EU-Bericht über nationale Koexistenzmaßnahmen

Koexistenz bleibt vorerst Sache der Mitgliedstaaten

Die EU-Kommission plant derzeit keine EU-einheitlichen Rechtsvorschriften zur Koexistenz beim Anbau gentechnisch veränderter und konventioneller Pflanzen. Dies verkündete die Kommission am 10. März bei der Vorstellung eines Berichtes zu den bisher eingeleiteten Koexistenzmaßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten.

Die Kommission schlägt aber vor, gemeinsam mit Mitgliedstaaten und Interessengruppen kulturartenspezifische Empfehlungen für geeignete Koexistenzmaßnahmen zu erarbeiten. Vor einer endgültigen Entscheidung über das weitere Vorgehen wird die Kommission sich mit verschiedenen Interessenvertretern austauschen. Gelegenheit dazu bietet eine Koexistenz-Konferenz, die Anfang April unter Schirmherrschaft der österreichischen Ratspräsidentschaft in Wien stattfinden wird.

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel:
„Die Anbaubedingungen sind von Land zu Land sehr unterschiedlich und die Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Kulturen noch sehr begrenzt. Daher erscheint es gegenwärtig nicht angebracht, einheitliche EU-Regeln vorzusehen.“

Die Anbaubedingungen seien von Land zu Land zu unterschiedlich und die Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Kulturen noch begrenzt, erläuterte EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel den Verzicht auf einheitliche EU-Regeln zur Koexistenz. Damit bestätigt die Kommission die derzeitige Praxis: Bisher überlässt es Brüssel den Mitgliedstaaten, ob und wie sie die Koexistenz im Detail regeln. Die EU-Kommission hatte dazu 2003 lediglich Leitlinien vorgegeben. Demnach sollen die Koexistenzmaßnahmen nicht über das Maß hinausgehen, das erforderlich ist, um zufällige GVO-Spuren unter dem EU-weit geltenden Kennzeichnungs-Schwellenwert von 0,9 Prozent zu halten. Allzu restriktive Anbauvorschriften hält die Kommission für ebenso unvereinbar mit EU-Recht wie regionale Verbote des Anbaus von gv-Pflanzen.

Koexistenzgesetze bisher nur in vier Mitgliedstaaten

Bisher haben nur Deutschland, Dänemark, Portugal und sechs österreichische Bundesländer Koexistenzvorschriften erlassen. Weitere Länder haben Entwürfe vorgelegt oder arbeiten noch an Konzepten. Von den insgesamt 20 bei der EU eingegangenen Entwürfen blieben bisher nur vier unbeanstandet. In zehn Fällen kam die Kommission bei ihrer Prüfung zu dem Schluss, dass die Vorschriften den freien Warenverkehr bei Vermarktung und Anbau von gv-Pflanzen behindern würden. Beispielsweise hält die Kommission die vorgeschriebenen Abstände in einzelnen Entwürfen für unverhältnismäßig hoch. In anderen Fällen beanstandete Brüssel, dass neue Koexistenzregeln im Rahmen der Umweltgesetzgebung umgesetzt wurden, obwohl die Koexistenz nur wirtschaftliche Belange betreffe. In diesem Zusammenhang betonte die Kommission, dass gv-Pflanzen „nur dann auf dem EU-Markt zugelassen werden, wenn nachgewiesen ist, dass sie völlig unbedenklich sind“.

Keine Koexistenzvorschriften hat bisher Spanien erlassen, das einzige EU-Land, in dem bereits auf nennenswerten Flächen gv-Pflanzen wachsen. 2004 handelte es sich dabei um 58.000 Hektar mit gentechnisch verändertem Bt-Mais. Dieser Anbau findet auf der Basis freiwilliger Empfehlungen für Koexistenzmaßnahmen statt.

Folgebericht für 2008 angekündigt

Die Kommission will die bisherigen praktischen Anbauerfahrungen aus Spanien, aber auch aus anderen Mitgliedstaaten mit geringeren GVO-Anbauflächen sowie aktuelle Studienergebnisse zur Koexistenz auswerten. Auf dieser Basis sollen für verschiedene Kulturarten Anbauempfehlungen erarbeitet werden, die auch regionale Faktoren wie Feldgrößen und Anbaustrukturen berücksichtigen. Weiterhin wird die Kommission Informationen über die Haftungsbestimmungen einzelner Länder beim GVO-Anbau einholen, um deren Wirksamkeit zu beurteilen. Für 2008 kündigt sie einen weiteren Bericht über die Fortschritte und Entwicklungen bei den einzelstaatlichen Koexistenzmaßnahmen an.