Verbreitung von gv-Mais in Mexiko

„Gen-Mais“ verschwunden - Fragen bleiben

In Mexiko wächst offenbar kein gentechnisch veränderter Mais mehr. Dies ist das überraschende Ergebnis einer Studie eines sechsköpfigen Forscherteams aus Mexiko und den USA. Einige Jahre zuvor hatten Wissenschaftler Spuren von gv-Mais in mexikanischen Landsorten gefunden und damit eine heftige Diskussion entfacht. Man sorgte sich um die genetische Vielfalt der einheimischen Maispflanzen. Mexiko gilt als die Wiege des Maises. Nirgendwo sonst in der Welt gibt es so viele lokale Varianten dieser Pflanze.

Mais-Vielfalt. Mexiko gilt als Ursprungsland des Kulturmaises. Hier gibt es unzählige Landsorten mit großer genetischer Vielfalt.
Bild: Universität Hohenheim

Mindestens drei unabhängige Untersuchungen kamen in den Jahren 2001 und 2002 zu dem Ergebnis, dass sich gentechnisch veränderter Mais in mexikanischen Maissorten verbreitet hatte. Damals wurde als wahrscheinlich wichtigste Ursache vermutet, dass Kleinbauern Maisimporte aus den USA mit hohen Anteilen an gv-Mais als Saatgut nutzten, obwohl der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Mexiko verboten ist.

Laut der nun veröffentlichten Studie fand sich in Proben von 2003 und 2004 aus den Bergen der Region Oaxaca hingegen kein Hinweis mehr auf gentechnisch veränderte Bestandteile.

Die Wissenschaftler, unter ihnen Alison Snow von der Ohio State University, haben Samen von 870 Pflanzen aus 125 Feldern an 18 verschiedenen Orten untersucht. Insgesamt hat das Team dabei mehr als 150.000 Samen aus den Ernten der Jahre 2003 und 2004 auf gentechnisch veränderte Bestandteile analysiert.

Als Methode verwendeten sie die dafür übliche PCR-Methode (Polymerase-Ketten-Reaktion), mit der die zusätzlichen Gene gentechnisch veränderter Pflanzen nachgewiesen werden können. Dabei suchten sie nach zwei Gensequenzen, von denen zumindest eine in allen heute kommerziell angebauten gv-Maissorten enthalten ist. Die Proben wurden von zwei unabhängigen Untersuchungslaboren parallel analysiert und in keinem Fall gab es ein positives Ergebnis.

Da bei solchen Untersuchungen nur Stichproben analysiert werden, könnten möglicherweise vorhandene transgene Maiskörner nicht erfasst worden sein. Die statistische Auswertung berechnet diese Wahrscheinlichkeit. Sie ergab, dass in der Region Oaxaca der Anteil an gentechnisch veränderten Maispflanzen in den Jahren 2003 und 2004 zwischen null Prozent und maximal 0,4 Prozent lag.

Die Untersuchungen aus den Jahren 2000/2001 in der selben Region legten noch den Schluss nahe, dass bis zu acht Prozent der Maispflanzen gentechnisch veränderte Samenkörner enthielten. Damals hatten zuerst die Forscher David Quist und Ignacio Chapela und später das Nationale Institut für Ökologie, die Nationale Kommission für Biodiversität und die Interministerielle Kommission für die Biologische Sicherheit in Mexiko in unabhängigen Untersuchungen transgene Bestandteile im Mais feststellen können.

Ignacio Chapela zeigte sich daher vom Ergebnis der neuen Studie sehr überrascht. In einem im Internet veröffentlichten Statement gab er bekannt, dass er in Kürze eine detaillierte Entgegnung zur neuen Studie veröffentlichten wird, in der er auch auf methodische und technische Schwächen der Studie hinweisen möchte.

Erklärungsansätze für widersprüchliche Ergebnisse

Die Wissenschaftler der aktuellen Studie wollen die früheren Ergebnisse ihrer Kollegen nicht grundsätzlich in Frage stellen. Sollte also tatsächlich vor einigen Jahren transgenes Erbgut in den heimischen Mais gelangt sein, wären für sie mehrere Mechanismen für das offensichtliche Verschwinden des gentechnisch veränderten Maises denkbar:

  • Die mexikanische Regierung hatte nach dem Bekanntwerden der Untersuchungsergebnisse in den Jahren 2000/2001 die Landwirte intensiv darüber aufgeklärt, dass der Anbau von gentechnisch verändertem Mais nicht erlaubt ist. Dadurch kann die Zufuhr und der Anbau von weiteren gentechnisch veränderter Maispflanzen aus den USA gestoppt worden sein.
  • Durch Rückkreuzung mit heimischen Maisvarianten (so genannte Landrassen) kann die Häufigkeit von gentechnisch veränderten Bestandteilen im Mais stark reduziert werden.Die fremden Gene können durch die „genetische Drift“ zufällig wieder verloren gehen, wenn sie entsprechend selten an einem Ort vertreten sind.
  • Die aus den USA importierten gentechnisch veränderten Maispflanzen könnten weniger Pollen und Samen produzieren als die heimischen Sorten. Natürliche Selektion und eine Auslese der Bauern führt dann zu einer Abnahme transgener Pflanzen in der Region.
  • Der aus den USA importierte Mais ist überwiegend so genannter Hybridmais. Bei diesen Maispflanzen sind die nachfolgenden Pflanzengenerationen erheblich weniger kräftig. Auch sind die nordamerikanischen Maissorten nicht an die Umweltbedingungen in Mexiko (Klima, Schädlinge, Krankheitserreger) angepasst. Die heimischen Maispflanzen sind dadurch überlegen und verdrängen den transgenen Mais.
  • Die Einkreuzung von Femdgenen in mexikanische Landrassen kann ein Nachteil für diese Pflanzen sein. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn die Fremdgene des gentechnisch veränderten Maises in direkter Nachbarschaft von Genen liegen, die unter mexikanischen Anbaubedingungen für die Pflanzen nicht von Vorteil sind. Direkt benachbarte Gene werden in der Regel mit übertragen und können dadurch die Durchsetzungskraft der betroffenen Pflanzen herabsetzen.

Die Wissenschaftler sehen ihre Ergebnisse nicht als Entwarnung, sondern vielmehr als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen. Sie empfehlen weitere Monitoring-Untersuchungen, um die Gefahren einer möglichen Transgen-Ausbreitung für wichtige Nahrungsmittelpflanzen besser abschätzen zu können.