Erprobungsanbau mit Bt-Mais hat begonnen

Koexistenz im Praxistest

(05.05.2004) Die Aussaat ist abgeschlossen: An dreißig Standorten in sieben Bundesländern wurde gentechnisch veränderter Bt-Mais ausgebracht. Der auf 300 Hektar angelegte "Erprobungsanbau" wird durch ein wissenschaftliches Begleitprogramm ausgewertet. Dabei geht es vor allem um den Polleneintrag in angrenzenden konventionellen Maisfeldern. Auf Basis der gefundenen Daten sollen Regeln für eine Koexistenz von Maisanbau mit und ohne Gentechnik entwickelt werden.

Maisfahne mit Maispollen

Pollenflug unter Beobachtung. Mais: Männlicher

weibliche Blüten mit klebrigen Narbenfäden, die den Pollen auffangen

… und weiblicher Blütenstand.

Bt-Mais. Bei dem Erprobungsanbau wird gv-Bt Mais (MON810) verwendet, der einen Abwehrstoff gegen den Maiszünsler bildet. Der MON 810-Mais ist seit 1998 in der EU für den Anbau uneingeschränkt zugelassen.

Sortenzulassung. Bisher ist die Zulassung mehrerer Maissorten, die aus MON810 hervorgegangen sind, nicht vollständig abgeschlossen. Jedoch hat das Bundessortenamt für 2004 eine beschränkte Vermarktung von 5 t Saatgut je Sorte erlaubt.

Verwertung. Der im Rahmen des Erprobungsanbaus geerntete Mais wird wie üblich als Tierfutter verwertet. Besteht das Tierfutter aus gv-Mais, muss es gekennzeichnet werden. Weitere gesetzliche Auflagen für die Maisernte gibt es nicht.

Eigentlich ist der Anbau von gv-Mais in Deutschland nichts Neues. Seit sieben Jahren wird Bt- und teilweise auch herbizidtoleranter Mais auf jährlich etwa 500 Hektar angebaut. Für eine bestimmte Menge Saatgut hatte das Bundessortenamt beschränkte Vertriebsgenehmigungen erteilt. Auch einige Projekte der Sicherheitsforschung hatten ihre Untersuchungen auf solchen Bt-Maisfeldern durchgeführt.

Dennoch wird der jetzt gestartete Erprobungsanbau von vielen als der Einstieg in eine „Gentechnik-Landwirtschaft“ in Deutschland angesehen und kritisch beobachtet.

Der Erprobungsanbau verfolgt mehrere Ziele:

  • Die Messergebnisse aus der Begleitforschung liefern die Grundlage zur Ausarbeitung von Anbauempfehlungen, um Polleneinträge auf Nachbarfeldern zu minimieren.
  • Die Erfahrungen sollen in die geplante Verordnung zur „guten fachlichen Praxis“ einfließen.
  • Natürlich soll auch überprüft werden, ob das Bt-Konzept im landwirtschaftlichen Alltag wirksam ist und einen Schutz gegen Maiszünsler-Schäden bietet.
  • Fragen der Produkt- und Umweltsicherheit werden nicht untersucht. Damit beschäftigen sich andere Programme.

Im Kern geht es darum, die angestrebte Koexistenz zwischen landwirtschaftlichen Systemen mit und ohne Gentechnik durch praxisnah ermittelte Daten abzusichern.

30 Betriebe, 300 Hektar, sieben Bundesländer

Die Versuchsflächen liegen in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern, Sachsen, Brandenburg, Baden-Württemberg und Thüringen. Beteiligt sind insgesamt 30 Betriebe. Die Feldgrößen variieren zwischen 5 und 20 Hektar; sie betragen insgesamt 300 ha, etwa 0,02 Prozent der Maisanbauflächen in Deutschland. In Bayern und Sachsen-Anhalt beteiligen sich auch landeseigene Betriebe. Genaue Angaben über die Lage der jeweiligen Flächen werden öffentlich bisher nicht genannt.

Das Projekt wird von der Landesregierung Sachsen-Anhalt und den Landwirtschaftsministerien in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern aktiv unterstützt. Die Saatzuchtunternehmen KWS SAAT AG, Monsanto Agrar Deutschland und Pioneer Hi-Bred Northern Europe stellen Saatgut und finanzielle Mittel für die wissenschaftliche Begleitung bereit. Weitere Unterstützer sind der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) und die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie (DIB).

Das wissenschaftliche Programm koordiniert das Institut für Pflanzenzüchtung und Pflanzenschutz an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg. Zudem beteiligen sich die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising (Bayern), der Verein zur Förderung Innovativer und Nachhaltiger Agrarbiotechnologie (FINAB) e.V. Rostock und die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) in Bernburg (Sachsen-Anhalt). Die Begleitforschung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Begleitforschung: Wie weit der Pollen fliegt ….

In Deutschland stammen die meisten Informationen über die Pollenverbreitung bei Mais aus einzelnen kleinflächigen Freisetzungsversuchen. Im Rahmen des Erprobungsanbaus werden nun systematisch Daten erhoben und mit möglichen Einflussfaktoren wie Klima, Region, Feld- und Betriebsgröße in Beziehung gesetzt.

Versuchsschema: Mögliche GVO-Einträge werden in unterschiedlicher Entfernung von der zentralen Parzelle mit Bt-Mais bestimmt. Aus den Ergebnissen sollen Mindestabstände zwischen gv- und konventionellen Maisfeldern abgeleitet werden.

Auf den Versuchsfeldern werden Nachbarschaftsbeziehungen zweier Felder simuliert: Um eine zentrale Parzelle mit Bt-Mais (MON810) von jeweils 5-20 Hektar liegt ein mindestens 60 Meter breiter Gürtel aus konventionellem Mais, in dem in unterschiedlichen Entfernungen Einträge von gv-Mais-Pollen gemessen werden. Neben den jeweiligen klimatischen und betrieblichen Bedingungen entscheidet auch der Blühzeitpunkt der verwendeten Maissorten über mögliche Auskreuzungsraten. Der Eintrag von gv-Mais ist dann maximal, wenn die Blühzeitpunkte von gv- und konventionellem Mais identisch sind. Daher wird als konventionelle Maissorte die Ausgangslinie, aus der der gentechnisch veränderte Mais hervorgegangen ist (isogene Linie), verwendet. Diese haben identische Blühzeitpunkte. Um GVO-Einträge zu minimieren, kann man auch Maissorten mit unterschiedlichen Blühzeitpunkten verwenden. Daher werden bei einigen Versuchen zusätzlich auch früh- und spätblühende konventionelle Maissorten integriert und der GVO-Eintrag in diese Sorten bestimmt.

Haftung und Risiko

Nach einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung hat das Land Sachsen-Anhalt 240.000 € in einen Ausgleichsfond eingezahlt, an dem sich auch die Saatgutunternehmen beteiligen. Sollte es zu wirtschaftlichen Schäden durch GVO-Einträge bei Nachbarn kommen oder Versuchsflächen durch Gentechnik-Gegner zerstört werden, könnten die betroffenen Landwirte eine Entschädigung aus diesem Fond erhalten.

Allerdings steht dieser nur Landwirten in Sachsen-Anhalt zur Verfügung. An den anderen Standorten handeln Landwirte in freier unternehmerischer Entscheidung und auf eigenes Risiko.