Bt-Toxin in Böden

„Eine Anreicherung konnten wir niemals nachweisen.“

In welchem Umfang wird das in Bt-Mais-Pflanzen gebildete Bt-Protein in den Boden abgegeben und wie verhält es sich dort? Mit diesen Fragen haben sich Wissenschaftler über mehrere Jahre im Rahmen der Sicherheitsforschung beschäftigt. BioSicherheit sprach mit Christoph Tebbe vom Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI).

Christoph Tebbe

Interview mit Prof. Dr. Christoph Tebbe vom Institut für Biodiversität am Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Braunschweig

bioSicherheit: Sie untersuchen in Sicherheitsforschungsprojekten die Auswirkungen von Bt-Maispflanzen auf Böden. Was sind eigentlich Bt-Maispflanzen?

Christoph Tebbe: Bt-Maispflanzen sind gentechnisch veränderte Pflanzen, die im Gegensatz zu den herkömmlich gezüchteten Sorten die Fähigkeit besitzen, einen Wirkstoff gegen bestimmte Insekten zu bilden. Dieser Wirkstoff ist ein Protein, das toxisch gegen bestimmte Schadinsekten wirkt. Es wird eigentlich von Bakterien, die unter dem Artnamen Bacillus thuringiensis zusammengefasst werden, gebildet. Daher der Name Bt-Protein oder Bt. Bacillus thuringiensis kommt in vielen Böden natürlich vor und das Bt-Protein wird sogar im Ökolandbau eingesetzt.

bioSicherheit: Wie kann Bt-Protein aus gentechnisch verändertem Bt-Mais in den Boden gelangen?

Christoph Tebbe: Nach der Keimung der Maispflanzen auf dem Feld beginnen die Pflanzenzellen damit das Bt-Protein herzustellen. Im Boden befindet es sich also vor allem in den Wurzeln. Von dort wird ein geringer Anteil durch sich zersetzende Wurzelzellen in den Bodenraum, in die so genannte Rhizosphäre, abgegeben. Die im Boden nachweisbare Konzentration dort entspricht etwa einem Tausendstel der Menge, die in den Wurzeln selbst ist. Darüber hinaus kann Bt-Protein durch Pollen oder abgerissene Blätter auf die Bodenoberfläche gelangen. Die größte Freisetzung von Bt-Proteinen in Böden erfolgt aber nach der Ernte, wenn die Maisstoppeln auf dem Feld verbleiben. Die Wurzelreste zersetzen sich durch die natürliche Aktivität von Bodentieren und Mikroorganismen und das Bt-Protein aus den Pflanzenzellen kommt in den Boden.

bioSicherheit: Was geschieht dann nach der Ernte mit dem Bt-Protein in den Böden?

Christoph Tebbe: Das haben wir detailliert am Beispiel der Maissorte MON810 untersucht. Diese Sorte wird bereits weltweit, auch in europäischen Ländern, landwirtschaftlich angebaut. In der ersten Phase nach der Ernte erfolgt in den Blatt- und Wurzelresten bereits ein Abbau der Bt-Proteine, wahrscheinlich auch durch pflanzliche Restaktivität. Innerhalb von vier bis sechs Wochen finden sich von ursprünglich zehn bis zwanzig Mikrogramm Bt-Protein pro Gramm Pflanze weniger als fünfzig Prozent wieder. In der Winterperiode ist der Abbau gering, aber mit dem Ansteigen der Temperaturen und der weiteren Zersetzung der Pflanzenreste wird das Bt-Protein weiter abgebaut. Wenn das Bt-Protein in den Boden gelangt, bindet es jedoch an Bodenbestandteile, vor allem an die Tonpartikel. Dieser Anteil wird im Vergleich zum frei gelösten Anteil nur langsam weiter abgebaut.

bioSicherheit: Kann es zu einer Anreicherung des Bt-Proteins im Boden kommen, wenn über längere Zeiträume Mais auf Mais angebaut wird?

Christoph Tebbe: Wir haben hierzu ein eigenes Forschungsprojekt durchgeführt, das kurz vor dem Abschluss steht. Selbst auf Feldern, auf denen drei Jahre hintereinander MON810 Bt-Mais angebaut wurde, konnten wir vor Beginn der nächsten Wachstumsperiode, also etwa ein halbes Jahr nach der Ernte, kein Bt-Protein aus Bodenextrakten nachweisen. Wir haben Felder mit unterschiedlichen Bodeneigenschaften untersucht, doch eine Anreicherung durch erhöhte Werte in den Extrakten konnten wir niemals nachweisen. Wir vermuten, dass das von den Bodenbestandteilen gebundene Bt-Protein kontinuierlich von den Bodenoberflächen abgegeben und sofort in der wässrigen Bodenlösung abgebaut wird und so verschwindet. Die theoretische Möglichkeit einer Anreicherung von im Boden gebundenem Bt-Protein, für die wir keine Indikation haben, aber auch kein direktes Risiko erkennen, ließe sich natürlich von vornherein vermeiden, wenn auf Maismonokulturen über mehrere Jahre verzichtet würde. Fruchtwechsel vermeiden außerdem die Auszehrung unserer Böden und das Auftreten von Bodenmikroorganismen, die unsere Kulturpflanzen schädigen.

bioSicherheit: Können die Mengen an Bt-Protein, die Sie gefunden haben, einen schädlichen Einfluss auf im Boden lebende Tiere haben?

Christoph Tebbe: Im Gegensatz zu vielen chemischen Insektiziden haben Bt-Proteine eine erstaunliche Spezifität für ihre Zielorganismen, also die Schädlinge. Das ist eine auch im Ökolandbau realisierte attraktive Seite dieser Wirkstoffe. Die empfindlichsten Organismen für Bt-Proteine aus MON810 sind beispielsweise die Maiszünsler-Larven mit einem LD50 Wert von ca. zwei Mikrogramm pro Gramm Pflanzenmaterial. In Bodenextrakten fanden wir aber maximal zwei Nanogramm pro Gramm, also deutlich weniger. Direkte toxische Wirkungen von Bt-Proteinen aus Pflanzenresten auf Nicht-Zielorganismen sind daher aufgrund der Wirkungsspezifität und auch des natürlichen Abbaus dieser Proteine nicht zu erwarten. Selbst Regenwürmer, die kontinuierlich mit Blattresten von MON810 gefüttert wurden, zeigten keine Reaktion.

bioSicherheit: Heißt das, dass aus Ihrer Sicht Bt-Mais für Böden kein ökologisches Problem darstellt?

Christoph Tebbe: Es gibt keinen Hinweis, dass der Anbau von MON810 im Vergleich zu herkömmlich gezüchtetem Mais ein größeres ökologisches Risiko darstellt. Im Vergleich zum Einsatz chemischer Insektizide könnte der Anbau von MON810 sogar ökologisch sinnvoller sein, was die unbeabsichtigten Wirkungen auf Nicht-Zielorganismen angeht. Allerdings sind die Ergebnisse mit MON810 kein Freibrief für die Unbedenklichkeit neuer Bt-Maissorten, denn es gibt nicht eine Sorte Bt-Proteine, sondern viele, jeweils mit anderen Wirkungsspektren und anderer Umweltpersistenz. Für ein anderes Bt-Protein mit dem Namen Cry3Bb1 fanden wir allerdings sogar noch höhere Abbauraten im Boden eines Maisfelds als mit MON810 (Cry1Ab). Fall für Fall sollten die Wechselwirkungen zwischen neuen Bt-Sorten und dem Ökosystem Boden beurteilt werden. Der Versuchsanbau und die ökologische Begleitforschung können für die Sicherheitsbewertung dabei wertvolle Dienste leisten.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch