EU-Politik

Kein Ende des Moratoriums in Sicht

Die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln bleibt in der Europäischen Union umstritten. Die EU-Landwirtschaftsminister haben sich während ihrer Sitzung am 14. Oktober in Luxemburg nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt zu der von der Kommission vorgeschlagenen Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel [KOM/2001/425] einigen können. Damit fehlt weiterhin eine der wesentlichen Voraussetzungen, um den in der EU seit 1998 wirksamen Zulassungsstopp für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) aufzuheben.

Im Kern dreht sich der Streit um vier Aspekte:

  • Die Zuständigkeit für das Zulassungsverfahren. Die Kommission und auch die Mehrheit der Mitgliedstaaten wünschen ein einheitliches Prozedere im Zuständigkeitsbereich der neuen Europäischen Lebensmittelbehörde (ELB).
  • Die Kennzeichnung von GVO, die in der EU nicht zugelassen sind , für die aber eine positive Sicherheitsbewertung durch den wissenschaftlichen Ausschuss der Gemeinschaft vorliegt. Hier kreist die Auseinandersetzung um die Frage, ob solche GVO bis zu einem bestimmten Anteil toleriert werden sollen oder deren Anwesenheit auch in geringsten Spuren ein Verkehrsverbot für das betroffene Produkt zur Folge hat.
  • Der Schwellenwert , bis zu dem unbeabsichtigte Beimischungen zugelassener GVO nicht unter die Kennzeichnungspflicht fallen. Die EU-Kommission schlägt einen Grenzwert von 1 Prozent vor, das EU-Parlament fordert 0,5 Prozent und die Mitgliedstaaten sind uneins. Die Bundesregierung hat sich bislang nicht auf einen Wert festgelegt. Verbraucherministerin Renate Künast plädiert für einen „möglichst niedrigen Schwellenwert“.
  • Die Etikettierung von Lebensmitteln wie Fleisch und Milch , die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Während die Kommission für solche Produkte keine Kennzeichnungspflicht vorsieht, wollen beispielsweise Dänemark und Italien auch solche Erzeugnisse kenntlich machen.

Keine Einigung in Sicht

Der Streit wird sich voraussichtlich noch weit bis ins nächste Jahr hineinziehen. Auch von den EU-Umweltministern, die am Donnerstag über neue Vorschriften für die Rückverfolgbarkeit von GVO [KOM/2001/182] beraten, wird keine politische Einigung erwartet.

Frühestens im November, so schätzen Beobachter in Brüssel, werden sich die Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Haltung zu den beiden Verordnungsvorschlägen der EU-Kommission einigen können. Aber auch dann steht die Europäische Union noch immer am Beginn eines langwierigen Mitentscheidungsverfahrens unter Beteiligung des Europäischen Parlaments. Viel Zeit für die Lobbyisten, für ihre Interessen zu werben.

So überreichten Vertreter der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, von Greenpeace und anderen Organisationen den für Landwirtschaft und Verbraucherschutz zuständigen EU-Kommissaren Franz Fischler und David Byrne zum Auftakt der Sitzung in Luxemburg eine Petition zur Reinhaltung des Saatgutes. Unter dem Motto Save our Seeds fordern rund 300 Organisationen aus Landwirtschaft, Handel, Umwelt- und Verbraucherschutz, konventionelles und biologisches Saatgut absolut frei zu halten von gentechnisch veränderten Beimischungen.

Die EU-Kommission plant hingegen, nach Pflanzenart gestaffelte Schwellenwerte von 0,3 bis 0,7 Prozent festzulegen. Das entsprechende Arbeitspapier der Kommission [SANCO/1542/07] stand allerdings nicht auf der Tagesordnung der EU-Agrarminister.