Gentechnik-Gesetz endgültig angenommen

Rot-grün hat das letzte Wort

(26.11.) Das neue Gentechnik-Gesetz ist angenommen. Mit der notwendigen Kanzlermehrheit hat die rot-grüne Regierungskoalition im Bundestag den Einspruch des Bundesrates zurückgewiesen. Nun muss es noch der Bundespräsident unterzeichnen. Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt kann das Gesetz zum Jahreswechsel in Kraft treten.

Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.“Dieses Gesetz schafft angesichts europäischer Zulassungen rechtzeitig Rechtsklarheit und Planungssicherheit in der Landwirtschaft. Damit ist der Blockadeversuch der Opposition ins Leere gelaufen.“

Klage. Bei der Vorstellung der Ergebnisse des Erprobungsanbaus kündigte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Horst Rehberger an, sein Land wolle gegen das Gentechnik-Gesetz in Karlsruhe klagen.

Maisernte

Zwanzig Meter. Erste Ergebnisse aus dem Erprobungsanbau: Beim Anbau von gv-Mais reicht ein Trennstreifen von zwanzig Metern, um wesentliche GVO-Einträge zu verhindern.

Die erneute Abstimmung im Bundestag war notwendig geworden, da die Mehrheit der Bundesländer im Bundesrat Einspruch gegen das Gesetz erhoben hatte. Ohne Aussprache wies der Bundestag diesen zurück. Dabei stimmten 305 Abgeordnete der Regierungskoalition für das von Verbraucherschutzministerin Künast ausgearbeitete Gesetz - vier mehr als die erforderliche Kanzlermehrheit.

Mit der Entscheidung im Bundestag wird eine lange und erbittert geführte Auseinandersetzung vorerst beendet. Vor allem die im Gesetz vorgesehenen Regelungen zur Koexistenz verschiedener landwirtschaftlicher Anbausystem mit und ohne Gentechnik sind nach wie vor umstritten.

Während Renate Künast sich darüber freut, mit dem Gesetz die „gentechnikfreie Landwirtschaft vor der schleichenden Dominanz von GVO“ zu schützen, sehen Bauernverband, Züchter, die großen Wissenschaftsorganisationen, Wirtschaft und die Bundestagsopposition darin ein „Gentechnikverhinderungsgesetz“. Kritisiert werden vor allem die vorgesehenen Regelungen zur Haftung.

Haftung: Schutz oder Verhinderung

Danach haften gv-Pflanzen anbauende Landwirte gesamtschuldnerisch für „wesentliche Beeinträchtigungen“ durch GVO-Einträge in konventionellen Betrieben. Diese Haftpflicht der GVO-nutzenden Landwirte gilt unabhängig von einem schuldhaften Verhalten. Der Deutsche Bauernverband bedauert, dass „mit dem Gesetz die Vorgabe Brüssels, eine Koexistenz zu ermöglichen, regelrecht konterkariert wird.“

Unter den nun vorgegebenen Rahmenbedingungen wird es in Deutschland allenfalls einen punktuellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen geben. Wie aus einer aktuellen Umfrage des Bauernverbandes hervorgeht, ist dieses „unkalkulierbare Haftungsrisiko“ für mehr als sechzig Prozent der Landwirte entscheidend dafür, vorerst keine gv-Pflanzen anzubauen - obwohl eine große Mehrheit der befragten 900 Landwirte einen Anbau von gv-Pflanzen aus Wettbewerbsgründen für notwendig erachtet. Nur ein Drittel der Betriebe sieht keinen Nutzen in der Grünen Gentechnik.

Im Gentechnik-Gesetz sind weitere Verordnungen angekündigt - etwa zur „Guten Fachlichen Praxis“ (GFP) und zum Monitoring. Ob und wann das Verbrauscherschutzministerium konkrete Entwürfe dazu vorlegt, ist offen. Da die Bundesländer diesen zustimmen müssen, erscheint eine Einigung schwierig. Solange es keine gesetzlich vorgeschriebenen GFP-Regeln etwa zu Abstandsflächen und zum Transport von GVO-Produkten gibt, sind die Hersteller von gv-Saatgut verpflichtet, auf einem „Beipackzettel“ die jeweiligen Anforderungen zur guten landwirtschaftlichen Praxis aufzuführen.

Gv-Mais: Einfache Koexistenzregeln

Drei Tage vor der Bundestagsabstimmung wurden erste Ergebnisse des wissenschaftlichen Begleitprogramms zum Erprobungsanbau mit gv-Mais vorgestellt, der in diesem Jahr in sieben Bundesländern durchgeführt wurde. Nachdem sechs der 28 Versuchsfelder ausgewertet sind, zeigt sich, dass der GVO-Anteil in konventionellem Mais mit wachsender Entfernung zum Bt-Maisfeld steil abfällt. GVO-Polleneinträge über dem Schwellenwert von 0,9 Prozent finden sich bis zu einer Entfernung von etwa 10 Metern. Ab zwanzig Metern bleiben die GVO-Werte deutlich unter der Kennzeichnungsschwelle. Die Erfahrungen des Erprobungsanbaus zeigen, dass bereits ein Trennstreifen von zwanzig Metern zwischen einem gv- und einem konventionellen Maisfeld genügt, um entschädigungspflichtige „wesentliche Beeinträchtigungen“ im Nachbarfeld zu vermeiden.

Bis zum Frühjahr werden die beim Erprobungsanbau unter Praxisbedingungen gewonnen Daten zum Anbau von gv-Mais ausgewertet sein. Auch das Verbraucherschutzministerium hat zugesagt, die Erfahrungen beim Erprobungsanbau bei der Ausarbeitung der GFP-Regeln zu berücksichtigen.

Kein Ende der Debatte

Vieles deutet darauf hin, dass das Gentechnik-Gesetz weiter in der Diskussion bleibt. Schon im Herbst hat die EU-Kommission Zweifel angemeldet, ob Teile des Gesetzes mit EU-Vorgaben vereinbar sind. Nun will auch Sachsen-Anhalt vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen das Gesetz klagen. Bereits nach zwei Jahren muss das Ministerium von Renat Künast einen Bericht über die Erfahrungen beim Vollzug des Gesetzes vorlegen. Danach soll über eine erneute Novellierung des Gentechnik-Gesetzes entschieden werden.