SiFo-Projekt: Bodenentgiftung mit gentechnisch veränderten Pappeln

Pappeln: Bewährungsprobe im Freiland

Juni 2003. Industrielandschaft Mansfelder Land, lang gestreckte, mitunter pyramidenförmige Halden, stillgelegte und verlassene Produktionsanlagen. Hier im ehemaligen Kupferabbau-Gebiet, werden gentechnisch veränderte Pappeln drei Jahre lang im Freiland getestet.

Kontrollfläche mit wenig belastetem Boden. Hier sind die Pappeln bereits in 2002 ausgepflanzt worden.

Pappeln, die in 2002 angepflanzt wurden. Dies ist die Fläche mit nur geringen Kupferkonzentrationen, die so genannte Kontrolle

Andreas Peuke begutachtet eine Pflanze.

Frisch ausgepflanzte Pappeln auf mittelschwer belastetem Boden

frisch ausgepflanzte Pappeln auf schwer belastetem Boden

Frisch ausgepflanzte Pappeln am Standort mit schwer belasteter Fläche

Versuchsdesign:
Flächen mit Kupferbelastung in Deutschland - gemäßigtes Klima - und in Russland - extremes kontinentales Klima.
Es gibt jeweils Flächen mit niedriger, mittlerer und hoher Kupferbelastung.
Verglichen werden transgene Pappeln mit Wildtyp-Pappeln (Pappeln der gleichen Art ohne gentechnische Veränderung)

Freiland. An drei Standorten im Mansfelder Land sind Pappeln ausgepflanzt worden auf Böden, die unterschiedlich stark mit Kupfer belastet sind.
Eine junge Pappelpflanze, ausgepflanzt im Juni 2003

Erst in der letzten Woche ausgepflanzte junge Pappel in einer Schutz-Manschette

 Pappeln zur Bodensanierung. Durch die gentechnische Veränderung können die Pappeln in erhöhtem Maße Schwermetalle aufnehmen, entgiften und in ihren Blättern deponieren.
In vitro. 
Zunächst werden die transformierten Pflänzchen im Reag

Kleine Pappelpflanzen in Röhrchen auf einem Nährboden

Gewächshaus. Die kleinen Pflanzen kommen dann ins Gewächshaus - erst noch mit einem Glas darüber. Hier herrschen milde Bedingungen.

Pappelpflanzen in Boden im Gewächshaus. Zuerst werden sie noch mit einem Glas abgedeckt.

Freiland-ähnliche Bedingungen. Als nächstes werden die Pappel-Pflanzen in Freiland-ähnliche Bedingungen ausgepflanzt.

gentechnisch veränderte Pappeln im Freiland-ähnlichen Versuch.

Auch hier sind die Sicherheitsauflagen streng: Die transgenen Pflanzen dürfen nicht in den Boden gepflanzt werden, sondern nur in Töpfe und es muss eine Folie untergelegt werden. Oben drüber wird ein Netz gespannt gegen Vogelfrass und drum herum steht ein Bauzaun, damit die Kaninchen nicht rein können.

In Laborversuchen hatten Wissenschaftler der Universität Freiburg herausgefunden, dass Wildtyp-Pappeln in besonderem Maße in der Lage sind Cadmium anzureichern. Durch eine gentechnische Veränderung konnte diese Fähigkeit noch verstärkt werden. Im Gewächshaus nahmen die transgenen Pappeln innerhalb eines Monats bis zu 15 Prozent des eingesetzten Cadmiums auf.

„Wenn das auch im Freiland funktioniert“, erläutert Projektleiter Andreas Peuke, „dann könnte eine mit Schwermetallen kontaminierte Fläche in einem Zeitraum von etwa 25 Jahren saniert sein.“

Pappeln bringen dafür die besten Voraussetzungen mit. Sie wachsen das ganze Jahr über, und sie wachsen schnell, produzieren also viel Biomasse und haben ein ausladendes Wurzelsystem, womit sie weit in den Boden eindringen. Etwa alle drei bis fünf Jahre würden die Bäume abgeerntet und das Pflanzenmaterial kontrolliert verbrannt.

Aber das ist vorerst nur eine Idee. An Freisetzungsstandorten in Deutschland und in Russland soll sich nun erst einmal zeigen, ob diese Pappeln auch unter Freiland-Bedingungen wie erwartet Schwermetalle aufnehmen und ob diese Fähigkeit von Dauer ist, d.h. die gentechnische Veränderung auch stabil bleibt. Denn Bäume haben ein langes Leben und was nützt die Fähigkeit zur beschleunigten Schwermetall-Aufnahme, wenn sie nach kurzer Zeit verloren geht?

Die Kontrollfläche

Andreas Peuke fährt voraus zum ersten von insgesamt drei Freisetzungsstandorten im Mansfelder Land. Die drei Flächen haben unterschiedlich mit Kupfer belastete Böden, es gibt eine stark und eine mittelschwer belastete Fläche, sowie eine nur gering belastete Kontrollfläche.

Zu Fuß geht es dann durch hüfthohes Gras und Gestrüpp zur Kontrollfläche mit nur wenig belastetem Boden. Um das Gelände herum ist ein Wildschutzzaun. „Bei Wildschweinen nützt der allerdings nicht viel“, weiß Andreas Peuke zu berichten, „wenn die nicht ausweichen können, brechen die einfach durch.“ Bei einem überschaubaren Gelände wie diesem - die Versuchsfläche misst 50 mal 50 Meter - können die Tiere in aller Regel ausweichen. Bei größeren Flächen werden in solche Zäune zusätzlich Schleusen eingebaut, damit die Wildschweine sozusagen offene Türen einrennen und an der gegenüberliegenden Seite gleich wieder rausrennen.

Die Pappeln sind im vorigen Jahr hier ausgepflanzt worden. Sie sind sehr unterschiedlich gewachsen, manche sind gerade mal einen halben Meter hoch, andere überragen schon die Köpfe. „Hier draußen entwickeln sich die Pflanzen ganz anders“, kommentiert Andreas Peuke, „sie sehen robuster aus als die Pflanzen im Gewächshaus, haben kleinere und härtere Blätter.“ Drei oder vier der jungen Bäume sind eingegangen. Transgene und Wildtyp-Pappeln sind nicht zu unterscheiden. Sie sind nach dem Zufallsprinzip durcheinander gepflanzt worden. Rundherum wachsen als Randbepflanzung Wildtyp-Pappeln.

Strenge Sicherheitsauflagen

Es muss einiges getan werden, um ein sicheres „containment“ der gentechnisch veränderten Bäume zu gewährleisten, d.h. es muss vorsorglich verhindert werden, dass sich transgenes Pflanzenmaterial über die Grenzen der Versuchsfläche hinaus verbreiten kann.

So muss sicher gestellt sein, dass die Bäume nicht blühen. Das tun sie normalerweise auch nicht innerhalb von drei Jahren - solange dauert der Versuch - , dennoch muss das ständig kontrolliert und eventuell auftretende Blütenknospen entfernt werden. Und das, obwohl die verwendeten Pflanzen weibliche Klone sind, die keinen Pollen ausbilden, der sich verbreiten könnte.

Am Ende des Versuchs müssen die Pflanzen mitsamt Wurzelstöcken gerodet werden. Blätter und Holzmaterial sollen geschreddert und verbrannt werden in einer Verbrennungseinrichtung mit Rauchgasreinigung. Da die Pappeln in der Lage sind, Wurzelschösslinge zu bilden, muss es nach Beendigung des Versuchs zwei Jahre lang dann noch eine Nachkontrolle geben, um eventuelle Austriebe zu vernichten. Eine 15 Meter breite Fläche um das Freisetzungsgelände herum soll in diese Kontrolle mit einbezogen werden.

Im Herbst muss über die gesamte Fläche ein Netz gespannt werden, damit kein Laub verweht und dann im Boden verrottet - auch um einen Wiedereintrag der Schwermetalle in den Boden zu verhindern.

Labor, Gewächshaus, Freiland-ähnliche Bedingungen

Das fremde Gen, welches in die Pappeln eingebracht wurde, stammt aus dem Bakterium E.coli. Dieses Gen bewirkt, dass in den Pflanzen mehr Glutathion gebildet wird. Ein erhöhter Glutathion-Gehalt macht die Pflanzen toleranter gegenüber Schwermetallen. Bei Schwermetall-Stress sind sie dann in der Lage Phytochelatine zu bilden. Das sind kleine Schwermetall bindende und entgiftende Peptide, die aus dem Grundbaustein Glutathion hergestellt werden und in die Vakuolen, die mit Zellsaft gefüllten Hohlräume der Pflanzenzellen, transportiert werden.

Die Wissenschaftler aus Freiburg haben die gentechnische Transformation nicht selber vorgenommen. Sie vermehren bereits transformierte Pflanzen. „Normalerweise lassen sich Pappeln vermehren, indem einfach ein Stöckchen in Erde gesetzt wird“, erzählt Andreas Peuke, „bei dieser Pappel funktioniert das nicht, weil es in ihrem Erbgut Gene der Zitterpappel gibt und die macht das so nicht mit.“

Man lässt die kleinen Pflänzchen also Blätter mit Knospen entwickeln und zur Vermehrung werden sie einzeln zerpflückt, jedes Blatt mit Knospe kommt in ein Röhrchen auf feuchten Agar. Sind sie groß genug, werden sie ins Gewächshaus in richtigen Boden gepflanzt, aber erst mal noch mit einem Glas darüber. Im Gewächshaus herrschen milde Bedingungen, das UV-Licht wird durch das Glas gefiltert und es gibt keine Beanspruchung durch Wind.

Im einem nächsten Schritt werden die jungen Pflanzen Freiland-ähnlichen Bedingungen mit Wind und Wetter ausgesetzt.

Erste Ernte

Auf den anderen beiden Flächen im Mansfelder Land sind die Pappeln erst in diesem Jahr frisch ausgepflanzt worden. Beerntet werden konnten im Herbst 2002 deshalb nur die Pflanzen der Kontrollfläche. Von jedem Typ wurden je zehn aus dem Feld rausgeholt und Holz und Blätter daraufhin untersucht, ob das Transgen noch vorhanden ist. Es zeigte sich, dass die Pappeln hinsichtlich der gentechnischen Veränderung über die ganze erste Vegetationsperiode stabil waren. Beim Schwermetallgehalt gab es wie erwartet keinen Unterschied zwischen Wildtyp- und transgenen Pappeln, weil der Boden der Kontrollfläche ja nur geringfügig mit Kupfer belastet ist.

Ende September/Anfang Oktober sollen nun auch die frisch ausgepflanzten Pappeln zum ersten Mal beerntet werden.

In Kooperation mit der Universität Tübingen wird dann im nächsten Jahr der Frage nachgegangen, ob die gentechnische Veränderung sich auf Bodenpilze auswirkt, bzw. ob die enge Beziehung, die die Bäume in wechselseitigem Nutzen mit den Pilzen eingehen, beeinträchtigt wird. Auch die Fähigkeit zur Schwermetall-Aufnahme hängt davon ab, ob diese Symbiose ungestört möglich ist. Und schließlich soll untersucht werden, ob das fremde Gen an Pilze und Bodenbakterien weitergegeben wird, es also zu einem horizontalen Gentransfer kommt.