Bt-Pflanzen: Unbeabsichtigte Wirkungen auf Nicht-Zielorganismen

Risikoabschätzung für Bt-Pflanzen: Zwei Konzepte

Vor der Freisetzung einer Bt-Pflanze, erst recht vor der Zulassung für den kommerziellen Anbau muss überprüft werden, dass damit keine schädlichen Auswirkungen auf Nicht-Zielorganismen verbunden sind. Die Entscheidung über die Zulassung ist für die zuständigen Behörden nicht immer einfach: Einerseits müssen sie in einer angemessenen Frist zu einem Ergebnis kommen, andererseits sind komplexe ökologische Zusammenhänge zu berücksichtigen.

Vor gut zehn Jahren wurde in den USA der erste gentechnisch veränderte Bt-Mais zugelassen. Inzwischen stehen weltweit auf mehr als zwanzig Millionen Hektar Bt-Mais und Bt-Baumwolle - Tendenz steigend. Auch bei andern Pflanzenarten wird daran gearbeitet, das Bt-Konzept zu nutzen, um schädliche Fraßinsekten zu kontrollieren. Doch immer wieder gibt es Diskussionen, ob das in den Pflanzen produzierte Bt-Toxin nicht nur auf den jeweiligen Schädling wirkt, sondern auch auf andere Organismen.

Je nach Anbauregion kommen unterschiedliche Nicht-Zielorganismen mit den Bt-Pflanzen und dem von ihnen gebildeten Bt-Toxin in Kontakt. Sind für jede Pflanze und die von ihr möglicherweise betroffenen Nicht-Zielorganismen eigene Untersuchungen erforderlich? Oder lassen sich geeignete Standardtests entwickeln, die sich effektiv anwenden lassen und dennoch umfassende und zuverlässige Ergebnisse liefern? In der biologischen Sicherheitsforschung hat die Diskussion darüber begonnen.

bioSicherheit sprach mit Angelika Hilbeck und Jörg Romeis. Beide Wissenschaftler arbeiten in der Schweiz. Sie vertreten internationale Arbeitsgruppen, die sich mit der Entwicklung geeigneter Modelle einer ökologischen Risikoabschätzung von Bt-Mais auf Nicht-Zielorganismen befassen.

Jörg Romeis , Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART

Standard-Tests mit Stellvertreter-Organismen. Die internationale Arbeitsgruppe von Jörg Romeis schlägt ein schrittweises Verfahren vor. Es beruht auf einer Abfolge von Labor-, Halbfreiland- und Freilandversuchen. Der Ansatz orientiert sich an den weltweit etablierten Verfahren zur Umweltprüfung von toxischen Substanzen und Pflanzenschutzmitteln.

Schwerpunkt der Untersuchungen sind standardisierte Tests im Labor mit verschiedenen, anhand mehrerer Kriterien ausgewählten „Stellvertreter-Organismen“. Im Labor lassen sich toxische Effekte gezielt und mit hoher statistischer Absicherung nachweisen. Sollten sich dabei Hinweise auf schädliche Auswirkungen ergeben, schließen sich weitere Untersuchungen und eventuell auch Feldversuche an. Mit Hilfe dieser Vorgehensweise lässt sich der Bedarf an aufwändigen Versuchen im Freiland vermindern und im Einzelfall sogar vermeiden.

Angelika Hilbeck, Institut für Integrative Biologie der ETH Zürich und Geschäftsführerin der Firma Ecostrat GmbH (Zürich/Berlin).

Die wichtigen Organismen eines Ökosystems untersuchen. Die internationale Arbeitsgruppe von Angelika Hilbeck plädiert für einen wesentlich breiteren Ansatz. Sie hält die bisherigen ökotoxikologischen Testmethoden für nicht ausreichend, vor allem für Regionen mit hoher Biodiversität. Nach ihrer Auffassung ist der standardisierte Ansatz mit ausgewählten „Stellvertretern“ im Labor nicht aussagekräftig genug, um Aussagen zu Effekten auf die Biodiversität im Ökosystem treffen zu können. Bevor eine Prüfung im Labor stattfindet, sind für das jeweilige Ökosystem die wichtigsten Nicht-Zielorganismen mit bedeutender ökologischer Funktion zu identifizieren. Mit diesen werden dann Laborprüfungen durchgeführt und durch Feldversuche ergänzt.