Biologisches Sicherheitssystem

Viren als trojanische Pferde

Viren sind als Auslöser von Pflanzenkrankheiten gefürchtet. Sie verfügen über eine trickreiche Strategie, andere Zellen für die eigene Vermehrung zu nutzen, und bringen Pflanzen dazu, Viren-Proteine zu produzieren. Diese Fähigkeit versucht man, technisch zu nutzen. Doch zuvor müssen Sicherheitsprobleme gelöst werden.

Anders als Mikroorganismen oder Zellen höherer Lebewesen haben Viren keinen eigenen Stoffwechsel. Sie bestehen - vereinfacht - aus DNA (oder RNA) und aus einer Proteinhülle. Um sich zu vermehren, müssen sie in andere Zellen eindringen. Danach beginnt das genetische System der Wirtszelle, fortlaufend Kopien des Virus herzustellen.

Kartoffel Virus X: Die ideale Fähre, um wirtschaftlich interessante Proteine in Pflanzen zu produzieren?

Innerhalb des befallenen Organismus vermehren sich Viren rasch. Dauert die Virusinfektion einer Pflanze einige Zeit an, produzieren immer mehr ihrer Zellen Virus-Proteine. Deren Anteil am Gesamtprotein der Pflanze kann sehr groß werden und bis zu mehreren Prozent betragen. Diese Fähigkeit der Viren versuchen Gentechniker zu nutzen, um neue, rekombinante Proteine in vergleichsweise hohen Konzentrationen in Pflanzen zu produzieren. Dies ist von Interesse, wenn etwa Pharmawirkstoffe in Pflanzen hergestellt werden sollen.

Virale Volllängenklone sind mit Hilfe molekularbiologischer Methoden hergestellte Varianten eines natürlich vorkommenden Pflanzenvirus. Sie umfassen das gesamte Genom eines Virus und enthalten damit alle Informationen, die für die Vermehrung und Ausbreitung des Virus in einer Wirtspflanzen notwendig sind. In diese Volllängenklone können nun Fremdgene eingeführt werden, etwa solche, die für ein wirtschaftlich interessantes Protein kodieren. Schleust man den modifizierten Volllängenklon in Pflanzen ein, wird in deren Zellen nicht nur Virusprotein, sondern auch das gewünschte neue Protein gebildet (siehe Abbildung).

Der Vorteil dieses Verfahrens ist vor allem die hohe Ausbeute an Fremdprotein. Schon zwei bis drei Wochen nach der Infektion mit dem Volllängenklon kann die Pflanzen mit dem gewünschten Protein geerntet werden. Die Pflanze selbst ist nicht gentechnisch verändert.

Ein gewichtiger Nachteil ist jedoch, dass in den infizierten Pflanzen vermehrungsfähige neue (chimäre) Viren entstehen. Eine praktische Anwendung von Volllängenklonen ist demnach nur dann vertretbar, wenn es geeignete Sicherheitssysteme gibt, die eine Verbreitung der modifizierten Viren unterbinden.

Ergebnisse. Ein geeignetes Sicherheitssystem wurde in einem abgeschlossenen SiFo-Forschungsprojekt entwickelt. Dabei wurde ein Transport-defektes Virus verwendet, das ausschließlich transgene Pflanzen, die das Transportprotein exprimieren, systemisch infizieren kann. So wird ein unerwünschtes Verbreiten des Virus verhindert und eine sichere Synthese von Fremdproteinen mittels viraler Volllängenklone ermöglicht.