Pilzresistente Weinreben

Gen-Wein erregt die Gemüter

Es ist ein Versuch: Seit 1999 werden in Franken und in der Pfalz transgene Weinreben im Freiland getestet. Gene aus der Gerste sollen sie widerstandsfähiger gegen Pilzerkrankungen machen. Nun wurde erstmals auch Wein aus diesen Trauben gewonnen und verkostet. In den Handel kommt dieser Wein jedoch nicht.

Junge gentechnisch veränderte Reben im Gewächshaus Die gentechnisch veränderten Reben produzieren Enzyme, die die Zellwände von Pilzen angreifen. Auf diese Weise sollen sich die Pflanzen besser vor Pilzerkrankungen wie etwa dem weit verbreitete

Sicherheitsforschung. Gentechnisch veränderte Rebstöcke im Gewächshaus;

Fütterungsversuche. Die gentechnisch veränderten Weinreben produzieren u.a. Chitinase, das ist ein Enzym, das die Zellwand von Pilzen auflösen kann. Um zu testen in welchem Maße das Enzym auch die Darmhülle von Insekten angreift, werden Larven des

Larven des Traubenwicklers werden mit Chitinase gefüttert. Damit sollen mögliche Schadeinwirkungen gentechnisch veränderter Weinreben auf „Nicht- Zielorganismen“ untersucht werden.

Für viele ist das ein Anschlag auf die deutsche Weinkultur. Öko-Winzer und Naturschutzorganisationen warnen vor Risiken des „Gen-Weins“. Die beteiligten Wissenschaftler sehen das nüchtern: Die Gentechnik eröffnet neue Möglichkeiten, um ein altes Ziel zu erreichen: Rebstöcke mit einer größeren Widerstandsfähigkeit gegen Pilze.

Ob diese Erwartungen - ohne schädliche Umweltauswirkungen und Qualitätseinbußen beim Wein - erfüllt werden können, soll in dem auf zehn Jahre angelegten Versuch überprüft werden.

Ein Problem: Pilze im Weinbau

Hintergrund des Projektes ist ein im Weinbau bislang nur unbefriedigend gelöstes Problem: Pilzerkrankungen, vor allem Grauschimmel sowie Echter und Falscher Mehltau, lassen sich in deutschen Weinbergen nur schwer unter Kontrolle halten. Bei starkem Befall spritzen konventionelle Winzer mehrmals im Jahr chemische Pflanzenschutzmittel. Öko-Winzer behelfen sich oft mit schwermetallhaltigen Präparaten; andere experimentieren mit neuen, weniger umweltbelastenden Konzepten.

Pilzbefall verringert nicht nur den Ertrag der Rebstöcke, sondern führt zu deutlichen Einbußen der Weinqualität.

Echter und Falscher Mehltau wurden erst Mitte des letzten Jahrhunderts zusammen mit der Reblaus aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt. Die hiesigen Rebsorten enthalten in ihrem Genpool keine Abwehrmechanismen gegen diese Pilzkrankheiten. Die Züchtung pilzresistenter Rebsorten auf herkömmlichen Weg ist daher schwierig.

  • Für die in Deutschland so beliebten Sorten Riesling, Merlot und Chardonnay konnten bis heute keine pilzresistenten Varianten hergestellt werden.
  • Inzwischen sind aus Kreuzung mit nordamerikanischen Reben neue, pilzresistente Sorten hervorgegangen wie etwa die Regent-Traube, die kräftige, hochwertige Rotweine liefert. Bisher haben sich diese jedoch auf dem Markt noch nicht durchsetzen können. Im Jahr 2003 wird Regent in Deutschland auf etwa 1000 Hektar angebaut.

Gersten-Gene gegen Pilzkrankheiten

In dem Forschungsprojekt wurden Pflanzen der Sorten Riesling, Dornfelder und Seyval blanc mit drei verschiedenen Genen aus der Gerste ausgestattet, die zu einer verstärkten Pilzabwehr beitragen könnten. Die transgenen Rebstöcke enthalten die EnzymeChitinase und Glucanase, die die Zellwände der Pilze abbauen und damit eine Pilzinfektion aufhalten sollen. Ein weiteres neues Eiweißmolekül soll den Protein-Stoffwechsel der angreifenden Pilze lahm legen. Insgesamt sind es über 600 gentechnisch veränderte Rebstöcke, die in der Nähe von Würzburg und im rheinland-pfälzischen Siebeldingen im Freiland untersucht werden.

Im laufenden Jahr wird nun auch erstmals überprüft, wie gut sich die Pflanzen gegen die Pilze verteidigen können. Bis jetzt war es nur graue Theorie, denn sie wurden wie auch ihre nicht-gentechnisch veränderten Nachbarn mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Ab jetzt wird die Menge der angewendeten Pflanzenschutzmittel nach und nach deutlich verringert. Aber erst in Jahren mit starken Pilzaufkommen wird klar erkennbar werden, wie widerstandsfähig die neuen Rebstöcke wirklich sind.

Gen-Wein verkosten. Bei den Freilandversuchen geht es aber nicht nur um diese neue Eigenschaft. Es soll auch festgestellt werden, wie sich die gentechnische Veränderung auf die Weinqualität auswirkt. Aus der Ernte des ersten Versuchsjahres wurden etwa 50 Flaschen „Gen-Wein“ hergestellt, der nun verkostet wird. In den freien Handel gelangen diese Flaschen nicht.

Schon bei der Auspflanzung 1999 wurde der Versuch wegen möglicher Umweltrisiken kritisiert. Doch die Begleitforschung zur biologischen Sicherheit ist bei diesem Versuchs ein wichtiges Element. So wird überprüft, ob die neuen Erbanlagen in den transgenen Reben stabil sind und sich nicht im Laufe der Jahre verändern. Auch die Auskreuzungsratedurch Pollenflug auf benachbarte Pflanzen wird untersucht. Besonders interessiert es die Wissenschaftler, ob die neuen Eigenschaften der Pflanzen Auswirkungen auf Schadinsekten des Rebe wie dem Traubenwickler oder und Nutzinsekten wie der Raubmilbe haben.

Auf Anordnung der Genehmigungsbehörde, des Robert-Koch-Instituts in Berlin, müssen die gentechnisch veränderten Rebstöcke nach Abschluss des Versuches im Jahr 2009 gerodet werden. Schließlich sind diese Pflanzen nur Teil eines wissenschaftlichen Versuchs. Gen-Wein wird es vorerst nicht geben.