Bt-Mais: Auswirkungen auf Nicht-Zielorganismen

„Wenn es Bt-Effekte geben sollte, dann sind sie sehr gering.“

In mehreren europäischen Ländern wird Bt-Mais bereits angebaut. Immer wieder ist die Befürchtung zu hören, dieser gentechnisch veränderte Mais könne andere Organismen schädigen und sich nachteilig auf die Biodiversität auswirken. Drei Jahre lang hat sich ein Verbund aus elf Forschungsprojekten mit diesen Fragen beschäftigt. Über die Ergebnisse sprach bioSicherheit mit dem Verbundkoordinator Ingolf Schuphan von der RWTH Aachen.

Ingolf Schuphan

Prof. Dr. Ingolf Schuphan (RWTH Aachen) koordinierte den Forschungsverbund „Sicherheitsforschung und Monitoring zum Anbau von Bt-Mais“.

Fleißarbeit unter dem Mikroskop : Knapp eine halbe Million Tiere wurden allein in Aachen bestimmt.

Der Forschungsverbund zum Bt-Mais umfasste insgesamt elf Forschungsprojekte. Sechs Projekte untersuchten mögliche Auswirkungen von Bt-Mais auf Nicht-Zielorganismen.

Dabei sollte herausgefunden werden, ob Bt-Mais neben dem Zielorganismus Maiszünsler auch andere Organismen schädigt.

Versuchsfelder an verschiedenen Standorten wurden in Parzellen aufgeteilt. Diese wurden unterschiedlich bewirtschaftet: mit Bt-Mais, der ein Toxin gegen den Zünsler produziert; mit einer isogenen Sorte (bis auf das Bt-Gen wie Bt-Mais) und mit konventionellem Mais, der zur Bekämpfung des Maiszünslers mit Insektizid behandelt wurde.

Auf den Parzellen wurden mit geeigneten Fangmethoden verschiedene Organismen gesammelt, gezählt und nach Arten bestimmt. Damit sollte herausgefunden werden, ob es durch den Anbau von Bt-Mais zu einer Verringerung der Biodiversität auf den Ackerflächen kommt. Die Untersuchungen erstreckten sich über drei Jahre.

bioSicherheit: Eine wesentliche Fragestellung des von Ihnen koordinierten Forschungsverbundes waren mögliche Auswirkungen des Bt-Toxins auf „Nicht-Zielorganismen“. Schauen wir zuerst auf die hypergäische Fauna, also alles, was oberhalb des Bodens lebt wie Schmetterlinge, Käfer, Spinnen, Zikaden und viele mehr. Haben Sie für den Bt-Mais etwas gefunden, was sich von konventionellem Mais mit und ohne Insektizidbehandlung unterscheidet?

Schuphan: Die größten Effekte auf Nicht-Zielorganismen haben wir bei der konventionellen Variante gefunden, also auf den Parzellen, bei denen der Zünsler mit Insektiziden bekämpft wird. Beim Vergleich zwischen Bt-Mais und der isogenen Liniewaren keine deutlichen Unterschiede zu erkennen. Zwar haben wir in einem Jahr signifikante Unterschiede zwischen der isogenen und Bt-Mais-Variante gefunden, doch im nächsten Jahr war es genau umgekehrt. Solche Beispiel zeigen, dass etwa klimatische Einflüsse offensichtlich weitaus gravierender sind als die Frage, ob konventioneller oder Bt-Mais angebaut wird. Unser Fazit: Wenn es Effekte durch das Bt-Toxin geben sollte, dann sind sie zufallsbedingt und am Rande der Nachweisbarkeit. Eigentlich müsste man solche Beobachtungen noch langfristiger anlegen – nicht drei Jahre wie bei uns, sondern fünf oder zehn.

Natürlich hat jeder Ackerbau einen Einfluss auf Biozönosen. Man muss daher die derzeit übliche Praxis vergleichen mit dem Bt-Konzept. Das Ergebnis ist eindeutig: Bt-Mais schädigt tatsächlich nur die Organismen, die am Mais fressen und so einen Schaden verursachen. Diese Spezifität haben wir bisher nirgendwo im Pflanzenschutz.

bioSicherheit: Sie haben in Ihrem Forschungsverbund ja auch die ganze Nahrungskette untersucht, also nicht nur die Tiere, die unmittelbar auf und vom Mais leben, sondern auch deren Räuber.

Schuphan: Ja, das waren nicht ganz einfache Untersuchungen, weil es nicht nur zwischen Schädling und Nützling komplizierte Wechselwirkungen gibt, sondern auch noch zu den Tieren der nächsten Ebene, den Hyperparasiten. Aber auch hier das gleiche Bild: Wir haben keine statistisch gesicherten Hinweise für Bt-bedingte Effekte gefunden.

bioSicherheit: Und wie sah es bei der epigäischen Fauna aus - Organismen, die auf oder im Boden leben?

Schuphan: Auch dort haben wir nichts Auffälliges feststellen können. Die Ergebnisse für den Boden sind ähnlich wie in der Krautschicht. Auch hier wechseln sie über die Jahre.

In unserem Forschungsverbund haben wir uns mit der Frage beschäftigt, ob das Bt-Toxin – sollte es sich im Boden anreichern – überhaupt wirksam ist gegen bestimmte Organismen. Ein Projekt hat etwa mit Trauermückenlarven gearbeitet, das sind Organismen, die Streu, also tote organische Substanz, zersetzen Bei Fütterungsversuchen im Labor wurden für eine der beiden untersuchten Bt-Maissorten Effekte beobachtet, die sich aber nicht eindeutig auf das Bt-Toxin zurückführen ließen.

bioSicherheit: Kommt es denn überhaupt zu einer Anreicherung von Bt-Toxin im Boden?

Schuphan: Wenn die gute landwirtschaftliche Praxis beachtet wird, ist nicht mit einer Anreichung des Bt-Toxins im Boden zu rechnen. Es handelt sich ja um ein Protein, das auch in Pflanzenresten vorhanden ist. Wird nach der Ernte Maisstroh in den Boden eingearbeitet, kann es dort kurzfristig zu einer Anreicherung des Bt-Toxins kommen - vor allem, wenn es keinen Fruchtwechsel gibt, also auf einer Fläche immer wieder Bt-Mais angebaut würde. Für den Fall müssten weitergehende Untersuchungen über mehrere Jahre erfolgen. Das ist auch geplant.

bioSicherheit: Sie haben einen Verbund von mehreren Forschungsprojekten koordiniert. Dort wurden weitere Fragestellungen untersucht, etwa mögliche Auswirkungen auf Nutztiere, die mit Bt-Mais gefüttert wurden.

Schuphan: Bei den Milchkühen, die Bt-Mais zu fressen bekamen, haben wir die Mikroorganismen des Pansens oder des Darms auf Gen-Material aus Bt-Mais untersucht. Wir haben keinen Hinweis für einen solchen horizontalen Gentransfer, also die Übertragung von Genen aus dem Bt-Mais gefunden.

Im Darm der Kühe wird das Bt-Toxin rasch zu Eiweiß-Bruchstücken abgebaut. Bt-Mais verhält sich in einer Milchkuh genau wie konventioneller Mais. Natürlich geht auch kein Gen oder das Toxin aus dem Bt-Mais in die Milch über. Sonst würden wir ja ein Sammelsurium von Genen oder Genprodukten aus Butterblume, Gräsern und Kräutern in der Milch finden.

bioSicherheit: Eine Aufgabe des Verbundes bestand darin, mögliche Organismen zu identifizieren, die sich für ein anbaubegleitendes Monitoring eignen. Das könnten bestimmte Arten sein, die besonders empfindlich auf das Bt-Toxin reagieren und als eine Art „Frühwarnsystem“ dienen könnten. Haben Sie solche Arten finden können?

Schuphan: Zunächst einmal: Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein Monitoring eigentlich nicht nötig ist, da eben keine schädlichen Auswirkungen des Bt-Mais nachweisbar waren. Wenn ein Monitoring verlangt würde, könnten dafür vor allem solche Arten in Frage kommen, die in der Nahrungskette ganz unten stehen, etwa Zellsauger wie Maisblatt-Zikaden oder Tripse sowie als Gegenspieler Wanzen der Gattung Orius. Bei den bodenlebenden Organismen wären das eine räuberische Spinne und häufig anzutreffende Laufkäfer-Arten wie Pterostichus melanarius und Pseudophonus rufipes.

bioSicherheit: Wie viele Tiere haben Sie und Ihre Gruppe in Aachen eigentlich gesammelt und bestimmt?

Schuphan: Allein in unserem Projekt haben wir in den drei Jahren fast ein halbe Millionen Tiere gesammelt, sortiert und bis zur Art bestimmt. Rechnet man noch die anderen Projekte unseres Forschungsverbundes hinzu, dann sind fast eine Million Tiere durch unsere Hände gegangen. Das war ein sehr, sehr großer Aufwand, wenn man bedenkt, dass die meisten Arten mit dem bloßen Auge gar nicht zu bestimmen sind.

bioSicherheit: Das ist doch eine erstaunlich breite, umfassende Datenbasis, auf die sich Ihre Ergebnisse stützen.

Schuphan: Das würde ich auch so sehen. Wir waren in unserem Forschungsverbund elf Partnerinstitutionen, fünf oder sechs davon haben sich mit Nicht-Zielorganismen beschäftigt. Nachdem wir drei Jahre untersucht haben, können wir sagen: Wenn es Bt-Effekte auf die Agro-Biodiversität geben sollte, dann sind sie zufallsbedingt und am Rande der Nachweisgrenze. Über die Jahre gleichen sie sich wieder aus.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch.