SiFo-Projekt: Wirkungen von Bt-Mais auf Blattläuse und ihre Gegenspieler

Allein im Maisfeld

Maisfeld

Ende Juni, vormittags, halb zehn Uhr am Feldrand - wie verabredet. Ein riesiges Maisfeld, mehrere Versuchszelte, aber kein Mensch zu sehen, obwohl der Mais maximal 1,30 Meter hoch steht und man locker darüber hinweg gucken kann.

Jörg Leopold

Dr. Jörg Leopold, der das Projekt leitet, an seinem Arbeitsplatz an der Uni

Ausschlusszelt in hoch gewachsenem Maisfeld

In Zelten soll der Einfluss der Maisvarianten auf Blattläuse bzw. ihre Gegenspieler unter Freilandbedingungen, untersucht werden.

Blattläuse auf einem Blatt

Ein Maisblatt voll mit Blattläusen. Der Befall wird gezählt und die verschiedenen Arten bestimmt.

Schlupfwespe, die aus der Mumie einer Blattlaus schlüpft

Die Weibchen der Schlupfwespe belegen die Blattläuse mit je einem Ei. Nach ein bis zwei Tagen schlüpft eine Larve, die sich vom Innern der Blattlaus ernährt. Sie durchläuft mehrere Stadien, bevor sie sich nach etwa zehn Tagen in der mittlerweile völlig ausgefressenen Blattlaushülle verpuppt und eine sogenannte „Blattlausmumie“ entsteht. Nach weiteren fünf Tagen schlüpft die ausgewachsene Schlupfwespe aus der mumifizierten Blattlaus.

Leopold am Eingang eines der insektendichten Zelte

Wie sich später herausstellt, reichen aber schon leichte „Unebenheiten“ - Hügel wäre deutlich zu viel gesagt - , dass man doch nicht alles überblickt. Eine Meldung per Handy an Herrn Leopold, den Projektleiter. Er kommt an den Feldrand, was aber fünf bis zehn Minuten dauert.

Das Feld ist 27 Hektar groß, davon 17,5 Hektar Versuchspflanzen, der Rest ist Mantelsaat. Heute ist Leopold - wie meistens - alleine auf dem Feld. Aber auch wenn Kollegen da sind, heißt das nicht, dass er viel von diesen sieht. Denn wenn man nur einige Meter voneinander entfernt ist, findet man sich kaum noch ohne Handy oder Walkie-Talkie. Unglaublich eigentlich, zumal der Mais ja noch nicht mannshoch ist!

Und tatsächlich, kurze Zeit später ist das gerade besichtigte Zelt nicht mehr zu sehen, obwohl es jetzt bestimmt nur etwa fünfzehn Meter entfernt ist.

Rufen ist auch ziemlich sinnlos, da der Mais durch den Wind laut rauscht.

Für Notfälle haben die Forscher einen roten Eimer. Der wird auf den nächsten Weg zwischen den Parzellen gestellt, damit man eine bessere Chance hat, per Handy jemanden herzulotsen, für den Fall, dass man nicht selber bis zum Feldrand kommen kann; Fuß verknickt o.ä. kann ja ausreichen.

Eine Befürchtung ist, von Wildschweinen besucht zu werden. Spuren sind regelmäßig zu sehen. Bei der Vorstellung hier früh bzw. spät in der Dämmerung auf dem Feld zu sein, erscheint diese Befürchtung nicht ganz abwegig.

Da das Dienstauto von der Uni nicht über Wochen hinweg „entführt“ werden kann, wird Leopold an den Standort gebracht und bleibt dort für ein paar Tage. Die Fahrtzeit wäre zu lang, um jeden Tag hinauszufahren. Untergebracht ist er in einer Pension im nächstgrößeren Ort. Entweder er bringt für die Strecke sein Fahrrad mit, oder es wird halt gelaufen. Heute ist er zu Fuß. Also nach einem langen Tag auf dem Feld noch vier bis fünf Kilometer laufen, bevor Dusche und Abendbrot erreicht sind.

Blattläuse zählen, bestimmen, beobachten

In diesem von Leopold bearbeiteten Projekt sollen mögliche Auswirkungen der gentechnischen Veränderung im Mais auf Blattläuse und ihre spezialisierten Gegenspieler, z.B. Schlupfwespen, untersucht werden. Dazu muss zunächst der Befall bestimmt werden. Da es dieses Jahr sehr viele Blattläuse gibt, muss Leopold über mehrere Wochen hinweg jede Woche drei Tage auf das Feld.

Auf der Versuchsfläche stehen in Parzellen zwei verschiedene Bt-Maislinien sowie zum Vergleich die gleichen Linien ohne gentechnische Veränderung - die so genannten isogenen Linien - und mehrere andere konventionelle Sorten. Jede Variante wird auf verschiedenen Parzellen mehrmals wiederholt. Daher hat Leopold eine Karte, auf der die Parzellen mit den jeweils verschiedenen Bepflanzungen eingezeichnet sind. Zusätzlich gibt es eine Reihe von Hilfszeichen, die es ermöglichen immer wieder dieselben Pflanzen zu finden und zu untersuchen. Denn nur bei gleichem Standort und gleicher Pflanze können mögliche Effekte auf Unterschiede zwischen den Varianten zurückgeführt werden.

Da der Befall dieses Jahr recht hoch ist, heißt das viel zählen. Und natürlich schauen, was für Arten auftreten. Außerdem werden Blattlausmumien gesammelt und dann im Labor die darin parasitierenden Gegenspieler zum Schlüpfen gebracht und untersucht.

Aber auch Blattläuse werden gesammelt, weil diese sich häufig nach Parasitierung in den Boden zurückziehen. Wenn man also nur die Mumien auf den Blättern erfasst, erhält man keinen vollständigen Überblick. Die gesammelten Blattläuse werden im Labor auf Pflanzen gesetzt, bei denen die Erde unten am Stängel durch Gips abgedichtet wurde, so dass man die nach unten wandernden Blattläuse erwischt und auf Parasitierung hin untersuchen kann.

Außerdem gilt es den Zeltversuch zu betreuen. Es gibt drei Varianten insektendichter Zelte, eine mit transgenem Mais, eine mit nicht-transgenen Vergleichs- pflanzen (isogene Linie) und eine mit einer sehr oft in Deutschland angebauten konventionellen Sorte. In den Zelten soll der Einfluss der Maisvarianten auf Blattläuse bzw. ihre Gegenspieler am Beispiel der Schlupfwespe Aphelinus abdominalis gezielt unter Freilandbedingungen, aber ohne natürliche Gegenspieler untersucht werden.

Deshalb wurden die Zelte zu Beginn des Frühjahrs aufgestellt, als die Maispflanzen gerade mal fünf bis zehn Zentimeter groß waren und bevor „nützliche Räuber“ - Prädatoren - in die Zelte einwandern konnten. In den Zelten wurden dann Mitte Juni Blattläuse ausgesetzt, die die Maispflanzen in den Zelten besiedeln sollten. Dies erweist sich, obwohl es Blattläuse sind, die aus Maisfeldern stammen und obwohl es ein für Blattläuse günstiges Jahr ist, als schwierig. Eventuell müssen noch einmal Blattläuse in die Zelte gesetzt werden. Danach dann die Schlupfwespen. Ca. acht Tage dauert es, bis die Blattlausmumien entstehen. Und dann noch einmal ca. zehn Tage bis aus den Mumien eine neue Generation der Parasitoide schlüpft.

Die Spreu vom letzten Jahr

Überall liegt Spreu vom letzten Jahr. Die Pflanzenreste wurden im letzten Jahr nicht untergepflügt, sondern so auf dem Feld belassen. Die Überlegung dabei ist, dass in dieser Spreu gerne Maiszünsler überwintern, gegen die der transgene Mais resistent ist. Ein starker Befall durch den Maiszünsler ist hier erwünscht, weil dann eher Unterschiede zwischen den Maisvarianten zu erwarten sind.

Für dieses Jahr sieht es - laut Leopold - in Bezug auf den Maiszünsler-Befall gut aus, da er abends viele der kleinen Schmetterlinge herumfliegen sieht.

Nach einer guten Stunde im Maisfeld ist der Besuch zu Ende. Leopold hat noch einen langen Tag vor sich - Blattläuse zählen, sammeln und bestimmen. Nachmittags, während dieser Bericht entsteht, beginnt es zu regnen. Und was hatte Leopold in dieser Woche zu Hause in Göttingen vergessen? - Seine Regensachen.