Neue Diskussion um die Sicherheit von Bt-Mais

Tote Milchkühe: Bt-Mais unter Verdacht

Auf einem Hof im hessischen Wölfersheim sterben innerhalb von zwei Jahren zwölf Milchkühe. Sie wurden auch mit gentechnisch verändertem Bt-Mais gefüttert. Für den Landwirt liegt der Verdacht nahe: Es war der Bt-Mais, an dem seine Kühe verendet sind. Auch ein ARD-Fernsehbericht von Report-Mainz sieht gravierende Sicherheitslücken und kritisiert die Untätigkeit der Behörden. Diese halten jedoch andere Erklärungen für wahrscheinlicher: Infektionskrankheiten und Mängel bei der Zusammensetzung des Futters.

Tote Kühe durch Bt-Mais? Greenpeace- Aktivisten protestieren vor dem Robert-Koch-Institut in Berlin. Sie werfen der Behörde Untätigkeit vor. Foto: Foto: Paul Langrock, Greenpeace

Zwischen 1997 und Februar 2002 fütterte Landwirt Gottfried Glöckner im hessischen Wölfersheim seine Milchkühe mit wachsenden Anteilen von gentechnisch verändertem Bt-Mais, den er im Rahmen von genehmigten Anbauversuchen auf seinem Hof testete. 2001 starben fünf Milchkühe, bis zum Oktober des folgenden Jahres weitere sieben. Glöckner hatte den Verdacht, der Bt-Mais könne die Ursache für den Tod seiner Kühe sein - vor allem das Bt-Toxin, welches der Mais als Wirkstoff gegen den Maiszünsler bildet und damit diesen Schädling abtötet.

Drei Monate nachdem das letzte der fünf Tiere gestorben war, informierte Glöckner das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin, das als zuständige Behörde an der EU-weiten Genehmigung des von dem Agrobiotech-Unternehmen Syngenta entwickelten Bt176-Mais beteiligt war. Das RKI leitete eine Untersuchung ein und befragte verschiedene Experten an staatlichen und privaten Forschungseinrichtungen.

Schlechtes Futter, kranke Tiere

Im April 2002 wurden auf dem Hof Proben der Bt-Maissilage und des Bt-Körnermais aus den Jahren 2000 und 2001 untersucht, aber auch andere in dem Betrieb verwendete Futtermittel wie Grassilage und ein Milchleistungsfutter. Dieses hatte Glöckner an seine Kühe verfüttert, kurz bevor die ersten gesundheitlichen Probleme auftraten.

In ihrem Bericht bemängelten die Sachverständigen eine unzureichende Futtermittelqualität und Fehler bei der Zusammensetzung der Futterrationen, die nach ihrer Meinung zu erheblichen gesundheitlichen Störungen bei den Milchkühen führen können. Im einzelnen werden aufgeführt:

  • erhöhte Werte bestimmter Pilzgifte (Mykotoxine) im Milchleistungsfutter und in der Maissilage,
  • geringe Futtermittelqualität der verwendeten Grassilage,
  • weitreichende Futtermittelumstellungen in zu kurzen Zeiträumen sowie mangelnde Mineralstoffversorgung bei hochtragenden und frisch abgekalbten Kühen,
  • deutliche Überfütterung (ca. 25 Prozent Energieüberschuss und bis zu 42 Prozent Proteinüberschuss) und daraus resultierendes Übergewicht, das gerade bei der Milchkuhfütterung u.a. zu Stoffwechselstörungen und Geburtsschwierigkeiten führen kann.

Zwei der verstorbenen Kühe wurden auf den Erreger der Botulismus-Krankheit, Clostridium botulinum, untersucht - in beiden wurde er im Darm gefunden. Diese Krankheit kann in ganzen Herden grassieren und innerhalb von Wochen und Monaten zum Tod führen. Auch bei drei von fünf noch lebenden Tieren konnte eine Infektion nachgewiesen werden.

Die Auswertung aller Befunde lieferte keine Hinweise für den Bt-Mais als Ursache der Todesfälle. „Auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Datenlage und Informationen ist es deshalb in höchstem Maße unwahrscheinlich, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Verfütterung von Futtermitteln (Silage, Körnermais), die das Bt-Toxin aus Bt-176-Mais enthalten, und den Todesfällen auf dem Betrieb Glöckner besteht. Ein Langzeiteffekt, der auch einige Monate nach Absetzen der Futtermittel zu Tierverlusten führt, ist mindestens ebenso unwahrscheinlich“, so das Robert-Koch-Institut.

Weltweit: Tiere fressen Bt-Mais

Obwohl Bt-Mais weltweit jährlich auf knapp zehn Millionen Hektar angebaut wird, sind ähnliche Probleme bisher nicht bekannt geworden. Auch in Spanien wird der dort verwendete Bt-176 Mais seit 1998 auf mindestens 22.000 Hektar geerntet und als Tierfutter verwertet. Ana Fresno vom dortigen Umweltministerium bestätigte, dass es bei Tieren, die Bt-Mais erhalten haben, keine auffälligen Erkrankungen oder Todesfälle gegeben habe.

Ebenso lieferten Langzeit-Fütterungsstudien, die 1999 an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) durchgeführt wurden, keine Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen. Mastrinder, die Bt-Mais erhielten, zeigten auch nach 246 Tagen keine Auffälligkeiten gegenüber konventionell gefütterten Tieren. Auch bei Mast- und Schlachtleistungsergebnissen gab es keine Unterschiede. Bei Fütterungsversuchen mit Kleinsäugern, die im Rahmen der Zulassung des Bt-Mais durchgeführt werden müssen, konnten in keinem Fall negative Wirkungen auf die Tiere beobachtet werden.

Bt-Toxin im Körper: Kein Risiko-Beweis

Tiere, die Bt-Mais als Futter erhalten, nehmen auch das Bt-Toxin auf. Dieses Protein vermittelt dem Mais eine Widerstandsfähigkeit gegenüber bestimmten Schädlingen. Zwar wird das Bt-Toxin durch Speichel und Verdauungsenzyme im Körper rasch abgebaut. Dennoch ist das Protein während des gesamten Verdauungsprozesses nachweisbar.

Voraussetzung für die Zulassung von gentechnisch veränderten Bt-Pflanzen ist der Nachweis, dass Bt-Toxin für Tiere - und bei Lebensmitteln auch für Menschen - gesundheitlich unbedenklich ist. Dazu werden Fütterungsversuche durchgeführt: Ratten, Mäuse oder Mehrschweinchen erhalten eine genau dosierte Bt-Diät. Anschließend wird beobachtet, bei welcher Dosis Wirkungen auftreten. Solche toxikologischen Tests sind etwa auch bei der Zulassung von Zusatzstoffen oder Pflanzenschutzmitteln üblich.

Wenn Kühe Bt-Mais fressen, ist in deren Verdauungstrakt ein Teil des aufgenommenen Bt-Toxins vorhanden. Das berücksichtigt auch die Sicherheitsbewertung: Es muss nachgewiesen werden, dass mit der Nahrung zugeführtes Bt-Toxin gesundheitlich unbedenklich ist. Die Sicherheitsbewertung wird unter der Annahme durchgeführt, dass Bt-Toxin im Körper nicht sofort und vollständig abgebaut wird. (Stand: Dezember 2003)

Nachtrag (Februar 2007): Aufgrund der anhaltenden öffentlichen Diskussion um die „Glöckner-Kühe“ hat die Redaktion bioSicherheit beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nachgefragt, ob inzwischen neue Erkenntnisse über mögliche Todesursachen der Kühe vorliegen.

Gegenüber dem obigen, im Dezember 2003 erstellten Text ergeben sich einige Abweichungen und Präzisierungen:

  • Bei einer der verstorbenen Kühe wurden Botulismus-Erreger im Darm gefunden, bei der anderen fanden sich Hinweise auf eine Botulinum-Infektion, ebenso bei drei von fünf der damals noch lebenden Kühe.

  • Die Mykotoxin-Werte in den untersuchten Futterproben lagen unterhalb der empfohlenen Richtwerte.

  • Alle übrigen Befunde wurden erneut bestätigt.

Das BVL ist die Nachfolger-Behörde des damals zuständigen Robert-Koch-Instituts.