Sicherheitsforschung Gerste

Mykorrhiza - eine gelungene Symbiose

Die Freisetzungsfläche der Universität Gießen mit gentechnisch veränderter Gerste ist Anfang Juli noch vor dem Ausreifen der Ähren abgeerntet worden. Die geplante Erfassung der Ertragsleistung war nicht mehr möglich, weil ein Teil des Versuchsfeldes durch Gentechnik-Gegner zerstört wurde. Die wichtigsten Ziele des Versuches können nun aber uneingeschränkt verfolgt werden. Karl-Heinz Kogel, Leiter der Abteilung Phytopathologie an der Universität Gießen und seine Mitarbeiter wollen herausfinden, ob die zusätzlichen Gene in zwei transgenen Gerstenlinien nützliche Mykorrhiza-Pilze schädigen, die mit den Pflanzenwurzeln in Symbiose leben.

Versuchsfeld mit gentechnisch veränderter Gerste Prof. Karl-Heinz Kogel von der Universität Gießen und seine Mitarbeiter untersuchen die Auswirkungen der gentechnischen Veränderung auf nützliche Mykorrhizapilze, die mit den Pflanzenwurzeln in Symbi

Projektleiter Karl-Heinz Kogel am Versuchsfeld. Zwei transgene Gerstenlinien und ihre nicht-transgenen Ausgangslinien wurden hier im April ausgepflanzt. Inzwischen ist die Freisetzungsfläche abgeerntet worden.

Transgene Gerste unterm Netz. Mitarbeiter des Projektes begutachten Wachstum und Gesundheit der Gerstepflanzen. Das Netz soll verhindern, dass Vögel und andere Kleintiere mit den transgenen Sorten in Berührung kommen.

Mitarbeiter des Projektes begutachten Wachstum und Gesundheit der Gerstenpflanzen. Das Netz soll verhindern, dass Vögel und sonstige Kleintiere mit den transgenen Sorten in Berührung kommen.

Im Innern der Wurzelzellen bilden die endophytisch lebenden Mykorrhiza-Pilze Hyphenstrukturen zur Aufnahme von Nährstoffen, so genannte Arbuskeln

Im Innern der Wurzelzellen bilden die endophytisch lebenden Mykorrhizapilze Hyphenstrukturen zur Aufnahme von Nährstoffen, so genannte Arbuskeln.

„Vitalfärbung“ einer intakten Arbuskel im Innern einer Pflanzenzelle

Chlamydosporen - ungeschlechtliche Fortpflanzungszellen - des Mykorrhizapilzes

Chlamydosporen - ungeschlechtliche Fortpflanzungszellen - des Mykorrhiza-Pilzes „Glomus mossae“

 Vergleich mit (rechts) und ohne (links) Mykorrhiza Pflanzen werden durch Besiedlung mit Mykorrhiza-Pilzen vor Krankheiten geschützt, hier Befall mit einem Getreidepathogen.

Pflanzen werden durch Mykorrhiza-Besiedlung vor Krankheiten, hier Befall mit dem Getreidepathogen Cochliobolus sativus, geschützt: rechts mit, links ohne Mykorrhiza.

Wurzeln mit (rechts) und ohne (links) Mykorrhiza Die Wurzeln sind mit einem Getreidepathogen infiziert.

Wurzeln von Cochliobolus infizierten Pflanzen, rechts mit, links ohne Mykorrhiza

In eine der beiden gentechnisch veränderten Gerstenlinien des Versuches wurde ein Gen für eine Chitinase aus dem Bodenpilz Trichoderma harzianum, der seit vielen Jahren im biologischen Pflanzenschutz verwendet wird, eingebracht. Die Chitinase zersetzt Hyphenwände von parasitären Pilzen und macht somit die Pflanzen widerstandsfähiger gegenüber Pilzinfektionen. Die zweite transgene Linie enthält ein Gen für eine Glukanase aus einem Bodenbakterium und soll die Verwertbarkeit der Gerste zur Fütterung von Geflügel verbessern.

Um nun herauszufinden, ob die Chitinase und die Glukanase der transgenen Gersten auch Pilze angreifen, die für die Pflanze von Vorteil sind, wurden auf dem Versuchsfeld zum Vergleich auch die jeweiligen konventionellen Ausgangssorten angebaut. Auf einer Hälfte des Versuchsfeldes wurde dann ein kommerziell erhältliches Mykorrhizapilz-Präparat in den Boden eingearbeitet. Sollten die nützlichen Mykorrhiza-Pilze geschädigt werden, könnte sich das bereits an einem geringeren Pflanzenwachstum zeigen, weil Mykorrhiza-freie Pflanzen weniger Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen können.

Der wechselseitige Nutzen von Pflanze und Pilz

Mykorrhiza-Pilze leben in Symbiose mit Pflanzenwurzeln, d.h. die beiden Partner, Pflanze und Pilz, bilden eine Lebensgemeinschaft zu wechselseitigem Nutzen. Der Pilz versorgt die Pflanze mit Nährstoffen wie Phosphat, die Pflanze bietet dem Pilz einen geschützten Lebensraum und versorgt ihn darüber hinaus mit Kohlenhydraten. Wissenschaftler schätzen, dass Mykorrhiza-Pilze seit nahezu 500 Millionen Jahren existieren und Ökosysteme stabilisieren. So wird vermutet, dass sie z.B. eine wesentliche Rolle beim Übergang der Pflanzen vom Meer aufs Land gespielt haben.

Die Pflanze profitiert auf vielfältige Weise von ihrem Partner. Sie wächst besser, sie ist geschützt vor Krankheiten, sie kann besondere Bedingungen wie Hitze oder hohe Salzkonzentrationen besser tolerieren. Man weiß heute, dass Mykorrhiza-Pilze das antioxidative Potenzial der Pflanze erhöhen, wahrscheinlich eine Erklärung für die erhöhte Stresstoleranz der Pflanze.

Mykorrhiza-Pilze, die in Symbiose mit Gerste leben, entwickeln sich endophytisch d.h. innerhalb der Wirtspflanze. Sie wachsen in den Wurzelzellen und bilden dort Hyphengeflechte, so genannte Arbuskeln, mit denen sie Nährstoffe aus den Pflanzen aufnehmen. Arbuskuläre Mykorrhiza-Pilze, wie sie deshalb auch genannt werden, sind sehr weit verbreitet und kommen in nahezu allen Ökosystemen der Erde vor. Mehr als achtzig Prozent der Landpflanzen leben in Symbiose mit solchen Wurzelendophyten.

Was wird untersucht?

Nach der Ernte der freigesetzten Pflanzen werden nun in einem nächsten Schritt die Wurzeln von transgener und nicht-transgener Gerste auf Befall mit Mykorrhiza-Pilzen sowie parasitären Pilzen untersucht. Daran lässt sich zum einen die Resistenz der Pflanzen gegenüber im Boden ständig vorkommenden pflanzenschädigenden Pilzen ablesen; zum anderen ergibt sich gleichzeitig ein klares Bild über den Einfluss der Chitinase und Glukanase auf Mykorrhiza-Pilze. Diese Untersuchungen erfolgen zunächst mit Hilfe des Mikroskops, indem - vereinfacht gesagt - Pilzhyphen und Sporen in der Pflanzenwurzel ausgezählt werden. Daran schließt sich ein molekularbiologisches Verfahren an, die quantitative PCR, um ein genaueres Bild über die Menge der unterschiedlichen Pilze in den Wurzeln zu bekommen. Ergeben sich durch diese Untersuchungen Hinweise auf eine Schädigung (oder Förderung) der Mykorrhiza-Pilze in den transgenen Pflanzen, werden weitere detaillierte Feinuntersuchungen von Pilzorganen, wie etwa die Struktur der Arbuskeln, mit Hilfe eines modernen zellbiologischen Verfahrens, der konfokalen Lasermikroskopie, durchgeführt.