Gentechnisch veränderte Apfelbäume

„…die breiten sich nicht unkontrolliert aus.“

An der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) in Dresden-Pillnitz, wurden gentechnisch veränderte Apfelpflanzen entwickelt, die widerstandsfähig sind gegenüber bedeutenden Apfelkrankheiten. BioSicherheit sprach mit Viola Hanke vom Institut für Obstzüchtung über die Chancen der Gentechnik in der Apfelzüchtung und die verbreitete Sorge einer unkontrollierten Ausbreitung transgener Apfelbäume.

Dr. Viola Hanke ist Leiterin des Instituts für Obstzüchtung in Dresden- Pillnitz

bioSicherheit: Ein Apfel wird „von der Hand in den Mund“ gegessen, ist Symbol für gesunde unverfälschte Nahrung. Im Bewusstsein der meisten Verbraucher ist „gesund“ und „genmanipuliert“ ein Gegensatz. Hat ein transgener Apfel in Deutschland überhaupt eine Chance?

Viola Hanke: Das Symbol für unverfälschte Nahrung zeigt leider nicht, was während der Entwicklung des Apfels am Apfelbaum schon alles passiert ist. So hat der Apfel normalerweise, bevor er auf den Ladentisch gelangt, schon verschiedene Spritzungen mit Fungiziden und Insektiziden und eine Vielzahl weiterer chemischer Behandlungen erlebt. Ist er da noch unverfälscht und gesund?

Aus meiner Sicht ist gentechnisch verändert bzw. manipuliert und gesund durchaus kein Gegensatz. Im Gegenteil, die Gentechnik eröffnet Möglichkeiten, die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und damit auch die Rückstände in den Früchten und im Boden, oder auch die Reduzierung von Allergenen.

Ob ein transgener Apfel in Deutschland eine Chance hat, kann man sicherlich nicht für Deutschland allein beantworten, sondern man muss in diesem Zusammenhang den Weltmarkt und den europäischen Markt betrachten, da auch für die Apfelproduktion eine Globalisierung zu verzeichnen ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt versuchen wir die Methodik des gentechnischen Ansatzes zu erarbeiten und zu bewerten. Der Schritt zur Umsetzung, d.h. zur Anmeldung einer gentechnisch veränderten Sorte für den Anbau liegt dabei noch in weiter Ferne. Der Verbraucher hat in den nächsten 20 Jahren keine gentechnisch veränderten Äpfel zu erwarten.

bioSicherheit: An ihrem Institut sind auch auf konventionellem Wege Sorten mit hoher Resistenz gegen Feuerbrand, Apfelschorf und -mehltau gezüchtet worden. Was spricht für den gentechnischen Ansatz?

Viola Hanke: Der gentechnische Ansatz eröffnet die Möglichkeit, in etablierte Sorten ein einzelnes gewünschtes Merkmal hinzuzufügen, z.B. Resistenz. In der konventionellen Züchtung kreuzt man zwei verschiedene Sorten, die unterschiedliche Genome besitzen, und man erhält aufgrund der Rekombination der Gene eine Anzahl von Nachkommen, die sich in ihren Merkmalen stark voneinander unterscheiden. Es ist nicht möglich auch nur einen Nachkommen zu finden, der der Muttersorte insgesamt gleicht und nur in einem Merkmal verändert ist. Darin liegt der Vorteil des gentechnischen Ansatzes. Die aus der konventionellen Pillnitzer Züchtung hervorgegangenen resistenten Sorten sind von großer Bedeutung für bestimmte lokale Anbaugebiete und für spezielle obstbauliche Produktionsformen. Sie entsprechen aber nicht den Qualitätskriterien, die gegenwärtig an eine Weltsorte gestellt werden. Das kann sich in der weiteren Züchtung ändern.

Die Bestrebungen der auf dem Gebiet der Gentechnik arbeitenden nationalen Gruppen richten sich daher eher auf die Verbesserung einer Weltmarktsorte. Dazu muss man wissen, dass lediglich vier Apfelsorten die Weltproduktion bestimmen. Im Jahre 2010 rechnet man damit, dass 12 Monate im Jahr die wichtigsten Sorten angeboten werden, die in unterschiedlichen Ländern produziert worden sind. Diese Sorten sind im Übrigen alle anfällig gegenüber Krankheiten.

bioSicherheit: Kritiker befürchten, dass transgene Apfelpflanzen sich ausbreiten könnten? Welche Kreuzungspartner bzw. Ausbreitungsmöglichkeiten hat der Kulturapfel überhaupt?

Viola Hanke: Ein Weg der Verbreitung von Transgenen beim Apfel besteht in der Verbreitung des Pollens und der Samen. Der Apfel ist Insektenbestäuber, kein Windbestäuber. Der Pollen ist relativ schwer und fällt zu Boden. Insekten können nur zum transgenen Pollen gelangen, wenn sie die Blüte besuchen.

Der Apfel ist kreuzbar mit Partnern aus der Gattung Malus, also mit anderen Apfelsorten und Wildarten. Experimentell kann man auch Kreuzungsprodukte mit anderen Arten der Familie der Rosengewächse erzielen, in der Natur treten solche Kreuzungsprodukte jedoch nicht auf. Hinzu kommt, dass der Apfel selbstunfruchtbar ist, mit dem Pollen der eigenen Sorte also keine Nachkommen produziert und mit einer Reihe von verwandten Sorten aufgrund von Sterilitätsgenen auch nicht . Eine Beeinträchtigung von anderen landwirtschaftlich bzw. gartenbaulich genutzten Flächen durch transgenen Apfelpollen ist also aus botanischer Sicht ausgeschlossen. Apfel bildet mit Rebe und Raps keine Nachkommen.

bioSicherheit: Wie wahrscheinlich ist eine Ausbreitung über Samen aus der Apfelfrucht?

Viola Hanke: Die Apfelfrucht selbst kann durch transgenen Pollen nicht verunreinigt werden, da das Fruchtfleisch nicht aus dem Samen, sondern aus dem Blütenboden entsteht und der ist nicht gentechnisch verändert. Die gentechnische Veränderung ist bei Bestäubung mit transgenem Pollen tatsächlich nur im Samen vorhanden. Die Wahrscheinlichkeit der Entstehung solcher Samen ist aber sehr gering, da unter der großen Anzahl von Pollen, die auf die Narbe kommen, nur wenige zum Auskeimen und nur einer zur Befruchtung der Eizelle kommt. Wenn ein transgener Pollen eine Eizelle befruchtet, entsteht im Kernhaus nur ein transgener Samen von zehn vorhandenen.

Dieser einzelne Samen muss sich nun auch noch zu einer Pflanze entwickeln können. Eine Verbreitung von Samen kann über den Kot von Füchsen, Wildschweinen, Feldhasen und vor allem über den Menschen erfolgen. Die Entstehung von Sämlingen in bewirtschafteten Obstanlagen und Kleingärten kommt nicht vor. An Waldrändern, wo ausreichend Licht vorhanden ist, könnten Samen auskeimen. Aber es ist eher unwahrscheinlich, dass aufgrund von Umweltbedingungen und Konkurrenz in Pflanzengemeinschaften solche Bestände entstehen. Wenn dies die Regel wäre, müssten wir nicht die heimische Wildart Malus sylvestris, den Holzapfel, schützen und kartieren, sondern es gäbe inzwischen ausgedehnte Wälder. Der Holzapfel ist übrigens lediglich an der Entstehung des heutigen Kulturapfels beteiligt. Der wichtigste Vorfahre ist der in Zentralasien vorkommende Malus sieversii, der auf der Seidenstrasse nach Europa kam und auf diesem Wege mit anderen Arten hybridisierte.

Im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Kulturen ist eine Verunreinigung von Saatgut aufgrund der Verbreitung von transgenem Apfelpollen auch nicht gegeben, da das Saatgut beim Apfel nicht genutzt wird, sondern eine vegetative Vermehrung über Reiser und eine Veredlung auf Unterlagen vorgenommen wird. Lediglich der Züchter gewinnt Saatgut, aus dem er neue Sämlinge heranzieht.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch