Horizontaler Gentransfer

Agrobakterien- Transfer von Erbinformation in andere Bakterien?

Um neue Gene in Pflanzenzellen einzubringen, wird ein spezielles Bodenbakterium als „Genfähre“ eingesetzt. Mit Hilfe von Agrobacterium tumefaciens wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Vielzahl gentechnischer Veränderungen insbesondere an zweikeimblättrigen Pflanzen vorgenommen. Die Sicherheitsforschung befasst sich seitdem mit der Frage, ob die gentechnisch veränderten Agrobakterien auch in den neu gewonnenen transgenen Pflanzen nachzuweisen sind, bzw. ob sie ihre Erbinformation auch auf Bakterien übertragen können, die natürlich in der Pflanze vorkommen.

Bei der Transformation von Pflanzenzellen mit A. tumefaciens werden z.B. Blattstücke mit den gentechnisch veränderten Agrobakterien infiziert. Auf einem speziellen Selektionsmedium wachsen aus erfolgreich transformierten Pflanzenzellen zuerst Zellhaufen und dann ggf. komplette neue Pflänzchen. Allerdings können sich auch die eingesetzten Agrobakterien im Pflanzengewebe halten. Eine Abtötung der Bakterien mit Substanzen, die ihr Überleben mit Sicherheit ausschließen, würde auch die Pflanzenzellen abtöten oder zumindest zu sehr schädigen. Daher versucht man in mehreren „Reinigungsschritten“ durch den Einsatz von Antibiotika das Vorhandensein der Agrobakterien so weit wie möglich zu verringern.

Agrobacterium tumefaciens besitzt die Fähigkeit, genetische Information in Pflanzenzellen einzuschleusen. Das Bodenbakterium verursacht auf diese Weise Tumore im Wurzelhalsbereich der Pflanze. Die Gentechnik benutzt A.tumefaciens als Transportmittel. Dabei werden die tumorbildenden Gene aus dem Plasmid des Bakteriums ausgeschnitten und durch die gewünschten Gene ersetzt.

Blattstückchen werden mit Agrobakterien infiziert.

Blattstückchen, hier von Pappeln, werden mit Agrobakterien infiziert
Foto: Dietrich Ewald

Endphytische Bakterien leben im Pflanzengewebe. Wenn gentechnisch veränderte Agrobakterien in der Pflanze überdauern, könnte es zu einem Gentransfer zwischen den verschiedenen Bakterien kommen. Ein Projekt der Sicherheitsforschung mit transgenen Pappeln beschäftigte sich mit diesem Thema.
Foto: Dietrich Ewald

Im weiteren Züchtungsprozess werden die regenerierten Pflanzen nun meist zur Blüte angeregt und bilden nach der Befruchtung Samen. Diese Samen können dann oberflächlich sterilisiert werden. Damit werden die Agrobakterien abgetötet und der neu wachsende Keimling enthält die neuen Gene nur integriert im Pflanzengenom.

Ein Problem besteht allerdings bei Pflanzen, die vegetativ vermehrt werden müssen, wie das bei holzigen Pflanzen der Fall ist. Transgene Gehölze, besonders Forstgehölze, dürfen nicht zur Blüte gelangen, da auf diesem Wege das eingebrachte veränderte Merkmal über Pollen oder Samen in die Wildpopulation, den Wald, „entkommen“ könnte.

Risiko Gentransfer

Dass gentechnisch veränderte Agrobakterien, die mit transgenen Pflanzen in die Umwelt gelangen, unkontrolliert andere Pflanzern infizieren und transformieren könnten, ist wenig wahrscheinlich. Da es sich um transformierte Agrobakterien handelt, die nicht mehr zur Bildung von Wucherungen an Pflanzen (Pflanzentumoren) führen können, bliebe eine mögliche Infektion auf Einzelzellen beschränkt.

Die Wahrscheinlichkeit für einen Horizontalen Gentransfer könnte sich dadurch erhöhen, dass im Pflanzengewebe endophytische, d.h. innen wachsende Bakterien leben. Mehrere Möglichkeiten eines Austausches der Erbinformation zwischen Agrobakterien und endophytischen Bakterien sind theoretisch denkbar. So verfügen Bakterien z.B. über einen Mechanismus - Konjugation genannt -, durch den sie Plasmide untereinander austauschen können. Ein potenzieller Horizontaler Gentransfer innerhalb der Bakterien ist somit wahrscheinlicher als der Transfer von DNA aus gv-Pflanzen in andere Organismen. In einem vom BMBF geförderten Forschungsvorhaben wurde daher untersucht, ob die Chancen für einen Transfer von genetischem Material zwischen den verschiedenen Bakterien im Zuge der eigentlichen Transformation oder später durch so genannte persistierende - überdauernde - Agrobakterien gegeben sind. Ein horizontaler Gentransfer konnte lediglich in vitro nachgewiesen werden und auch nur dann, wenn der Gentransfer gezielt durch ein externes Plasmid aus der Bakteriengemeinschaft ausgelöst wurde.

Das Persistieren von A. tumefaciens in transgenen Pflanzen wird bei der Sicherheitsbewertung vor Freisetzungen immer als mögliches Risiko mit berücksichtigt. So können natürlich vorkommende Agrobakterien nachgewiesenermaßen in holzigen Pflanzen überdauern, wie z.B. von Weinstöcken oder Rosen schon lange bekannt ist.

Im Antragsverfahren für Freisetzungsversuche werden daher vom Antragsteller auch Angaben zur Agrobakterien-Freiheit der Versuchspflanzen verlangt. Im Regelfall nimmt jedoch die Anzahl der verbliebenen Agrobakterien nach der Überführung in die Erdkultur ab. Um das Nicht-Vorhandensein von Agrobakterien zu belegen, muss der Antragsteller beschreiben, was unternommen wurde, um die Agrobakterien zu beseitigen.