Herbizidresistenz und Agro-Biodiversität: Ergebnisse Winterraps

Mehr Gräser, weniger Blütenpflanzen

Der Anbau von herbizidresistentem Winterraps könnte zu einem Rückgang von Blüten tragenden Unkräutern führen. In einer groß angelegten Studie wurden in Großbritannien die möglichen Folgen für die Biodiversität auf Ackerflächen untersucht. Verglichen wurden verschiedene Konzepte zur Bekämpfung von Unkräutern im Winterraps.

Versuchsfeld. Auch in Deutschland wurden Versuche durchgeführt, die sich mit ökologischen Auswirkungen von HR-Raps beschäftigten. (Foto: Versuchsfeld der BBA in Dahnsdorf / Brandenburg)

Weniger Bienen durch weniger Blütenpflanzen? Weibchen der WildbieneLasioglossum sexnotatum an einer Rapsblüte

Es war die größte Studie, die zu den möglichen Auswirkungen gentechnisch veränderter herbizidresistenter Pflanzen auf die Artenvielfalt durchgeführt wurde. Zwischen 1999 und 2002 waren insgesamt 270 Standorte in allen Regionen Großbritanniens einbezogen. Verglichen wurden verschiedene Konzepte zur Unkrautregulierung beim Anbau von Mais, Zuckerrüben, Sommer- und Winterraps:

Die eine Hälfte der Felder wurde mit Sorten bestellt, die über eine gentechnisch vermittelte Herbizidresistenz verfügen. Zur Regulierung der Unkräuter wurde das Komplementärherbizid (Wirkstoff Glufosinat) aufgebracht, gegen das die Winterraps-Pflanzen resistent sind (HR-System).

Auf den übrigen Feldern gingen die Landwirte wie gewohnt mit unterschiedlichen konventionellen Verfahren gegen Unkräuter vor. In der Regel wurden mehrere handelsübliche Herbizide eingesetzt.

Auftraggeber dieser auch als Farm Scale Evaluation (FSE) bezeichneten Untersuchung war die britische Regierung, die an einer breiten Datenbasis zur Bewertung von gv-Pflanzen interessiert war.

Die Ergebnisse für Mais, Zuckerrüben und Sommerraps wurden bereits im Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt. Nun folgte Winterraps, die in Großbritannien mit einer Anbaufläche von 450.000 Hektar wirtschaftlich bedeutendste der in die FSE-Studie einbezogenen Kulturpflanzen.

An insgesamt 65 Standorten wurden in den Jahren 2000 bis 2002 die Auswirkungen der Unkrautbekämpfungskonzepte bei Winterraps untersucht. Anschließend wurden die Versuchsfelder zwei weitere Jahre beobachtet. Die Ergebnisse für Winterraps unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen für Sommerraps. Allerdings hat der Zeitpunkt für Aussaat - bei Winterraps im Herbst - und das Ausbringen der Herbizide Auswirkungen auf das Artenspektrum der Begleitkräuter.

Unkrautarten und -zusammensetzung: Mehr Gräser, weniger Blütenpflanzen

Auffälligstes Ergebnis der FSE-Studie ist eine Verschiebung im Artenspektrum der Unkräuter.

  • Keimfähige Samen im Boden: Bei der HR-Variante waren am Ende der dreijährigen Anbauperiode mehr Unkraut-Samen im Boden zu finden als auf den konventionellen Feldern. Im Verlauf der Nachkontrolle glichen sich die Unterschiede jedoch wieder an.
  • Unkrautbiomasse: Die Anbaukonzepte für Winterraps hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Gesamt-Biomasse der Unkräuter. Auch die Samenproduktion unterschied sich nicht wesentlich. Dazu hatte man „Samenfallen“ aufgestellt und die über einen bestimmten Zeitraum herab gefallenen Samen gezählt.
  • Verhältnis von Gräsern und Blütenpflanzen: Unterschiede zeigten sich jedoch beim Verhältnis von monocotylen (einkeimblättrigen) zu dicotylen (zweikeimblättrigen) Pflanzenarten. Zur ersten Gruppe gehören vor allem verschiedene Gräser (z.B. Rispengras), zur zweiten Blüten bildende Pflanzen (z.B. Knöterich).
  • Anfangs lag auf den HR-Feldern die Zahl aller Pflanzenarten über der auf den konventionell bestellten Parzellen. Danach nahmen auf den HR-Feldern die Blütenpflanzen deutlich ab, die Zahl der Gräser jedoch zu. Auf den HR-Parzellen betrug die Samenproduktion bei den Blütenpflanzen (Dicotyle) nur ein Drittel von der auf den konventionell bewirtschafteten Äckern. Bei den Gräsern (Monocotyle) war es genau umgekehrt: Die Samenproduktion war auf den HR-Feldern fünf Mal höher als auf den Vergleichsflächen. Ausgewertet wurden jeweils die in den Samenfallen vorhandenen Samen.

Wie schon im ersten Teil der FSE-Studie waren auch bei Winterraps die Seitenstreifen neben den Feldern in die Untersuchungen einbezogen. Die Ergebnisse hinsichtlich der Samen zeigten jedoch keine signifikanten Unterschiede.

Wirbellose Tiere: Weniger Schmetterlinge und Bienen

Bei den meisten wirbellosen Tieren gab es keine Auffälligkeiten. Die Zahl der in den Bodenfallen gesammelten Käfer, Kurzflügler und Spinnen war auf den HR-Feldern ähnlich wie in den konventionellen. Unterschiede wurden jedoch bei Schmetterlingen und bienenartigen Tieren beobachtet.

  • Bienen: Im Juli betrug die Anzahl der Bienenarten auf den HR-Parzellen 42 Prozent von der auf den Vergleichsfeldern. Der Hauptgrund ist die geringe Zahl von Hummeln. Eine Erklärung könnte in der geringen Zahl von Blüten tragenden Pflanzen auf HR-Feldern liegen.
  • Schmetterlinge: Das Vorkommen von Kohlweißlingen erreichte auf den HR-Flächen 59 Prozent von dem auf den konventiZnell bewirtschafteten Flächen.
  • In den Seitenstreifen von HR-Parzellen war das Vorkommen von Kohlweißlingen im Mai höher als auf den Streifen neben konventionellen Flächen; im Juli war es dagegen umgekehrt
  • Die Zahl der Springschwänze (Colembolen), die sich von abgestorbenem Pflanzenmaterial ernähren, war auf den HR-Flächen deutlich höher.

Der Anbau von HR-Winterraps und das Aufbringen eines Komplementärherbizids mit einem breiten Wirkungsspektrum hat vor allem Folgen für Blüten tragende (dicotyle) Unkräuter. Ihre Zahl liegt bei HR-Feldern deutlich unter der von Flächen, auf denen konventionelle, für den Rapsanbau geeignete Herbizide ausgebracht werden. Die Ergebnisse der FSE-Studie deuten darauf hin, dass das verringerte Vorkommen der Blütenpflanzen sich nachteilig für Bienen und Schmetterlinge auswirken könnte. Allerdings ist die Bedeutung von dicotylen Unkräutern im Winterraps als alternative Futterquelle für Bienen und Schmetterlinge nicht eindeutig geklärt.

Die Autoren der FSE-Studie halten es jedoch für möglich, dass ein großflächiger Anbau von HR-Winterraps langfristig zu einer Abnahme der dicotylen Unkrautsamenbank im Boden führen könnte. Eine solche Veränderung im Unkrautspektrum könnte die Lebensbedingungen für bestimmte, davon betroffene Tierarten verschlechtern: etwa für Bestäuberorganismen, aber auch für Vögel, die dicotyle Samen fressen.

Die FSE-Studie für Winterraps bestätigt, was sich bereits nach den Ergebnissen der Hauptstudie andeutete: Alle Konzepte zur Unkrautbekämpfung führen zu einer Abnahme der Pflanzendichte auf den Feldern. Je effektiver diese Konzepte sind, um so deutlicher sind die Folgen für Aufkommen und Artenspektrum von Unkräutern.