Gentechnisch veränderter Raps: Pollenverbreitung und Auskreuzungzung

„Nur bei Sarepta-Senf konnten wir Bastarde finden.“

Zwar gibt es mehrere verwandte Arten, in die Raps auskreuzen könnte. Doch fruchtbare Nachkommen sind selten. Eine Arbeitsgruppe an der BBA Kleinmachnow um Bernd Hommel hat sich mit dem Auskreuzungsverhalten von herbizidresistentem Raps beschäftigt - nicht im Labor, sondern in einem Feldversuch. - BioSicherheit sprach mit Dr. Bernd Hommel von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) in Kleinmachnow über Auskreuzung, Durchwuchsraps und die mögliche Anreicherung von gentechnisch verändertem Raps auf den Feldern.

Dr. Bernd Hommel, BBA Kleinmachnow (später: JKI): „Rapspollen ist unter natürlichen Gegebenheiten einfach sehr, sehr selten kompatibel mit anderen Kreuzblütlern.“

Der Versuch auf dem Gelände der BBA in Dahnsdorf (Brandenburg) 1998/99: 16 Parzellen, Fruchtfolge Winterraps, Roggen, Mais und Weizen. Die Raps-Parzellen wurden unterteilt: Ein Hälfte mit herbizidresistentem gv-Raps, die andere mit der gleichen konventionellen Rapssorte.

Sareptasenf oder Brauner Senf (Brassica juncea): „Überraschend war die hohe Auskreuzungsrate in Sareptasenf. Die Bastarde entwickelten sich gut, bildeten aber keine vermehrungsfähigen Samen.“ Foto: Universität Halle

Durchwuchsraps in einem Weizenfeld: „Durchwuchsraps tragt nur unwesentlich zum Pollentransfer auf konventionellen Raps oder auf verwandte Arten bei.“ Foto: Defra

bioSicherheit: Raps trifft in Mitteleuropa auf verwandte Arten, in die er auskreuzen kann. Sie haben solche Vorgänge unter Feldbedingungen untersucht. Rund um das Versuchsgelände haben Sie dazu mehrere Habitate mit verschiedenen rapsverwandten Pflanzenarten angelegt. Wie häufig kreuzt Raps auf welche Pflanzen aus?

Bernd Hommel: Um die Auskreuzung bei Raps näher zu untersuchen, hatten wir die in unseren Regionen häufig vorkommenden verwandten Arten Ackersenf und Hederich sowie die weniger häufigen Arten Schwarzsenf und Sareptasenf in unmittelbarer Nähe zu den Rapsparzellen angepflanzt - und zwar so, dass sie gleichzeitig mit dem Raps blühten. Die Befruchtung sollte unter natürlichen Bedingungen erfolgen. Die von diesen Pflanzen geernteten Samen legten wir im Gewächshaus aus, und die jungen Pflanzen wurden mit dem Herbizid behandelt. Überlebende Pflanzen waren dann mit Sicherheit Bastarde des transgenen Rapses.

Ein überraschendes Ergebnis war die hohe Auskreuzungsrate von transgenem Raps in Sareptasenf. Mit 0,26 Prozent lag sie sogar manchmal höher als die Auskreuzungsrate von transgenem in konventionellen Raps, die zwischen 0,15 bis 0,32 Prozent lag. Neben der Herbizidresistenz zeigten die Bastarde aber auch große Ähnlichkeit mit der Blattform des Rapses. Die Bastarde aus Sareptasenf und Raps entwickelten sich gut, bildeten aber keine vermehrungsfähigen Samen.

Bei allen anderen Arten konnten wir keine Bastarde finden. Die geschlechtliche Kompatibilität von Raps mit Sareptasenf war allerdings zu erwarten, weil beide zur Hälfte einen identischen genetischen Ursprung haben, der schon viele hundert Jahre zurück liegt.

Rapspollen ist unter natürlichen Gegebenheiten einfach sehr, sehr selten kompatibel mit anderen Kreuzblütlern. Das zeigten auch andere Studien aus Deutschland und dem Ausland. Bei uns wird seit vielen Jahren jährlich etwa auf einer Million Hektar Raps angebaut, der von April bis Mai blüht. Wäre die Auskreuzung von Raps auf verwandte Arten ein mehr oder weniger häufiges Ereignis, dann müssten Bastardisierungen etwa mit Ackersenf, Hederich, Hirtentäschel, Ackerhellerkraut und Raukearten in den Rapsanbaugebieten weit verbreitet und gut erkennbar sein. Hierfür gibt es aber keine Anzeichen. Dass aber nun gerade die gentechnisch veränderten Rapssorten besser die Artschranken überwinden können als ihre konventionellen Artgenossen, wurde bisher nicht bewiesen.

bioSicherheit: Wenn gentechnisch veränderter Raps angebaut wird, dann verbreitet sich auch dessen Pollen. Und auch zu Auskreuzungen wird es kommen, sei es auf anderen Raps oder Wildarten wie den Sareptasenf. Wie sind solche Vorgänge aus ökologischer Sicht zu beurteilen?

Bernd Hommel: Generell darf eine Auskreuzung von Kulturpflanzen auf verwandte Arten nicht zu Folgeproblemen führen, sonst müsste man ja auf den Anbau von Raps in Mitteleuropa verzichten. Auch in Mexiko wird Kulturmais angebaut, obwohl dort die Wildform Teosinte weit verbreitet ist. Die ökologische Relevanz solcher Auskreuzungen wurde erst da ein Thema, als die Grüne Gentechnik aufkam. Warum? Mit der Gentechnik kommen Merkmale ins Spiel, die zurzeit nicht Bestandteil von vorhandenen Sorten oder von Wildformen sind, da sie genetisch von artfremden Organismen, etwa Bakterien, abstammen.

Hinsichtlich möglicher ökologischer Konsequenzen einer Auskreuzung muss man jedes Merkmal separat betrachten. Eine Auskreuzung der Herbizidresistenz auf verwandte Arten ist aus unserer Sicht nicht kritisch. Da außerhalb von Ackerflächen keine Herbizide im großen Maßstab angewandt werden, ist kein Selektionsvorteil dieser Bastarde zu erwarten. Viel wahrscheinlicher als Auskreuzung ist die Selektion natürlicher herbizidresistenter Biotypen in Folge der Landwirtschaft. Erworbene Herbizidresistenzen sind in der Ackerbegleitflora bereits heute weit verbreitet. Auch diese kann über Auskreuzung weiter getragen werden.

Anders wäre sicher ein insektenresistenter Raps zu bewerten. Hier könnten Bastarde in naturnahen Habitaten an Stärke gewinnen, weil sie mehr Samen bilden können und dann andere Arten verdrängen. Ob die Insektenresistenz klassisch oder gentechnisch gezüchtet wurde, sollte aber bei der Bewertung der ökologischen Relevanz keine besondere Rolle spielen.

bioSicherheit: Derzeit wird heftig diskutiert um Koexistenz und Schwellenwerte. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission soll konventionelles Rapssaatgut bis zu 0,3 Prozent GVO-Anteile enthalten dürfen. Halten Sie vor dem Hintergrund Ihrer Versuche diesen Wert für angemessen und realistisch? Ist zu erwarten, dass sich die GVO-Anteile mit der Zeit anreichern, sowohl in den Rapsprodukten wie in den Ökosystemen?

Bernd Hommel: Das ist eine sehr wichtige Frage. Die Einhaltung der 0,3 Prozent müssen die Rapszüchter gemeinsam mit den Vermehrungsbetrieben regeln.

Während der Ernte geht bis zu zehn Prozent Raps verloren. In den Folgejahren keimen diese Verluste als Unkraut - so genannter Durchwuchsraps - in den Fruchtfolgekulturen wieder aus. Dennoch kann man ausschließen, das auf diesem Wege eine wesentliche Anreicherung von GVO-Raps im Boden stattfindet. Während der ersten beiden Jahre nach der Rapsernte fällt ein sehr großer Teil des Durchwuchsrapses der chemischen und mechanischen Unkrautbekämpfung in den Folgekulturen zum Opfer. Wenn der Landwirt nach drei bis fünf Jahren auf einem Feld erneut Raps anbaut, befindet sich der Ausfallraps der vorangegangenen Rapsernte auf einem sehr niedrigen Niveau im Bodensamenvorrat. Er wäre noch niedriger, wenn der Raps in pfluglosen Systemen angebaut würde - und dahin geht ja der Trend. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass Durchwuchsraps nur in sehr seltenen Fällen auf Äckern zur Blüte kommt.

Damit trägt Durchwuchsraps verglichen mit dem angebauten GVO-Raps nur sehr unwesentlich zum Pollentransfer auf konventionellen Raps oder auf verwandte Arten bei. Wir halten es nicht für möglich, dass es über den Durchwuchsraps dazu kommen könnte, dass bei den geernteten Rapsprodukten der GVO-Anteil über dem Schwellenwert von 0,9 Prozent liegt. Durchwuchsraps in Raps kann sich sicher gut entwickeln, aber aufgrund der Anbaupause von drei bis fünf Jahren sollte sein Anteil sehr niedrig liegen.