EU-Agrarminister

Bericht zur Praxis der Koexistenz gefordert

Die Europäische Kommission soll möglichst schnell einen Bericht über die Schwierigkeiten vorlegen, die aus der Koexistenz einer Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik resultieren könnten. Das hat eine große Mehrheit der EU-Landwirtschaftsminister während der Ministerratsitzung Anfang dieser Woche in Brüssel gefordert.

EU-Agrarkommissar Franz Fischler soll den Koexistenz-Bericht bis zum nächsten Ministertreffen im Februar ausarbeiten. Der Report soll die Grundlage bilden für die Beratung über konkrete Maßnahmen zum Schutz des konventionellen und ökologischen Landbaus vor eventuellen Beeinträchtigungen durch den Anbau gentechnisch veränderter Nutzpflanzen.

Agrarkommissar Fischler ließ sich nicht auf einen Termin festlegen. Er kündigte für April einen „Runden Tisch“ über die Koexistenz von gentechnisch verändertem und herkömmlichem Saatgut an. Fischler lud die Mitgliedstaaten ein, sich an dem „Runden Tisch“ zu beteiligen. Das Ergebnis dieser Tagung könne für eine nachhaltige Lösung der Koexistenzfrage nützlich sein, erklärte Fischler. Er unterstrich, in der Europäischen Union werde kein Bewirtschaftungsverfahren ausgeschlossen. Notwendig sei eine verlässliche Rechtsgrundlage auf Basis wissenschaftlicher Bewertungen, wie sie vom Wissenschaftlichen Ausschuss Pflanzen und dem Joint Research Centre (JRC) vorgelegt worden seien.

Erst Koexistenzregeln, dann Sortenzulassungen

Die Aufforderung an die Kommission ging vom italienischen Landwirtschaftsminister Giovanni Alemanno aus. Ihr schlossen sich unter anderem Deutschland, Frankreich und Österreich an. Einige Mitgliedstaaten verlangten darüber hinaus, keine transgenen Sorten in den Gemeinsamen Sortenkatalog aufzunehmen, bevor geeignete Schutzmaßnahmen zur Regelung der Koexistenz getroffen sind. Sie befürchten, dass ansonsten die am 28. November beziehungsweise 9. Dezember 2002 erzielte Einigung über die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln unterlaufen wird, bevor sie in geltendes Recht umgesetzt ist.

Die Aufnahme einer Pflanzensorte in den Gemeinsamen Sortenkatalog ist Voraussetzung für eine EU-weite Vermarktung. Bisher wurden in der EU zwei gentechnisch veränderte Gemüsesorten (Chicorée, Radicchio) in den Gemeinsamen Sortenkatalog aufgenommen, zwischenzeitlich aber wieder daraus gestrichen. Damit gibt es derzeit keine gentechnisch veränderte Sorte, die in der gesamten EU vertrieben werden kann. Achtzehn Anträge liegen der Kommission vor, wurden aber noch nicht abschließend beraten.

Nationale Sortenzulassungen sind auf die jeweiligen Länder beschränkt. Zwar ist Saatgut von gentechnisch veränderten Maissorten in Spanien, Frankreich und den Niederlanden zugelassen, dürfen jedoch nur dort in den Verkehr gebracht werden.

Wann endet das Moratorium?

Dänemark drängte im Ministerrat mit Unterstützung von Frankreich, Italien, Österreich, Portugal und Luxemburg darauf, auch den EU-Zulassungsstopp für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) beizubehalten, bis die neuen Kennzeichnungsvorschriften in Kraft sind. Eine gentechnik-rechtliche Zulassung muss dem Eintrag in den Gemeinsamen Sortenkatalog vorangehen, damit eine gentechnisch veränderte Pflanze auf den Binnenmarkt gelangen kann. Das Moratorium ist seit 1998 in Kraft und wurde von den USA in jüngster Zeit mehrfach als Verstoß gegen die Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) kritisiert.