Koalitionsvertrag

Grüne Gentechnik soll stärker gefördert werden.

Der am Samstag vorgestellte Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung spricht sich für eine verantwortungsvolle Nutzung der Grünen Gentechnik in Deutschland aus. Kernpunkte der Vereinbarung zwischen CDU, CSU und FDP sind die Befürwortung des Anbaus der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora, flexible und bundeslandspezifische Mindestabstände zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten und konventionellen Pflanzen sowie eine Positiv-Kennzeichnung ("ohne Gentechnik") auf europäischer Ebene. Bezüglich des deutschen Anbauverbots von MON810-Mais will man erst den Ausgang des laufenden Gerichtsverfahrens abwarten.

Annette Schavan (CDU) bleibt Forschungs- ministerin. In der Forschungspolitik will die künftige Regierungskoalition die „verantwortbaren Innovationspotenziale der Bio- und Gentechnologie weiterentwickeln“. Sie sieht in der Bio- und Gentechnologie „große Chancen für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Die Vereinbarung unterstreicht einerseits, dass man zukünftig eine stärkere Wissenschaftsorientierung und effizientere EU-Zulassungsverfahren von GVO erreichen möchte, jedoch bleiben die Absichtserklärungen bezüglich des bestehenden Anbauverbotes von MON810-Mais unklar. Obwohl führende Wissenschaftsorganisationen und die Kommission für Biologische Sicherheit in Deutschland das Anbauverbot aus wissenschaftlicher Sicht für unbegründet erachtet haben, konnten sich die Koalitionspartner zunächst nur darauf verständigen, das laufende Gerichtsverfahren in diesem Fall abzuwarten.

Die Vereinbarung enthält keine Positionierung zur Frage von Freilandversuchen mit gv-Pflanzen. Viele Projekte der biologischen Sicherheitsforschung finden im Freiland statt, um mögliche Effekte von gv-Pflanzen unter realistischen Bedingungen untersuchen zu können. Noch im September hatte sich jedoch Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) strikt gegen Freilandversuche mit genveränderten Pflanzen ausgesprochen. Die Risiken für die Umwelt und die Bevölkerung seien nach Söder einfach zu groß.

Die Koalitionäre wollen das Gentechnikgesetz ändern, um den Bundesländern zu ermöglichen, eigenständig Mindestabstandsflächen zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen und Feldern mit biologischem oder konventionellem Anbau festzulegen. Dazu soll ein bundeseinheitlicher Rahmen vorgegeben werden, der allerdings nicht näher definiert wird. Ob sich daher zukünftig die Bemessung solcher Mindestabstände nach wissenschaftlichen Kriterien richten muss, bleibt zunächst offen.

Das Echo von Verbänden zu den Vereinbarungen ist geteilt. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat die im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen zur Grünen Gentechnik scharf kritisiert. Es sei ein „unglaublicher Vorgang“, dass mit der gentechnisch veränderten Kartoffel „Amflora“ ein konkretes Produkt einer Firma im Vertrag auftauche. Greenpeace sieht darin, dass die Interessen von Konzernen „eindeutig über den Schutz von Umwelt und Menschen gestellt werden“.

Hingegen begrüßte der Deutsche Raiffeisenverband, dass die Potenziale der Grüne Gentechnik als Zukunftsbranche durch die Vereinbarungen gefördert werden. Dadurch werde ein wichtiger Beitrag zur Wahlfreiheit geschaffen. Nun komme es darauf an, einen Rechtsrahmen in Deutschland und Europa umzusetzen, der Wettbewerbsverzerrungen verhindert und insbesondere einen praktikablen Umgang mit der im Gemeinschaftsrecht verankerten Nulltoleranz für nicht in der EU zugelassene GVO ermöglicht.