Diskussion über Gentechnik und Sicherheitsforschung

Zwei Welten am Versuchsfeld

Vielleicht war es einfach zu heiß für hitzige Wortgefechte. Eine bunte Gruppe von Gentechnik-Gegnern besuchte das Versuchsgelände im brandenburgischen Dahnsdorf, auf dem die Biologische Bundesanstalt gentechnisch veränderte Pflanzen testet. Hier wissenschaftliche Detail-Argumente, dort politische Pauschal-Kritik: Man redete viel, aber aneinander vorbei.

Erschöpft nach langer Diskussion. Mitglieder des Aktionsbündnisses und Vertreter des BBA-Instituts für Integrierten Pflanzenschutz: Prof. Ulrich Burth (Mitte), Bernd Hommel und Stefan Kühne (rechts)

Herbizidresistenter Mais. Bernd Hommel berichtet von den Erfahrungen mit den Anbauversuchen. Ganz anders als bei den üblichen „aufgeräumten“ Maisfeldern stehen hier zwischen den Maispflanzen viele „Unkräuter“ in beachtlicher Höhe. Die Ursache ist die Wirkungsweise des Herbizids, das zusammen mit den transgenen Pflanzen eingesetzt wird. Es wirkt über die Blätter, nicht über den Boden und wird nur in einer frühen Wachstumsphase der Maispflanzen gespritzt. Später wachsen Unkräuter nach.

Sicherheitsforschung unter Bewachung. Der Wohnwagen (links) dient als Quartier für den Wachdienst, der den Versuch seit der Zerstörung im Frühjahr 2002 schützen soll.

Sicherheitsforschung: Für wen und wozu? Zwei Interviews.

Thomas Janoschka, Barnimer Aktionsbündnis gegen Gentechnik. „Nicht der Verbraucher profitiert von der Sicherheits- forschung, sondern die Firmen, die ihre Produkte verbessern und damit Geld verdienen wollen.“

Dr. Bernd Hommel, Projektleiter bei der BBA. „Wir wollen keine neuen Kartoffelsorten auf dem Markt haben, die einen höheren Aufwand an chemischen Pflanzenschutz- mitteln erfordern, egal ob gentechnisch verändert oder konventionell gezüchtet.“

„Es wird Zeit, die Versuche stärker ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren.“ Das Barnimer Aktionsbündnis gegen Gentechnik hatte aufgerufen, das Versuchsgelände der BBA (Biologische Bundesanstalt) in Dahnsdorf, 70 km südwestlich von Berlin zu besuchen.

Neben vielen Parzellen, auf denen dort Konzepte des Integrierten Pflanzenschutzes und des Ökologischen Landbaus getestet werden, stehen auch Versuche mit gentechnisch veränderten Mais-, Raps und Kartoffelpflanzen.

Als die knapp zwanzig Kritiker auf das Versuchsgelände radeln, werden sie von den BBA-Mitarbeitern bereits erwartet. Schon länger suchen sie das Gespräch mit der Aktionsgruppe, in deren Umfeld sie auch diejenigen vermuten, die im letzten Jahr zwei Versuchsfelder zerstörten. Seitdem wird das Gelände rund um die Uhr bewacht.

Vor allem Bernd Hommel, bei der BBA für die Versuche mit GVO-Pflanzen zuständig, hat sich viel vorgenommen. Nicht nur das übergeordnete Ziel des Integrierten Anbaus - so wenig Pflanzenschutzmittel wie möglich, so viel wie nötig - will er erläutern. Er möchte auch zeigen, dass es keine Patentrezepte gibt, sondern verschiedene Konzepte mit Vor- und Nachteilen.

Aus Sicht von Bernd Hommel gehören alle Verfahren auf den Prüfstand des praxisnahen Versuchs - der Ökologische Landbau genau so wie der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen.

„Risiko Gen-Mais“ und die Mühen der Forschung

Hier steht gentechnisch veränderter Mais mit Herbizidresistenz, dort Raps. Die BBA-Wissenschaftler interessiert, ob das System aus herbizidresistenter Pflanze und passendem „Breitbandherbizid“ tatsächlich den Aufwand an Pflanzenschutzmitteln senken und die biologische Vielfalt fördern könnte. Bernd Hommel sieht Vorteile, aber auch Probleme. Er betont die Notwendigkeit einer unabhängigen Begleitforschung. Etwas weiter entfernt stehen Nisthilfen für Mauerbienen. Hier wird untersucht, ob Pollen aus GVO-Raps, der in Sichtweite angebaut wird, von den Bienen aufgenommen wird und was in ihrem Darm damit passiert.

Doch von den Mühen der Forschung, von aufwändigem Versuchsaufbau und vorsichtigen Interpretationen der Ergebnisse wollen die Kritiker wenig wissen. Ihre Vorbehalte gegenüber der grünen Gentechnik sind fundamental, und da hat auch Sicherheitsforschung keinen Platz.

Die Pflanzen-Gentechnik ist eine Risikotechnologie - das ist für sie selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Begründung. „Die Mehrheit der Verbraucher will keine Gentechnik im Essen. Das zeigen alle Umfragen.“ Diesen Willen gegen die Interessen der großen Konzerne durchzusetzen, haben sich die Aktivisten zur Aufgabe gemacht.

Gegen diese Gewissheit haben es die differenzierten Argumente der BBA-Wissenschaftler schwer. „Raps-Pollen fliegt doch viel weiter als angenommen. Haben Sie auch in drei Kilometern auf Auskreuzungen untersucht,“ bohrt einer aus dem Aktionsbündnis nach. „Wir finden nichts,“ entgegnet Bernd Hommel. „Da drüben an der Straße steht konventioneller Raps. Wenn wir da einzelne Pflanzen untersuchen, können wir keine Auskreuzung nachweisen. Das ist so selten, wir müssten uns eigentlich jedes Samenkorn anschauen.“

Beruhigungsforschung

Für die Kritiker ist jede Auskreuzung eine „Vergiftung“. Die Wahlfreiheit, die sie im Namen der Verbraucher-Mehrheit fordern, gibt es aus ihrer Sicht nur bei einem Verzicht auf die Grüne Gentechnik. Da macht auch Sicherheitsforschung keinen Sinn. „Die soll der Gentechnik nur ein positives Image geben und die Akzeptanz verbessern. Sicherheitsforschung dient letztlich nur der Durchsetzung der Gentechnik in der Landwirtschaft,“ sagt Thomas Janoschka vom Aktionsbündnis.

Es bleibt friedlich an diesem Nachmittag in Dahnsdorf. Man hört sich zu, tauscht Sichtweisen aus. Manchmal, beim Gang über die weitläufige Versuchsanlage, gibt es freundliche Fachsimpeleien über Landwirtschaft, Gartenbau und die gnadenlose Trockenheit dieses Sommers. Doch bei der Gentechnik ist schnell zu spüren, dass die gemeinsame Gesprächsebene fehlt. Es waren doch zwei fremde Welten, die da aufeinanderprallen.