oder die konsequente Bekämpfung von Unkrautraps in der Folgekultur. Wenn in der Fruchtfolge mindestens drei Jahre Abstand zum nächsten Rapsanbau eingehalten werde, dann sei der Durchwuchs schon stark reduziert, so Bernd Hommel vom Julius Kühn-Institut auf Nachfrage von bioSicherheit. „Die Einhaltung des Kennzeichnungsschwellenwertes von 0,9 Prozent dürfte dann kein Problem sein.“

Ob einzelne überdauernde Rapspflanzen eine Gefahr für die Umwelt darstellen, ist eine andere Frage, die von dem jeweils übertragenen Merkmal abhängt.