Risikoaspekte der Gentechnik bei Gehölzen

Gehölze: Ausbreitung verhindern

Gehölze haben eine Besonderheit, die für die Risikobewertung gentechnischer Eingriffe von großer Bedeutung ist: Sie haben eine extrem lange Lebensdauer. Selbst die vergleichsweise kurzlebige Pappel, die ein beliebtes Modellobjekt der Gentechnik ist, erreicht ein Alter von hundert und mehr Jahren. Gentechnische Veränderungen können also über lange Zeiträume wirken. Zudem sind die Ausbreitungsgewohnheiten bei Gehölzen vielfältig und noch wenig erforscht.

Die zumeist fremdbefruchtenden Gehölze kreuzen sich gerne mit ihrer Wildart bzw. mit verwandten Arten. Pollen und Samen von Bäumen breiten sich u.U. sehr weit aus. Wenn der Pollen je nach Wetterlage in hohe Luftschichten gerät, trägt der Wind ihn auch schon mal hundert Kilometer weiter. Manche Gehölzarten verfügen auch über effektive Mechanismen, sich vegetativ zu vermehren.

Um das Risiko einer Ausbreitung von Transgenen grundsätzlich zu vermeiden, werden deshalb weltweit Strategien entwickelt, wie sich der durch Pollen oder Samen gezielt verhindern lässt (biologisches Confinement).

Sterile frühblühende Pappel

Männlich sterile früh blühende Pappel

Apfelblüte

Durch Übertragung eines Gens aus Birke wurden Apfelpflanzen dazu gebracht, schon im ersten Jahr zu blühen

Am Institut für Forstgenetik in Großhansdorf wird seit vielen Jahren daran gearbeitet, bei Pappeln männliche bzw. weibliche Sterilität zu erzeugen. In Projekten der biologischen Sicherheitsforschung werden dort aktuell zwei Confinement-Systeme überprüft. Bei einem Ansatz wurde männliche Sterilität erzeugt, so dass die Pollenbildung unterbleibt, bei einem anderen Konzept wird der Pollen zwar gebildet, enthält aber keine Transgene mehr.

Ob solche Confinement-Strategien erfolgreich sind, hängt entscheidend auch davon ab, wie stabil die neu eingeführten Gene über längere Zeiträume sind. Möglicherweise verändern sich die gentechnisch eingefügten Merkmale im Laufe der Entwicklung und Alterung. Bei Gewächshausversuchen mit transgenen Zitterpappeln hatte sich gezeigt, dass bereits innerhalb kurzer Zeiträume Instabilitäten auftreten können.

Auch in der Apfelforschung am Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst in Dresden-Pillnitz werden im Rahmen der biologischen Sicherheitsforschung Confinement-Konzepte sowohl mit männlicher Sterilität als auch mit samenlosen Früchten überprüft. Am Dresdener Institut wird auch der Frage nachgegangen, ob die Aktivität von Genen in nicht-transgenen Apfelpflanzen durch Pfropfung auf eine transgene Apfelpflanze als Unterlage beeinflusst werden kann. Das hätte den Vorteil, das der vermehrungsfähige Teil der Pflanze nicht-transgenen Pollen produziert und damit eine von gentechnisch verändertem Erbgut verhindert würde.

Forschung und Züchtung beschleunigen

Züchtung ist bei Gehölzen ein langwieriger, mehrere Jahrzehnte dauernder Prozess. Neue Eigenschaften können zwar mit Hilfe der Gentechnik in überschaubaren Zeiträumen „eingebaut“ werden, aber es sind dann wiederum Jahre oder Jahrzehnte nötig, um zu überprüfen, ob die gentechnische Veränderung funktioniert und von Dauer ist. Um diesen Prozess zu beschleunigen, werden Bäume durch Übertragung verschiedener „Frühblühgene“ dazu gebracht früher zu blühen. Pappeln, die üblicherweise erst nach etwa acht Jahren blühen, kommen schon nach einigen Monaten bis drei Jahren zur Blüte.

Beim Apfel, der normalerweise nach sechs bis zehn Jahren das erste Mal blüht, ist es durch Übertragen eines Gens aus der Birke gelungen, dass die Pflanzen schon im ersten Jahr zu blühen beginnen. Es ist geplant, transgene früh blühende Apfelpflanzen auch in konventionellen Züchtungsprozessen einzusetzen. Nach mehreren Kreuzungsschritten am Ende des Zuchtprozesses werden dann die Sämlinge weitergenutzt, die die gewünschte Eigenschaft aufweisen, aber nicht mehr transgen sind. Um den Züchtungsprozess zusätzlich zu beschleunigen, wird mit molekularen Markern gearbeitet, d.h. die Apfelsämlinge schon in einem frühen Stadium molekular auf bestimmte Gene hin untersucht.

Übertragung von Transgenen auf Pilze und Bakterien?

Bäume leben in sehr komplexen Ökosystemen mit vielfältigen Wechselbeziehungen, z.B. leben sie in intensiver Symbiose mit Pilzgemeinschaften im Wurzelbereich. Beide zusammen bilden eine so genannte Mykorrhiza. Diese sichert die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen. Sollte eine Übertragung neu eingeführter Gene auf diese nützlichen Pilze stattfinden, wäre auch über sie eine Weiterverbreitung möglich. Auch auf endophytische Bakterien, die natürlicherweise im Inneren verschiedener Pflanzen leben, könnte veränderte Erbinformation übertragen werden.

In mehreren Projekten der Sicherheitsforschung wurde ein möglicher horizontaler Gentransferauf Mykorrhiza-Pilze und endpophytische Bakterien untersucht. Aber weder im Freiland noch unter optimierten Bedingungen im Labor konnte ein horizontaler Gentransfer nachgewiesen werden.