FAO

Welternährung: Mit oder ohne Gentechnik?

Vom 16. bis 18. November 2009 fand in Rom der „World Food Summit“ statt, eine Zusammenkunft von Regierungschefs und Nichtregierungsorganisationen, zu der die FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) eingeladen hatte. 2009 stieg die Zahl der Menschen, die an Hunger und Unterernährung leiden, weltweit auf über eine Milliarde. Das Milleniumsziel der Vereinten Nationen, die Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren, ist voraussichtlich nicht mehr zu erreichen. Die Ursachen sind vielfältig: Sie reichen von Bevölkerungswachstum und Wasserknappheit bis hin zu Klimawandel und Wirtschaftskrise. Kann die Grüne Gentechnik einen Beitrag leisten, um Hunger und Armut zu reduzieren? BioSicherheit sprach mit zwei Experten.

Dr. Hans Rudolf Herren, Millennium Institute, Arlington (USA)

Prof Dr. Matin Qaim, Universität Göttingen

Den Bericht des International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development, abgekürzt IAASTD, wurde von der FAO und der Weltbank 2002 in Auftrag gegeben. Von 2005 bis 2008 berieten rund vierhundert Wissenschaftler, Vertreter von Regierungen, Nichtregierungs- organisationen, Produzenten und Verbrauchern aus der ganzen Welt über die Zukunft der globalen Landwirtschaft. Die Vertreter der großen Konzerne wie Monsanto zogen sich während der Beratungen aus dem Prozess zurück.

Wie kann die Ernährung der Weltbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten sichergestellt werden? Das war das Thema des „World Food Summit“. Bereits im Oktober veranstaltete die FAO dazu ein Expertenforum. In den vorab erstellten Diskussionspapieren hieß es, angesichts eines Anstiegs der Weltbevölkerung auf geschätzte neun Milliarden müsse die weltweite Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um 70 Prozent gesteigert werden, in den Entwicklungsländern sogar um fast 100 Prozent. Der Produktionsanstieg müsse in erster Linie durch Ertragssteigerungen auf der bereits jetzt bewirtschafteten Fläche erbracht werden.

Wie dieses Ziel erreicht werden soll, ist jedoch umstritten. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche Rolle technologische Maßnahmen spielen sollen. Der im 2008 erschienene IAASTD-Bericht, der unter anderem von der FAO in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Schluss, es sei zu einseitig, vorrangig auf Ertragssteigerungen durch Technologieentwicklung zu setzen. Technologische Maßnahmen könnten nur Teil umfassender Konzepte sein, die beispielsweise die Stärkung regionaler Märkte und verbesserten Zugang zu Know-how ebenso beinhalten müssten wie einen effizienteren Umgang mit Ressourcen und die Reduktion des Chemikalieneinsatzes.

Insbesondere an der Frage, ob und wie weit die Grüne Gentechnik zur Überwindung des Hungerproblems beitragen kann, scheiden sich die Geister. Kritiker bemängeln, gentechnisch veränderte Pflanzen wären nur für eine industrialisierte Landwirtschaft geeignet, nicht für Kleinbauern in Entwicklungsländern, und warnen vor einer Monopolisierung des Saatgutmarktes durch multinationale Firmen. Tatsächlich ist die Anwendung der Gentechnik bei den derzeit angebauten Nutzpflanzen fast ausschließlich auf Herbizid- und Insektenresistenz bei wenigen kommerziellen Feldfrüchten beschränkt. Fast alle stammen aus den Laboren von Monsanto und einigen wenigen anderen Firmen. Die Hälfte der mit gv-Pflanzen bewirtschafteten Flächen liegt in den USA, knapp ein Drittel in Brasilien und Argentinien – also Ländern, in denen große Agrarbetriebe und Monokulturen überwiegen.

Dennoch werden gv-Pflanzen auch von Kleinbetrieben in Entwicklungs- und Schwellenländern angebaut. In Indien und China, die zusammen mit den USA die größten Baumwollproduzenten der Welt sind, wird in steigendem Umfang insektenresistente Bt-Baumwolle angepflanzt und zwar hauptsächlich von Kleinbauern. In Südafrika und auf den Philippinen bauen zahlreiche Kleinbauern Bt-Mais an. Neue ökonomische Untersuchungen zeigen, dass der Anbau von Bt-Baumwolle in Indien das Haushaltseinkommen armer Familien steigert.

Weltweit beschäftigen sich zahlreiche Forschungsprojekte mit gentechnischen Veränderungen an Nutzpflanzen, die für die Nahrungsversorgung benötigt werden. So stehen in einigen asiatischen Ländern Bt-Reis und verschiedene Bt-Gemüse kurz vor der Kommerzialisierung. Daneben werden weltweit neue gv-Pflanzen entwickelt, die mit Mikronährstoffen angereichert sind. Das bekannteste Beispiel ist der „Goldene Reis“, der mit Vitamin A angereichert ist, es gibt aber auch verschiedene Projekte zur Nährstoffanreicherung in Maniok, Bananen oder Hirse. Träger dieser Forschungsprojekte sind zum einen öffentliche Einrichtungen, wobei die internationalen Agrarforschungszentren eine wichtige Rolle spielen. In vielen Fällen stellen aber auch lokale oder internationale Firmen ihre Technologie im Rahmen von Public Private Partnerships öffentlichen Forschungseinrichtungen zur Verfügung. Einige Forschungsprojekte in Afrika werden von großen Stiftungen wie der Gates Foundation finanziert.