Zweiter EU-Bericht zur Koexistenz

Koexistenzmaßnahmen bleiben Sache der Mitgliedsstaaten

Die Mitgliedsstaaten sind in den letzten Jahren bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften zur Koexistenz ein gutes Stück vorangekommen. 15 EU-Länder haben inzwischen Koexistenzvorschriften erlassen. EU-einheitliche Rechtsvorschriften zur Koexistenz beim Anbau gentechnisch veränderter und konventioneller Pflanzen sind nach wie vor nicht geplant. In Zusammenarbeit von EU-Kommission und Mitgliedsländern wird derzeit an Empfehlungen zu bewährten Trennungsmaßnahmen für einzelne Anbaukulturen gearbeitet.

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel: „Die Mitgliedsstaaten sind eher als die EU in der Lage wirksame und effiziente Koexistenzmaßnahmen zu bestimmen.“

Nach einem ersten Bericht 2006 legte die Kommission im April 2009 einen zweiten Bericht zum Stand der Durchführung nationaler Koexistenzmaßnahmen vor. Schon im Mai 2006 hatte EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel verkündet, auf einheitliche EU-Regeln zur Koexistenz verzichten zu wollen. So seien die Anbaubedingungen von Land zu Land zu unterschiedlich, um eine Harmonisierung bei den Trennungsmaßnahmen anzustreben. In dem jetzt vorliegenden Bericht bekräftigt die EU-Kommission noch einmal ihre Überzeugung, dass der Verzicht auf eine EU-weite einheitliche Regelung die richtige Entscheidung ist, da die Mitgliedsstaaten eher als die EU in der Lage sind, wirksame und effiziente Koexistenzmaßnahmen zu entwickeln.

Die EU-Kommission hatte 2003 lediglich Leitlinien zur Koexistenz vorgegeben. Demnach sollen die Koexistenzmaßnahmen nicht über das Maß hinausgehen, das erforderlich ist, um zufällige GVO-Spuren unter dem EU-weit geltenden Kennzeichnungs-Schwellenwert von 0,9 Prozent zu halten. Allzu restriktive Anbauvorschriften hält die Kommission für ebenso unvereinbar mit EU-Recht wie regionale Verbote des Anbaus von gentechnisch veränderten (gv-)Pflanzen.

Rechtsvorschriften zur Koexistenz in 15 Mitgliedsländern

Bisher haben unter anderem Deutschland, Dänemark, Frankreich, Portugal, die Niederlande, Belgien, Österreich sowie einige osteuropäische Länder Koexistenzvorschriften erlassen. Weitere Länder haben Entwürfe vorgelegt oder arbeiten noch an Konzepten. Einige Mitgliedsstaaten planen auch in nächster Zukunft nicht an Regelungen zu arbeiten, da sie den Anbau von gv-Pflanzen in ihrem Land für unwahrscheinlich halten.

Die Koexistenzmaßnahmen unterscheiden sich von Land zu Land teilweise sehr stark. Regionale Unterschiede in der Landwirtschaft wie z.B. die Größe der Felder oder klimatische Bedingungen werden als Grund angeführt. In den sechs Mitgliedsstaaten Deutschland, Tschechien, Irland, Niederlande, Portugal und Slowakei gelten für die Trennung von GVO-Feldern und Feldern mit ökologischem Anbau striktere Maßnahmen als für die Trennung von GVO-Feldern und konventionellen Feldern. Einige Mitgliedsstaaten schreiben für den Anbau von gv-Pflanzen in der Nähe von Naturschutzgebieten (z.B. Natura 2000-Gebieten) besondere Verfahren vor oder untersagen diese. Da diese Sonderreglungen nicht mit der Koexistenz in Zusammenhang stehen, sieht die EU-Kommission die Rechtslage noch als ungeklärt.

Bisher keine wirtschaftlichen Schadensfälle durch unerwünschte Beimischungen von GVO

Aus wirtschaftlicher Sicht kann die Beimischung von GVO zu einer Wertminderung von Nicht – GVO-Erzeugnissen führen, wodurch den Erzeugern ein wirtschaftlicher Schaden entstehen kann. Nach Auskunft der Mitgliedsstaaten gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass es bei der Einführung von gv-Pflanzen in der europäischen Landwirtschaft diesbezüglich Probleme gegeben hat. Diese Einschätzung basiert allerdings auf den bislang nur begrenzten kommerziellen Erfahrungen. Insbesondere von deutscher Seite werden Bedenken geäußert, ob die nationalen Koexistenzmaßnahmen eine GVO-freie Honigproduktion ermöglichen.

Europäisches Koexistenzbüro arbeitet an "best practice" Maßnahmen

Die EU- Kommission hat ein „Europäisches Büro für Koexistenz“ eingerichtet, das die Wirksamkeit technischer Koexistenzmaßnahmen weiter verbessern soll. In Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten und beteiligten Interessensgruppen werden derzeit Empfehlungen für kulturspezifische Trennungsmaßnahmen erarbeitet. 2010 soll ein erstes Dokument über bewährte Praktiken im Maisanbau vorliegen.

Folgebericht für 2011 angekündigt

Die EU-Kommission wird den Umsetzungsprozess zur Koexistenz weiter begleiten. Insbesondere will sie den wissenschaftsbasierten und praktischen Ansatz für Trennungsmaßnahmen weiter fördern. Auch sollen die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte einerseits und die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher andererseits im Fokus stehen. Für 2011 kündigte sie ihren dritten Bericht an.