Konferenz zum Cartagena Protokoll in Montreal

Keine Einigung bei internationalen Kennzeichnungsregeln

Die zweite Konferenz der Vertragsstaaten des Cartagena-Protokolls zur Biologischen Sicherheit in Montreal hat sich nicht auf konkrete Regeln zur Information beim grenzüberschreitenden Handel mit gentechnisch veränderten Agrarprodukten einigen können. Besonders umstritten war die Frage, wie detailliert Exporteure ihre Abnehmer darüber informieren müssen, wenn Massengutlieferungen mit Agrarrohstoffen möglicherweise Bestandteile gentechnisch veränderter Organismen (GVO) enthalten. Dieser Punkt wird bei der nächsten Konferenz im März 2006 in Brasilien erneut auf der Tagesordnung stehen.

Hamdallah Zedan (UN-Sekretariat für die Convention zur Biodiversität) zog trotz des Scheiterns in Einzelpunkten eine positive Bilanz.

Informelle Abstimmung. Afrikanische Delegationen während einer Verhandlungspause.

Protest. Auch in Montreal demonstrieren Umweltschutzgruppen.

Vom 25. Mai bis zum 3. Juni trafen sich Vertreter der 119 Vertragsstaaten des Cartagena-Protokolls zur Biologischen Sicherheit (Biosafety Protocol) in Montreal, um über dessen Umsetzung zu verhandeln. In so genannten Kontaktgruppen konnten außerdem Vertreter von Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie Umwelt-, Wirtschafts- und Handelsverbände an den Debatten teilnehmen.

Das UN-Cartagena-Protokoll regelt den grenzüberschreitenden Handel mit lebenden gentechnisch veränderten Organismen. Darunter fallen Saatgut und unverarbeitete Agrarrohstoffe wie Mais, Raps oder Sojabohnen. Das Übereinkommen wurde im Jahr 2000 verabschiedet und ist im September 2003 in Kraft getreten. Während die EU das Biosicherheits-Abkommen ratifiziert hat, gehören die USA nicht zu den Unterzeichnerstaaten.

Gemäß dem Protokoll müssen alleational gehandelten GVOs und Informationen über deren Sicherheitsbewertung in einer zentralen Registrierungsstelle, dem Biosafety Clearing House (BCH) eingetragen sein. Agrarexporteure müssen außerdem ihre Abnehmer darüber informieren, wenn Lieferungen GVOs enthalten.

Agrarrohstoffe „könnten GVOs enthalten“

Umstritten ist jedoch, wie detailliert die Informationen sein müssen im Fall von Schiffslieferungen mit Rohstoffen, die im Importland direkt zu Lebens- oder Futtermitteln verarbeitet werden, also nicht als Saatgut in die Umwelt freigesetzt werden sollen. Solche Agrarrohstoffe werden in der Regel zu Ladungen von bis zu 100.000 Tonnen zusammengefasst und enthalten daher Mischungen verschiedener Sorten, deren genaue Zusammensetzung meist nicht bekannt ist.

Das Cartagena-Protokoll ermöglicht es den Exporteuren, solche Schiffsladungen mit der Formulierung „könnte gentechnisch veränderte Organismen enthalten“ zu kennzeichnen. Es enthält jedoch zusätzlich eine Aufforderung an die Unterzeichnerstaaten, diese Vorgehensweise bis zwei Jahre nach dem Inkrafttreten, also bis September 2005, zu konkretisieren.

Die Verhandlungsteilnehmer in Montreal diskutierten dazu vor allem folgende Fragen:

  • Muss die Kennzeichnung eine exakte Liste der in einer Schiffslieferung enthaltenen GVOs umfassen oder reicht ein Verweis, dass sie „im Herkunftsland zugelassene GVOs enthalten könnte“?
  • Soll es eine Ausnahme von der Dokumentationspflicht geben für zufällige oder technische unvermeidbare GVO-Anteile (analog den Regeln der EU) und sollen die einzelnen Staaten dafür Schwellenwerte festlegen können?
  • Müssen Exporteure die Informationen in einem Extra-Dokument übermitteln oder können sie dazu auch Rechnungen oder Lieferscheine verwenden?

Veto durch Brasilien und Neuseeland

Trotz langer Verhandlungen scheiterte eine Einigung in diesen Punkten. Eine Gruppe von Entwicklungsländern plädierte mit Unterstützung von Umweltorganisationen für möglichst umfassende Dokumentationspflichten. Ansonsten, so die Befürchtung, könnten ihnen wichtige sicherheitsrelevante Informationen über gelieferte Agrarimporte vorenthalten bleiben. Andere Teilnehmer, angeführt von Brasilien und Neuseeland, wiesen auf den damit verbundenen Aufwand und die Kosten sowohl für Exporteure wie auch für Importeure hin. Das von ihnen favorisierte Kennzeichnungskonzept sei praxisnäher ohne die Sicherheitsstandards beim Agrarhandel einzuschränken.

Auch ein kurzfristig von der Schweizer Delegation eingebrachter Kompromissvorschlag scheiterte an den Bedenken von Brasilien und Neuseeland, so dass die Parteien ihre Verhandlungen auf die nächste Vertragsstaatenkonferenz vertagten. Sie wird im März 2006 im brasilianischen Curitiba stattfinden. Bis dahin werden Agrarhändler die bisherigen Formulierungen des Protokolls anwenden müssen. Für Importe in die EU haben die Verhandlungen keine direkte Bedeutung, da das Biosicherheits-Protokoll die hier geltenden Kennzeichnungs- und Rückverfolgbarkeitsregeln nicht außer Kraft setzt.

Auch positive Ergebnisse in Montreal

„Die Enttäuschung, in einigen wichtigen Punkten keine Einigung erzielt zu haben, sollte die vielen positiven Ergebnisse dieses Treffens nicht überschatten“, erklärte Hamdallah Zedan zum Scheitern der Verhandlungen. Er ist geschäftsführend verantwortlich für die UN-Biodiversitätskonvention und das daraus abgeleitete Biosicherheits-Protokoll. Zedan wies dabei auf die zahlreichen weiteren Verhandlungsthemen der Konferenz in Montreal hin. Unter anderem verabschiedeten die Teilnehmer ein mehrjähriges Arbeitsprogramm für das Biosafety Clearing House sowie Maßnahmen, die Entwicklungsländer beim Aufbau von mehr Kompetenz in Fragen der biologischen Sicherheit und auf dem Weg zu eigenen nationalen Rechtsvorschriften unterstützen sollen.