Serie: Das Jahr im Versuchsfeld, Teil 1

Bt-Mais und Arthropoden: Besuch bei Thripse & Co.

Mitte Juli 2002. Der Mais steht schon fast brusthoch. „Dreißig Zentimeter kann er pro Woche wachsen“, erzählt Achim Gathmann „vorausgesetzt, das Wetter spielt mit, es müsste schon ein bisschen mehr Sonne da sein.“ Achim Gathmann leitet ein Forschungsprojekt, das sich vorgenommen hat, die verwirrende Vielfalt der Arthropoden, das sind hier vor allem Insekten und Spinnen, im Maisfeld zu untersuchen.

Achim Gathmann

Achim Gathmann bei der „Bonitur“, d.h. beim Zählen und Bestimmen von Insekten an der Maispflanze

junger Mais

In jeder Parzelle gibt es vier mit rot-weißem Band markierte Pflanzen.

Gelbschale: Durch die gelbe Farbe angelockt, geraten die Tiere in die Falle. Zum Entleeren der Falle wird die Konservierungsflüssigkeit durch ein Sieb abgekippt

Die in einer Gelbschale gefangenen Insekten werden in einem Sieb aufgefangen.

Mit der Pinzette werden sie in ein Glasröhrchen gegeben.

Zuletzt wird das Sieb noch ausgespült.

Die Fallen-Ausbeute

Bodenfalle

Bodenfalle

Fangrahmen

Stech-oder Fangrahmen

Unkrautstreifen im Maisfeld

Unkrautstreifen - Oase für Schmetterlingslarven

Erntereste

Spreu vom letzten Jahr, in der die Maiszünslerlarven überwintert haben.

„Dort drüben“, er weist mit dem Zeigefinger auf einen schmalen Streifen Mais, der schon etwas höher steht als der übrige Mais, „das ist Mantelsaat. Davon haben wir zwischen den einzelnen Parzellen und am Rand schmale Streifen gepflanzt. So können wir uns gut orientieren.“

Insgesamt 24 Parzellen gibt es, ein Feld mit 15 Parzellen und eins mit neun. Auf diesen Feldern werden drei verschiedene Varianten Mais angepflanzt: Transgener Bt-Mais, die so genannte isogene Ausgangslinie, das ist die gleiche Sorte, aber ohne gentechnische Veränderung, und zusätzlich die isogene Linie mit einer Insektizidspritzung. Jede der drei Varianten kommt in acht Wiederholungen vor, die nach einem bestimmten Muster schachbrettartig auf den Feldern verteilt sind. Diese Anordnung nennt sich Versuchsdesign.

Das Ziel des Forschungsprojektes ist es nun, herauszufinden, ob sich die Arthropoden- Population in den verschiedenen Mais-Varianten unterscheidet. Gibt es auf den Bt-Mais-Parzellen weniger, mehr oder gleich viele Blütenbesucher und Blattlausfresser? Und verändert sich etwas in der Zusammensetzung der Artengemeinschaft?

In der jetzigen Phase des Projektes besteht die Arbeit vor Ort im wesentlichen aus dem Entleeren der aufgestellten Fallen, deren Ausbeute dann im Labor ausgewertet wird. Es gibt aber auch in jeder Parzelle vier Pflanzen, die für die so genannte Bonitur vorgesehen sind, d.h. an diesen, immer wieder den gleichen Pflanzen werden an Ort und Stelle mindestens alle zwei Wochen Blattläuse und andere Tiere gezählt und bestimmt. Diese Pflanzen sind mit einem Band markiert und immer in der Diagonalen nach einem bestimmten Muster oder Reihenabzählschema angeordnet, da finden sich nur geübte „Feldarbeiter“ zurecht.

Im Maisfeld lebt es sich gefährlich

Das Maisfeld lässt sich gut begehen, ohne die Pflanzen zu beschädigen. Es ist genügend Platz zwischen den Stängeln. Zielstrebig findet Achim Gathmann die erste Falle, eine Gelbschale.

Gelbschalen gibt es auf jeder Parzelle eine in der Mitte. Durch die gelbe Farbe angelockt, sind jede Menge kleiner und kleinster Tierchen in die Falle geraten. Sie schwimmen in Äthylenglycol, das ist eine Konservierungs-Flüssigkeit, die nun zum Entleeren der Falle durch ein Sieb abgekippt wird. Mit einer Pinzette wird der Siebinhalt in ein Glasröhrchen mit 70prozentigem Äthanol eingefüllt. Und siehe da, aus der zusammengeklebten Masse sind wieder erkennbare Insekten geworden. Jetzt wird das Sieb noch ausgespült, damit auch ja keine noch so kleine Thripse - das sind z.B. Gewittertierchen, die gerade mal zwei Millimeter messen - verlorengeht.

Es geht weiter zur nächsten Falle. Ein Loch im Boden mit einem Gefäß darin und mit einem kleinen Dach darüber, damit es nicht reinregnet. Die Bodenfallen sollen die Insekten nicht anlocken, weder durch Geruch noch durch eine Farbe, sie sollen sozusagen im Vorbeigehen reinfallen. Die Bodenfallen enthalten die gleiche Flüssigkeit wie die Gelbfallen.

Und schließlich gibt es Fangrahmen. Die sind ziemlich groß, etwa ein mal ein Meter und mit einer Art Gaze bespannt. Damit werden Tiere gefangen, die aus dem Boden an die Oberfläche kommen. Wenn diese aus dem Rahmen raus wollen, laufen sie immer an der Wand lang und deshalb ist in jeder Ecke des Rahmens eine Bodenfalle. Diese Fallen sind vor allem für Spinnen und Laufkäfer gedacht.

Die Fallen werden jede Woche geleert. Pro Parzelle je eine Gelbschale und ein Fangrahmen sowie zwei Bodenfallen, das sind bei 24 Parzellen immerhin 96 Fallen, die zu leeren sind.

„Arten im Gelände ansprechen“

So ein Maisfeld beherbergt an die tausend verschiedene Arthropoden-Arten, davon können natürlich nur einige wenige gezählt, bestimmt und beobachtet werden. Interessant sind verschiedene Pflanzenfresser, z.B. Thripse, das sind so genannte Fransenflügler, von denen es etwa zehn verschiedene Arten gibt. Und natürlich die Blattläuse mit drei bis vier Arten und einige ihrer Gegenspieler, wie zum Beispiel Schwebfliegen, Marienkäfer oder Blattlauslöwen.

Arten im Gelände ansprechen, erläutert Herr Gathmann, ist Wissenschaftler-Deutsch und heißt: Arten vor Ort erkennen und bestimmen.

Hin und wieder gibt es kleine lichte Streifen im Maisfeld. Das sind Unkrautstreifen mit ausgesätem Gelbsenf und weißem Gänsefuß als Nährpflanzen für verschiedene Schmetterlingslarven. Im Rahmen des Projektes soll nämlich auch untersucht werden, ob Bt-Mais einen Einfluss auf Schmetterlingslarven in benachbartem Unkraut hat.

Warten auf den Maiszünsler

Zur Zeit fliegt der Maiszünsler und die Weibchen legen ihre Eier an der Unterseite der Maisblätter ab. Wenn die Larven gerade geschlüpft sind, das ist der einzige Zeitpunkt, an dem der Zünsler wirksam bekämpft werden kann. Denn schnell haben sich die Larven in die Stängel hinein gefressen und dort sind sie sicher. Bis zur Ernte fressen die Larven, dann überwintern sie in den Stoppeln. Der fertige Schmetterling schlüpft Mitte Juni bis Anfang Juli.

Bald wird zu beobachten sein, in welchem Maße die drei verschiedenen Maisvarianten vom Zünsler befallen werden.