Vermittlungsausschuss

Doch noch Änderungen am Gentechnik-Gesetz?

(23.09.) Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag hat die Beratungen zum Gentechnik-Gesetz vertagt. Damit ist der Zeitplan für dessen Verabschiedung nicht mehr haltbar: Bundesrat und Bundestag können nicht wie geplant am Freitag über das Gesetz abstimmen. Möglicherweise kommt es nun doch noch zu Änderungen am Gesetzentwurf der rot-grünen Bundesregierung.

„Ich erwarte, dass Bundesrat und Bundestag noch in dieser Woche den Weg freimachen für das Gentechnikgesetz“, erklärte Verbraucher- schutzministerin Renate Künast vor der Abstimmung im Vermittlungsausschuss. Nun muss sie möglicherweise doch noch Änderungen an ihrem Gesetz hinnehmen.

Der Beschluss des Vermittlungsausschusses, das Gentechnik-Gesetz der Berliner Regierungskoalition unverändert an Bundestag und Bundesrat zur Schlussabstimmung weiterzuleiten, schien nur eine Formsache: Die Vorstellungen von Rot-grün und der Mehrheit im Bundesrat lagen so weit auseinander, dass Verhandlungen über einen Kompromiss von vorne herein als aussichtslos galten.

Nach dem weiteren Zeitplan hätten Bundestag und Bundesrat bereits am Freitag abschließend über das Gesetz abstimmen sollen. Mit der Kanzlermehrheit - eine Stimme über der Mehrheit der Sitze - hätte sich die Regierungskoalition gegen die Mehrheit der Bundesländer durchsetzen können. Vor der Sommerpause hatte Verbraucherministerin Renate Künast den ursprünglichen Entwurf des Gentechnik-Gesetzes so umformuliert, dass der Bundesrat nicht mehr zustimmungspflichtig war. Gleichzeitig hatte sie die Regelungen zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, insbesondere zur Koexistenz und zur Haftung, noch einmal verschärft.

Da der Vermittlungsausschuss nun keinen Beschluss gefasst hat, ist der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens wieder offen. Gegen den Entwurf der Bundesregierung stellten sich die SPD-geführten Länder Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz. Zusammen mit der Mehrheit der CDU-geführten Länder, die schon länger eine grundlegende Bearbeitung fordern, zeichnete sich damit im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung ab. Gegen eine so massive Ablehnung im Bundesrat kann die Berliner Koalition ihre Vorstellungen nicht durchsetzen.

Für BMVEL-Staatssekretär Alexander Müller ist die Vertagung im Vermittlungsausschuss ein „vermeidbarer, letztlich aber hinnehmbarer Zeitverzug.“ Einige Länder hätten eine Reihe detaillierter Fragen vorgetragen. „Wir werden die Vertagung nutzen, um diese Fragen nochmals zu beantworten“, sagte er.

Dennoch: Rot-Grün bleibt kaum etwas anderes übrig, als noch einmal mit den Bundesländern zu verhandeln. Genau das hatte Künast vermeiden wollen.

Wissenschaftsverbände laufen Sturm

In den letzen Tagen war der rot-grüne Entwurf des Gentechnik-Gesetzes heftig kritisiert worden. In einem gemeinsamen Schreiben an den Vermittlungsausschuss hatten sieben deutsche Wissenschaftsorganisationen ihre Unzufriedenheit mit dem Gesetzentwurf geäußert. Die in der Gesetzesnovelle geplanten Anbauanforderungen bedeuteten „de facto das Ende von Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Grünen Gentechnik in Deutschland.“ Grund sind nach Ansicht der Wissenschaftler besonders die Haftungsregelungen, die „jeden Forscher vor ein nicht kalkulierbares Risiko“ stellen würden.

Verbraucherschutzministerin Renate Künast hatte diesem Szenario heftig widersprochen. In einem Interview mit der Wochenzeitung Die ZEIT mahnte sie die Wissenschaftler zu bedenken, „ob ihre eigenen Äußerungen nicht dazu beitragen, den Forschungsstandort Deutschland herunterzureden.“

EU-konform? Künast widerspricht der Kommission

Künast hat ihren Gesetzentwurf auch gegenüber Kritik aus Brüssel verteidigt. Die EU-Kommission hatte Ende Juli bemängelt, dass zahlreiche Passagen des Gesetzes EU-Recht widersprächen. Gerade die Regeln zur Koexistenz und Haftung könnten jedoch „gar nicht gegen EU-Recht verstoßen“, so Künast, „weil sich die EU-Kommission entgegen unserem Drängen entschieden hat, hierfür keine EU-einheitliche Regelung zu erlassen.“ In einem Brief an die Kommission habe das Ministerium zu allen Fragen detailliert Auskunft gegeben und belegt, dass die Regelungen EU-konform seien. Die Haftungsregelungen seien durch das geltende Nachbarschaftsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch gedeckt. Auch für die kritisierte verschuldensunabhängige, gesamtschuldnerische Haftung gebe es bereits vergleichbare Regelungen im Zivilrecht.

Ob das jedoch die EU-Kommission überzeugen kann, erscheint mehr als fraglich, zumal sich die Anmerkungen der Kommission auf eine frühere Fassung des Gentechnik-Gesetzes bezogen. Danach sind gerade die von der Kommission kritisierten Punkte noch einmal verschärft worden. In Kürze dürfte die Kommission einen weiteren „blauen Brief“ nach Berlin schicken.