Gespräch mit Christopher Preston

Gentechnisch veränderter Raps in Australien: „Koexistenz ist eine Sache des Marktes.“

Seit 2008 wird in zwei australischen Bundesstaaten gentechnisch veränderter Raps kommerziell angebaut. Wie das Nebeneinander von gentechnisch verändertem und konventionellem Rapsanbau organisiert wird, darüber sprach bioSicherheit mit Dr. Christopher Preston, Accociate Professor für Unkrautmanagement an der Universität von Adelaide.

Die Rapsanbaufläche stieg von 9.500 Hektar 2008 auf 41.000 Hektar in der Saison 2009/2010. Das entspricht etwa zehn bis 15 Prozent der Rapsfläche in den beiden Bundesstaaten. Die Saatgut-Industrie hat mit der Regierung freiwillige Maßnahmen vereinbart, damit die Farmer frei zwischen dem Anbau von konventionellem und GVO-Canola wählen können. Dazu gehören u.a. Lehrgänge für die Anbauer von gv-Raps zur Vermeidung einer unkontrollierten Verbreitung von gv-Raps und Mindestabstände zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Raps und konventionellem Raps.

Dr. Christoph Preston ist Experte für Unkrautkontrolle an der School of Agriculture, Universität Adelaide. Er beteiligte sich intensiv an der öffentlichen Debatte um die Einführung von gentechnisch veränderten Rapssorten in Australien. Nach seiner Meinung wird der Markt entscheiden, ob Australien auch in Zukunft noch Produzent von konventionellem Raps sein wird. Eine Koexistenz sei aber prinzipiell machbar.

Raps (Canola) in Australien: Herbizidtolerante Sorten dominieren den Anbau. 2008 ist gentechnisch veränderter Roundup Ready-Raps hinzugekommen. Die Saatgutindustrie hat Anbau-Leitlinien entwickelt, um eine Koexistenz mit konventionellem Raps zu ermöglichen. In Australien darf herkömmlicher Raps bis zu 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Bestandteile aufweisen. Für konventionelles Saatgut wurde ein Grenzwert von maximal 0,5 Prozent GVO-Anteil festgelegt.
Foto: Australian Government Department of Agriculture, Fisheries and Forestry

bioSicherheit: Herr Preston, warum wird gv-Raps in Australien angebaut?

Christopher Preston: In zwei Bundesstaaten, New South Wales und Victoria, wird seit 2008 gentechnisch veränderter Raps mit einer Herbizidtoleranz angebaut. Herbizidtolerante Rapssorten sind prinzipiell nichts Neues in Australien. Da wir in Australien im Rapsanbau große Probleme mit Unkräutern haben, hat sich dieser in Australien erst nach der Einführung von herbizidtoleranten Rapssorten deutlich ausweiten können. Dadurch wird die Kontrolle von Unkräutern sehr viel effektiver. Heute ist Raps zur drittbedeutendsten Kultur nach Weizen und Gerste in Australien aufgestiegen. Seit 1993 werden Triazin-tolerante Rapssorten angebaut, seit 2000 Imidazolinon-tolerante Rapskulturen. Beides sind konventionelle Sorten. Nun haben wir noch gentechnisch veränderte Rapssorten hinzubekommen, die gegenüber dem Herbizid Glyphosat tolerant sind. Ein weiterer gv-Raps, tolerant gegenüber dem Herbizid Glufosinat , wurde auch zugelassen, ist aber noch nicht im Anbau. Mit den neuen gv-Sorten können wir nun zusätzliche Herbizidwirkstoffe im Rapsanbau nutzen. Durch abwechselnden Anbau der verschiedenen herbizidtoleranten Rapskulturen verlangsamen wir auch die Entstehung von herbizidresistenten Unkräutern.

bioSicherheit: Welche Erfahrungen liegen mit der Koexistenz von gv- und konventionellem Raps bereits vor?

Christopher Preston: Die Einführung von gv-Raps und entsprechende Koexistenzmaßnahmen waren eine Herausforderung in Australien. Wir hatten im letzten Jahr zunächst einen beschränkten Anbau von Glyphosat toleranten Raps in New South Wales und Victoria. Der Anbau und die Verarbeitung der Ernte von gv-Raps unterlagen einem Identitätswahrungssystem. Die Landwirte, die diesen gv-Raps anbauten, lieferten ihre Ernten nur zu Anlieferstellen, die ausschließlich diesen Raps akzeptierten. Die konventionellen Landwirte lieferten ihre Ernten an anderen Orte. Dieses Jahr hatten wir dann ein gemischteres System. Zahlreiche Annahmestellen akzeptierten sowohl gentechnisch veränderten als auch konventionellen Raps. Die Landwirte können wählen, an wen sie ihre Ernte verkaufen.

bioSicherheit: Wie wird in Australien sichergestellt, dass Landwirte auch weiterhin konventionell Raps anbauen können? Pollen von Feldern mit gentechnisch verändertem Raps können doch unkontrolliert auf benachbarte Felder mit konventionellem Raps gelangen.

Christopher Preston: Koexistenz ist in erster Linie eine Antwort auf die Erfordernisse des Marktes. Die Anbauer müssen sich mit dem Kauf des gentechnisch veränderten Saatgutes verpflichten, eine Reihe von Auflagen einzuhalten. Dazu gehören Lehrgänge für die Landwirte und die Einhaltung von Mindestabständen von fünf Metern zwischen Feldern mit gv-Raps und konventionellen Rapsfeldern. Bei der Saatgutproduktion muss ein Mindestabstand von 400 Metern zu gv-Rapsfeldern eingehalten werden. Die Nachbarlandwirte müssen über den Anbau informiert werden, die Maschinen nach dem Einsatz auf Feldern mit gv-Raps ordnungsgemäß gereinigt und der Durchwuchsraps bekämpfen werden. Durchwuchsraps nennt man den Raps, der nach der Ernte aus verbliebenen Rapssamen in der nächsten Anbausaison wieder auf dem Feld aufkeimt.

bioSicherheit: Gibt es überhaupt staatliche Regeln bezüglich Koexistenz in Australien?

Christopher Preston: Die einzige Regel, die wir in Bezug auf Koexsistenz haben, sind Grenzwerte für zufällige Einmischungen von GVO-Bestandteilen. Diese betragen 0,5 Prozent für Saatgut und 0,9 Prozent für Erntegut. Mehr darf konventioneller Raps nicht an gentechnisch veränderten Bestandteilen enthalten. Damit stellen wir sicher, dass konventioneller Raps den Marktanforderungen von Importmärkten wie der EU entspricht. Dafür müssen also die Landwirte sorgen. Wir denken, dass das etablierte Anbaumanagement ausreicht, um den Grenzwert einzuhalten.

Falls der Grenzwert in einer konventionellen Rapsernte überschritten wird, können die Landwirte ihre Ernte als gv-Raps verkaufen. Dadurch entsteht den Landwirten in der Regel kein wirtschaftlicher Schaden. In Australien sind höhere Preise für konventionellen Raps die Ausnahme. Der Preisvorteil von konventionellem Raps liegt im Moment zwischen Null und höchstens 15 Dollar die Tonne. Hinzu kommt, dass es in Australien praktisch keinen biologischen Anbau von Raps gibt. Ein paar Landwirte haben zwar Bioraps von Zeit zu Zeit auf kleinen Flächen angebaut, aber das ist sehr ungewöhnlich. Wenn sich diese Dinge in Zukunft ändern sollten, müsste natürlich unser Umgang mit Koexistenz überdacht werden.

bioSicherheit: Gibt es ein spezielles Haftungsrecht in Australien, wenn konventioneller Raps mit gv-Raps vermischt wird und dadurch doch einmal wirtschaftliche Schäden entstehen sollten?

Christopher Preston: Wie gesagt, Koexistenz ist bei uns eine Antwort auf die Bedürfnisse des Marktes. Wir haben bei uns eine Tradition von möglichst geringer gesetzlicher Marktregulation. Unsere gesetzlichen Vorschriften für gentechnisch veränderte Pflanzen dienen dem Umwelt- und Gesundheitsschutz. Koexistenz ist bei uns ein Markinstrument und die weitere Entwicklung der Koexistenz wird von den Bedürfnissen des Marktes bestimmt. Das ist ein großer Unterschied zur EU, wo Koexistenz staatlich kontrolliert wird und Regierungen entscheiden, wie sich der Markt entwickeln soll.

bioSicherheit: Sie sagten, dass die jetzt etablierten Koexistenzmaßnahmen in der Landwirtschaft ausreichen, um den GVO-Grenzwert für die konventionelle Raps-Produktion in den allermeisten Fällen einzuhalten. Wurden in Australien auch wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, die dies zeigen können?

Christopher Preston: Ja, hier liegen uns entsprechende Ergebnisse vor. In Australien sind die Raps-Felder durchschnittlich sehr viel größer als z.B. in Europa. Bei uns gibt es viele Felder von hundert Hektar und mehr. Dies reduziert deutlich die Vermischung von gv-Raps und konventionellem Raps. Denn je größer die Felder, desto mehr wird der von außen ankommende Pollen durch den Pollen innerhalb eines konventionellen Feldes „verdünnt“.

Unsere Studien haben deutlich gemacht, dass der Anteil von gentechnisch verändertem Material in einem konventionellen Feld aufgrund von Pollenflug nicht höher als 0,5 Prozent sein wird. Auch dann nicht, wenn auf 80 Prozent der umliegenden Felder gv-Raps wächst

Auch ein möglicher GVO-Eintrag durch Pollen sammelnde Honigbienen wurde untersucht. Bei einer solchen Studie kam raus, dass nur bei kleinen Rapsfeldern - unter fünf Hektar - der GVO-Eintrag bis zu 0,5 Prozent betragen kann. Im Normalfall viel weniger. Weitere Untersuchungen haben auch die mögliche Rolle von gv-Durchwuchsraps und Landmaschinen bei der ungewollten Verbreitung von gv-Raps bewertet. Auch hier gilt: die überdurchschnittlich großen Felder in Australien machen bei konventionellem Raps einen GVO-Gehalt über dem Grenzwert sehr unwahrscheinlich.

bioSicherheit: Herr Preston, wir danken Ihnen für das Gespräch.