Bt-Mais und Boden

Den transgenen Molekülen auf der Spur

Gentechnisch veränderter Bt-Mais bildet einen insektiziden Wirkstoff: Bt-Toxin. Die Pflanzen geben dieses Bt-Toxin in geringen Mengen auch in den Boden ab, insbesondere durch die nach der Ernte auf dem Feld verbleibenden Pflanzenreste. Im Labor des Johann Heinrich von Thünen-Institutes (vTI) wird seit vielen Jahren der Einfluss von Bt-Toxin auf den Boden untersucht. Christoph Tebbe und seine Arbeitsgruppe haben hierfür ein Standardverfahren angepasst und verfeinert. Damit ist es nun möglich, auch sehr geringe Spuren des Bt-Toxins in Umweltproben nachzuweisen. Fazit der bisherigen Untersuchungen: Die Bt-Konzentrationen im Boden sind so gering, dass negative Auswirkungen auf Bodenorganismen nicht zu erwarten sind.

Interview mit Prof. Dr. Christoph Tebbe vom Institut für Biodiversität am Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)) in Braunschweig
(Juli 2010)

ELISA: Mit einer Mehrkanalpipette ist eine relativ zügige Aufarbeitung der vielen Proben möglich. So kann zum Beispiel immer in acht Gefäße parallel Antikörperlösung hinzugegeben werden.

ELISA-Platte mit 72 Proben. Zu sehen ist die Farbreaktion in den kleinen Reaktionsgefäßen. Die dunkler gefärbten Lösungen enthalten mehr Bt-Toxin als die helleren. Die gesamte Platte kann automatisch vermessen werden.

Maßeinheiten:

1 g = 1 1000 mg
1 mg = 10-3 1000 µg
1 µg = 10-6 1000 ng
1 ng = 10-9 1000 pg
1 pg = 10-12

g = Gramm
mg = Milligramm
µg = Mikrogramm
ng = Nanogramm
pg = Pikogramm

Abbau von Bt-Protein im Boden

Abbau des Bt-Toxins (Cry3Bb1) im Boden (qualitativ nach Größenordnung)

Mit der Nachweismethode ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay) können Bt-Toxine sehr empfindlich nachgewiesen werden. Bei dieser Methode werden Antikörper verwendet, die spezifisch an das jeweilige Bt-Toxin binden. Mit der Bindung wird eine Enzymreaktion ausgelöst, die wiederum eine Farbreaktion hervorruft. Diese kann automatisch abgelesen werden und daraus dann die Konzentration des Bt-Toxins berechnet werden. In den so genannten ELISA-Platten können gleichzeitig mehrere Proben in verschiedenen Verdünnungsstufen - insgesamt bis zu 96 Proben - gemessen werden.

Von der Bodenprobe zur Proteinlösung

Bis aus den Bodenproben und Pflanzenresten vom Feld die klare Flüssigkeit wird, die im ELISA-Test untersucht wird, müssen sie allerdings einige Bearbeitungsstufen durchlaufen.

Aus den Bodenproben werden Blatt- und Wurzelreste entfernt, die Erde gesiebt und dann unter starkem Rühren mit einem salzhaltigen so genannten Extraktionspuffer gemischt, der die Proteine rauslöst. Um die Extraktion der Proteine zu optimieren, wird die Mischung eine Stunde bei Raumtemperatur stehen gelassen, bevor sie dann zentrifugiert wird. Wegen der sehr geringen Konzentrationen haben die Wissenschaftler noch eine Ultrafiltration eingefügt, bei der die Lösung um das siebzehnfache konzentriert wird. Die resultierende Lösung ist klar und kann direkt in den ELISA eingesetzt werden.

Zu untersuchendes Pflanzenmaterial wird erst gewaschen und von Erde befreit, dann in flüssigem Stickstoff gefroren und mit dem Mörser zerkleinert, bevor es mit dem Extraktionspuffer gemischt wird. Weil in den Pflanzenresten höhere Gehalte an Bt-Toxin zu erwarten sind, wird hier nicht wie bei der Erde die Lösung noch mal zusätzlich konzentriert.

Mit dem ELISA-Testsystem ist es der Arbeitsgruppe um Christoph Tebbe möglich, bis zu einer Nachweisgrenze von 0,01 Nanogramm pro Gramm Boden Bt-Toxin nachzuweisen. Das entspricht hochgerechnet einem Zuckerwürfel in einem Würfel von 33 Meter Kantenlänge.

Bt-Toxin im Boden: Sehr geringe Konzentrationen

Das in Bt-Mais eingeführte Gen, das zur Bildung von Bt-Toxin in der Pflanze führt, stammt von einem Bakterium mit dem Namen Bacillus thuringiensis. Obwohl dieses Bakterium überall auch im Boden vorkommt, konnte bislang in natürlichen Böden kein Bt-Toxin nachgewiesen werden. Das liegt daran, dass die Bakterien vorwiegend als ruhende Sporen vorkommen, in denen eine ungiftige kristalline Vorstufe des Bt-Proteins vorliegt - also nicht das freie Bt-Toxin. Die Sporen keimen regelmäßig im Darm von Insekten, wo sie sich auch vermehren. Sie sind aber nur für bestimmte wenige Insektenarten (Wirte) pathogen.

Bt-Toxin wirkt sehr spezifisch gegen bestimmte Fraßfeinde. Christoph Tebbe und seine Arbeitsgruppe haben verschiedene Bt-Toxine untersucht: Cry1Ab, das gegen den Maiszünsler wirksam ist, und Cry3Bb1, auf das der Maiswurzelbohrer empfindlich reagiert.

Die höchste gemessene Cry1Ab-Konzentration in wurzelnahem Boden lag bei 1,9 Nanogramm pro Gramm Boden bezogen auf das Trockengewicht. Dabei handelt es sich um Böden, auf denen zwischen einem und drei Jahren Bt-Mais angebaut wurde. In Maiszünslerlarven wurden mehr als zwei Mikrogramm Bt-Toxin gefunden. Der LD50-Wert, das ist die Konzentration, bei der 50 Prozent der Versuchstiere sterben, liegt für Maiszünslerlarven zwischen 1,5 und 2,4 Mikrogramm pro Gramm. D.h., die Konzentration, die nötig ist, um dem Schädling etwas anhaben zu können, liegt etwa um das 1000fache höher als der höchste im wurzelnahen Freilandboden gemessene Wert.

Cry3Bb1 wurde von der Arbeitsgruppe von Christoph Tebbe mit maximal 1,65 Nanogramm pro Gramm Rhizosphären-Boden nachgewiesen. Für den Zielorganismus des Cry3Bb1 Bt-Toxins, den Maiswurzelbohrer, liegen die LD50-Werte mit ebenfalls ca. ein Mikrogramm pro Gramm wiederum sehr viel höher.

Wenn man bedenkt, dass die beiden Maisschädlinge die jeweils empfindlichsten Organismen gegenüber Cry1Ab bzw. Cry3Bb1 sind, kann davon ausgegangen werden, dass eine um Faktor 1000 geringere Konzentration im Boden auch für andere Tiere, die auf und im Boden leben, keine schädlichen Auswirkungen hat. Von einer anderen Arbeitsgruppe wurden z.B. in Laufkäferlarven 0,2 Mikrogramm Toxin gefunden, ohne dass die Tiere dadurch beeinträchtigt wurden.

Bt-Toxin wird abgebaut

Christoph Tebbe geht davon aus, dass die zur Verfügung stehende Nachweisempfindlichkeit im Hinblick auf eine direkte Toxizität ausreicht. Allerdings müsse man bedenken, dass es bei Nicht-Zielorganismen auch sublethale Einflüsse gibt, also etwa Auswirkungen auf die Vermehrungsrate. Diese könnten unter Umständen auch bei geringeren Konzentrationen auftreten, wenn die Organismen dem Toxin über einen längeren Zeitraum ausgesetzt sind. Allerdings werden Bt-Toxine in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit und den klimatischen Bedingungen relativ schnell abgebaut. Ein Teil kann länger im Boden überdauern, es kommt aber nicht, wie oftmals befürchtet, zu einer Anreicherung des Toxins über die Jahre.

Christoph Tebbe zieht aus seinen Untersuchungen und aus den Ergebnissen anderer Projekte der Sicherheitsforschung den Schluss, dass zumindest der sehr gut untersuchte Bt-Mais Mon810 mit dem Bt-Toxin Cry1Ab als sicher eingestuft werden kann. Insbesondere im Vergleich mit herkömmlichen Insektizidbehandlungen sei Bt-Mais ökologisch unbedenklich. Da die unterschiedlichen Bt-Toxine aber sehr unterschiedliche Wirtspektren haben und auch unterschiedlich stark von den jeweiligen transgenen Pflanzen gebildet werden, legt der Wissenschaftler Wert auf eine Untersuchung und Bewertung von Fall zu Fall. So ist die Konzentration von Cry3Bb1 in den Pflanzenzellen der untersuchten Maissorte um ein Vielfaches höher als von Cry1Ab in MON810, im Boden jedoch wird Cry3Bb1 sehr viel schneller abgebaut.

Cry 3Bb1
Wurzel Blatt Wurzel nach Ernte Blätter nach Ernte Wurzel- Boden freier Boden
Größen- ordnung 100µg/g
(10-4)
10 µg/g
(10-5)
1 µg/g
(10-6)
0,1 µg/g
(10-7)
10 ng/g
(10-8)
1 ng/g
(10-9)
0,1 ng/g
(10-10)
LD 50 für Mais- wurzel- bohrer in Lauf- käfern ohne Wirkung in Trauer- mücken- larven ohne Wirkung

Cry3Bb1-Konzentrationen in verschiedenen Pflanzenteilen und Böden

Cry1AB (MON810) Cry3Bb1 (MON88017)
ELISA Nachweis- grenze 0,01 ng/g Trockengewicht
Wurzel 10-20 µg/g (während der Maisblüte) Ca. 100-370 µg/g
Wurzel nach Ernte 3-8 µg/g (4 bis 6 Wochen nach der Ernte)
(nicht nach Blatt/Wurzel differenziert)
Im Mittel 2 µg/g (2,9 µg/g bez. auf 2005-2007)
Halbes Jahr nach Ernte: 0,3 bis 19 ng/g
Blätter nach Ernte 162 ng/g
Wurzel- Boden max. 1,9 ng/g
im Mittel 0,4 ng/g (während der Maisblüte)
max. 1 ng/g
im Mittel 0,18 ng/g während der Vegetationszeit
0,1 ng/g drei Wochen nach der Ernte
freier Boden 0,01 – 0,08 ng/g (4 bis 6 Wochen nach der Ernte)
15 Monate nach Ernte kein Nachweis mehr möglich
überwiegend unter der Nachweisgrenze, 0,01-0,03 ng/g
max. 0,19 ng/g
LD 50
Mais- zünsler
1,55 – 2,42 µg/g
4-100 ng/cm²
LD 50
Mais- wurzel- bohrer
0,3-1 µg/ml Diät
10,4 µg/cm²

Vergleich Cry1Ab und Cry3Bb1-Gehalte in verschiedenen Pflanzenteilen und Böden sowie LD50-Werte der jeweiligen Zielorganismen