Aktuelle Entwicklungen bei transgenen Tieren

Fische, Schweine, Mücken: Gentechnik bei Tieren

Bisher werden in der Landwirtschaft keine gentechnisch veränderten Tiere genutzt. In der Entwicklung befinden sich jedoch eine Reihe von Tieren, bei denen etwa Wachstum oder Krankheitsresistenz mit Hilfe gentechnischer Methoden verändert wurden. Zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen und Krankheitserregern werden transgene Insekten entwickelt.

Transgener und nicht-transgener Lachs

Größenvergleich des gentechnisch veränderten AquAdvantage-Lachses (im Hintergrund) mit einem herkömmlichen atlantischen Lachs (im Vordergrund). Beide Tiere haben das gleiche Alter.

Quelle: Aqua Bounty Technologies

Enviropig

Enviropigs: Gentechnisch veränderte Schweine mit einer verbesserten Phosphatverwertung am Forschungsinstitut der Universität von Guelph.

Quelle: University of Guelph

Moskito (Aedes aegypti)

Die Mückenart Aedes aegypti kann Dengue-Fieber und Gelbfieber übertragen.

Quelle: University of California, Davis

Gentechnisch veränderte Fische: Beschleunigtes Wachstum und leuchtende Farben

Transgene Fische für Aquakulturen (z.B. Lachse, Forellen, Karpfen, Buntbarsche) werden seit mehr als 15 Jahren vor allem in den USA, Kanada, Japan, Taiwan, Norwegen und in Großbritannien entwickelt. Allerdings sind bisher nur gentechnisch veränderte Fische mit beschleunigtem Wachstum nahe an der Markteinführung. Das Unternehmen Aqua Bounty hat in den USA einen Zulassungsantrag für den so genannten AquAdvantage-Lachs bei der zuständigen US-Behörde FDA gestellt. Dieser gentechnisch veränderte Atlantische Lachs enthält ein zusätzliches Gen für ein Wachstumshormon aus einem pazifischen Lachs und eine spezielle Regulationseinheit, wodurch das Hormon auch im Winter produziert wird. Dies führt zu einem etwa doppelt so schnellen Wachstum.

Aquakulturen und die Optimierung der Fische für diese Aufzuchtmethode boomen seit einigen Jahren. Vor dem Hintergrund der Überfischung von Wildbeständen werden mittlerweile 50 Millionen Tonnen Fische und Krebse in Aquakulturen aufgezogen.

Zusätzlich zu den herkömmlichen Züchtungsverfahren werden bio- und gentechnologische Verfahren entwickelt, von denen aber noch keines in der Praxis angewendet wird. Neben der Wachstumsbeschleunigung sollen weitere Eigenschaften gentechnisch erzeugt werden:

  • Beschleunigung des Muskelwachstums durch Hemmung von Myostatin. Dieses Protein verlangsamt normalerweise das Muskelwachstum. Bei solchen Fischen konnte die Muskelmasse um bis zu 20 Prozent erhöht werden.
  • Resistenzen gegen Krankheitserreger: Insbesondere in Aquakulturen sind wegen der hohen Besatzdichte Krankheitserreger oft ein Problem.
  • Kältetoleranzen: Durch Übertragung beispielsweise von „antifreeze“-Genen aus Fischen polarer Regionen können Zuchtfische wie der Lachs an kältere Aufzuchtregionen angepasst werden.

Transgene Fische müssen vor der Marktzulassung auf ihre Lebensmittelsicherheit überprüft werden. Insbesondere werden aber die möglichen negativen Umweltfolgen diskutiert. Kritiker befürchten, dass gentechnisch veränderte Fische aufgrund ihrer neuen Eigenschaften Wildbestände verdrängen könnten, wenn sie aus den Aufzuchtstationen entkommen würden.

Im Falle des wachtumsbeschleunigten AquAdvantage-Lachses zögert die US-Zulassungsbehörde FDA seit mehr als zehn Jahren mit der Zulassung. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Tiere gilt nach FDA-Einschätzung seit Mitte 2010 als gesichert. Die Tiere unterschieden sich nach einem FDA-Gutachten in ihrer Nährstoff- und Vitaminzusammensetzung nicht von herkömmlichen Lachsen. Auch könnten sich die Tiere nicht in Wildbeständen ausbreiten, weil das Unternehmen Aqua Bounty nur sterile weibliche Tiere vermarkten will. Als zusätzliche Sicherungsmaßnahme soll die Aufzucht nur in Aquakulturen im Inland und nicht in Fisch-Farmen im Meer erfolgen.

Im Sommer 2010 sah es kurzzeitig so aus, als könne der AquAdvantage-Lachs zugelassen werden. Die FDA veranstaltete aber zuvor noch eine öffentliche Anhörung, bei der unter anderem Umwelt- und Verbraucherorganisationen zu Wort kamen und die von heftigen öffentlichen Diskussionen und Protesten begleitet wurde. Danach empfahlen Experten, zunächst noch weitere Untersuchungen durchzuführen.

Bereits kommerziell erhältlich sind dagegen transgene Zebra-Fische mit Fluoreszenzgenen für die Grundlagenforschung. Diese fluoreszierenden Tiere diesen als Modellorganismen, um z.B. die Entwicklung von Organen untersuchen zu können. In den USA und Taiwan sind die Tiere auch als „leuchtende“ Zierfische für private Aquarien erhältlich. Fluoreszierende Skalare und Zebrabuntbarsche werden voraussichtlich ab 2012 auf den Markt gelangen.

Schweine mit „effizientem Phosphatverbrauch“

Wissenschaftler der kanadischen Universität von Guelph arbeiten seit 1999 an der Entwicklung eines gentechnisch veränderten Schweins, das Phosphat besser verwerten kann. Normalerweise können Schweine das in pflanzlichem Futter enthaltene Phosphat nur unzureichend nutzen. Dort liegt es größtenteils gebunden als Phytin vor. Daher wird dem Futter sehr häufig mineralischer Phosphor oder das Enzym Phytase zum Abbau des Phytins zugefügt. Dies führt jedoch zu hohen Phosphatausscheidungen über Gülle und Schweinemist in die Umwelt. Hohe Phosphatmengen machen Trinkwasser unbrauchbar und führen in Gewässern zu Algenblüten und zur Ausscheidung von toxischen Stoffwechselprodukten aus den Algen.

Die Enviropig genannten Yorkshire-Schweine tragen ein bakterielles Phytase-Gen mit einer Regulationseinheit aus der Maus. Dadurch produzieren sie das Enzym Phytase in ihrer Mundspeicheldrüse. Beim Kauen wird das Enzym dem Futter beigemischt und es kommt anschließend im Magen zur Freisetzung von Phosphat aus Phytin. Das Phosphat kann dann vom Tier effizient verwertet werden. Die Phosphatausscheidungen der transgenen Tiere sind daher um bis zu 65 Prozent geringer als die von konventionellen Schweinen. Darüber hinaus würden für die Landwirte die Futtermittelkosten sinken.

Das neue Gen könnte mit üblichen Züchtungsschritten auf andere Rassen übertragen werden. Eine Verengung der genetischen Diversität bei Hausschweinen und eine damit verbundene höhere Anfälligkeit für Krankheiten und andere Überzüchtungserscheinungen wäre daher nicht zu erwarten. Eigenschaften wie Vitalität, Wachstum und Zahl der Nachkommen sind im Vergleich zu herkömmlichen Schweinen unverändert. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass die Tiere nicht unter der gentechnischen Veränderung leiden.

Im Jahr 2010 erteilten die kanadischen Behörden die Genehmigung für den Aufbau einer ganzen Herde dieser Tiere, die ausschließlich Forschungszwecken dient und unter geschlossenen Bedingungen gehalten werden muss. Anfang 2012 stellte jedoch der wichtigste Geldgeber, der Industrieverband Ontario Pork, seine finanzielle Unterstützung ein. Das würde das vorläufige Aus für das Projekt bedeuten, sollte die Universität von Guelph nicht noch einen anderen kommerziellen Partner finden.

Transgene Insekten: Verdrängung von Artgenossen oder von Krankheitserregern

Zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen und Krankheitserregern sollen in Zukunft auch gentechnisch veränderte Insekten eingesetzt werden. Bei den transgenen Insekten, mit denen bereits Freisetzungsversuche durchgeführt wurden, handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Sterile Insect Technology (SIT), das Zurückdrängen von Insektenpopulationen durch das Freisetzen steriler Artgenossen.

SIT wurde im großen Maßstab erstmals in den sechziger und siebziger Jahren in den USA angewendet, um eine Schmeißfliegenart zu bekämpfen, die bis dahin große Schäden in Viehbeständen angerichtet hatte. Dazu wurden wiederholt Millionen von Fliegen freigesetzt, die im Labor gezüchtet und durch radioaktive Bestrahlung sterilisiert worden waren. Paarten sich diese mit wilden Artgenossen, blieb der Nachwuchs aus. Auf diese Weise konnte die Fliegenpopulation praktisch ausgerottet werden. Allerdings müssen seitdem jedes Jahr erneut sterile Fliegen freigesetzt werden, wenn auch in kleinerem Maßstab. Die Technik wurde und wird seitdem vielfach angewendet, beispielsweise zur Bekämpfung von Tse-Tse-Fliegen und Fruchtfliegen. 2010 wurden in der Zeitschrift Nature Biotechnology die Ergebnisse einer vierjährigen Studie veröffentlicht, in der das wiederholte Freisetzen steriler Falter des Baumwollkapselwurms in Arizona erfolgreich als Alternative zur Refugien-Strategie erprobt wurde.

Inzwischen versuchen Wissenschaftler, anstelle der Sterilisierung durch radioaktive Bestrahlung ein Transgen in das Genom des jeweiligen Insektes einzubringen, dessen Genprodukt den Nachwuchs im Larvenstadium tötet. Die britische Firma Oxitec hat ein solches Gen unter anderem in Mücken der Art Aedes aegypti eingebracht, die die Erreger des Dengue-Fiebers und des Gelbfiebers übertragen. 2009 und 2010 führte die Firma mit diesen Mücken Freisetzungsversuche auf den Cyaman-Inseln durch, die zu Großbritannien gehören. Zum Jahreswechsel 2010/2011 gab es einen Freisetzungsversuch in einem dünn besiedelten Waldgebiet in Malaysia. In beiden Fällen werfen Umwelt- und Bürgergruppen Oxitec und den jeweiligen Regierungen mangelhafte Information der Öffentlichkeit vor.

Kritiker warnen davor, dass ökologische Nischen, die durch das Verschwinden von Insektenpopulationen entstehen, durch andere Insekten besetzt werden könnten. Das könne unvorhersehbare und unkontrollierbare Veränderungen im jeweiligen Ökosystem zur Folge haben wie beispielsweise die Ausbreitung neuer Krankheitserreger oder neuer Pflanzenschädlinge. Wissenschaftler, die transgene Insekten entwickeln, halten dem entgegen, dass es sich bei Schadinsekten in der Regel nicht um einheimische Insekten handelt. Die Methode sei artspezifisch und würde andere Insekten nicht beeinträchtigen.

Ein anderer, neuerer Ansatz berücksichtigt, dass Krankheiten wir Malaria, Gelbfieber und Dengue-Fieber gar nicht von den Insekten verursacht werden, die den Menschen stechen; die Insekten übertragen nur die eigentlichen Krankheitserreger. 2012 gelang es Wissenschaftlern vom Institut Pasteur und der University of California, Anopheles-Mücken gentechnisch so zu verändern, dass sie Antikörper produzieren, die gegen den Malaria-Erreger Plasmodium falciparum gerichtet sind. In den bisherigen Untersuchungen konnten sich in diesen Mücken keine Plasmodien mehr entwickeln und vermehren.

Zur Zeit gibt es noch keine internationalen Richtlinien für die Freisetzung gentechnisch veränderter Insekten. 2006 gab es einen Bericht von der Internationalen Atomenergiebehörde, die gemeinsam mit der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) unter anderem zum Einsatz der Sterile Insect Technology im Pflanzenschutz forscht. Das United States Department of Agriculture (USDA) veröffentlichte 2008 eine Stellungnahme zu gentechnisch veränderten Pflanzenschädlingen. 2010 wurde im Auftrag der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA ein umfassender Bericht über den Stand der Forschung bei transgenen Insekten und über Anforderungen für die Sicherheitsbewertung erstellt.