Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln

Strategien gegen einen trickreichen Erreger

Phytophthora infestans, der Erreger der Kraut- und Knollenfäule, zählt zu den wichtigsten Kartoffelkrankheiten. Der kleine Algenpilz verursacht Ernteverluste von jährlich mehr als fünf Milliarden Euro. Die Züchtung widerstandsfähiger Sorten hat bisher keinen dauerhaften Erfolg gebracht, weil der Erreger eingezüchtete Resistenzen immer wieder durchbricht. Mit Hilfe der Gentechnik können Resistenzgene aus Wildkartoffeln in Kulturkartoffeln übertragen werden. Für eine solche Kartoffel der Firma BASF mit dem Markennamen Fortuna wurde nach mehrjährigen Gewächshaus- und Freilandversuchen 2011 die Zulassung beantragt. Eine weitere gentechnisch veränderte Kartoffel, die an der Universität Wageningen entwickelt wurde, wird seit 2008 im Freiland getestet. 2012 ist eine Freisetzung in Irland geplant.

Insbesondere bei feucht-warmer Witterung verbreitet Phytophthora sich rasend schnell. Zunächst bilden sich grau-grüne im weiteren Verlauf braune Flecken auf Stängel und Blättern, an der Unterseite der Blätter ein weißer Pilzrasen. Die Blätter verfaulen schließlich oder vertrocknen. Der Pilz breitet sich vorwiegend in Windrichtung über Sporen aus.

Seit 2006 werden in Schweden, den Niederlanden, Großbritannien, Deutschland und Irland gentechnisch veränderte Kartoffeln, die widerstandsfähig sind gegenüber Phytophthora, im Freiland getestet.

Die Bekämpfung von Phytophthora erfolgt bisher fast ausschließlich durch chemische Pflanzenschutzmittel. In Deutschland werden in einer Anbausaison bis zu 16 Spritzungen vorgenommen. Im Biolandbau wird Phytophthora mit umweltbelastenden Kupferverbindungen bekämpft.

Weil Phytophthora so flexibel und wandlungsfähig ist, arbeitet man in Forschung und Züchtung derzeit weltweit an einem Resistenztyp, der von vielen Genen bedingt wird. Damit erreicht man zwar keinen absoluten Schutz vor Befall, aber der Schutz ist dauerhaft, weil er aufgrund der vielen beteiligten Erbfaktoren nicht so leicht von neu auftretenden Erregertypen durchbrochen werden kann.

Die Erbanlagen für die Widerstandsfähigkeit werden aus Wildkartoffeln in Kultursorten eingekreuzt. Die dabei ebenfalls übertragenen unerwünschten Eigenschaften der wilden Kartoffeln müssen dann aber wieder herausgezüchtet werden, ohne die Resistenzeigenschaften zu verlieren. Wegen der komplexen Vererbung ist das schwierig und zeitaufwändig.

Gentechnik: Übertragung von Resistenzgenen aus Wildkartoffeln

Schon länger wird auch an der Entwicklung Phytophthora-resistenter Kartoffeln mit Hilfe gentechnischer Methoden gearbeitet und geforscht. Das Hauptproblem liegt auch hier in der extremen Wandlungsfähigkeit des Erregers, so dass es nicht ausreicht, nur ein einzelnes für Pilzresistenz verantwortliches Gen zu übertragen.

Eine Erfolg versprechende pilzresistente Kartoffel wurde in den letzten Jahren von der Firma BASF entwickelt. In diese Kartoffel wurden zwei Gene aus mexikanischen Wildkartoffeln übertragen. Dabei gingen die Wissenschaftler genauso vor wie bei der traditionellen Züchtung: Sie suchten Wildkartoffeln, die natürlicherweise eine hohe Resistenz gegenüber dem Erreger der Kraut- und Knollenfäule haben. Bei der mexikanischen Wildkartoffel Solanum bulbocastanum wurden sie fündig. Mit molekularbiologischen Methoden lassen sich die Gene ausfindig machen, die für die Resistenz verantwortlich sind. Sie können isoliert und auf gentechnischem Wege in die Pflanze eingebracht werden.

Nachdem die gentechnisch veränderten Kartoffeln mit dem Markennamen Fortuna in Gewächshausversuchen erfolgreich auf ihre Widerstandsfähigkeit hin getestet wurden, fanden seit 2006 in Schweden, den Niederlanden, Großbritannien, Deutschland und Irland Freilandversuche statt. 2011 beantragte BASF Plant Science die Zulassung der Fortuna-Kartoffel sowohl für den Anbau als auch für eine Verwendung als Lebens- und Futtermittel bei der zuständigen EU-Behörde. Im Januar 2012 zog sich der Konzern allerdings mit seinen Aktivitäten im Bereich der Biotechnologie aus Europa zurück und verlagerte BASF Plant Science aus Deutschland in die USA. Eine Markteinführung der Fortuna-Kartoffel wird in Europa nicht mehr angestrebt.

Auch an der Universität Wageningen wurden Kartoffeln entwickelt, die zwei oder mehr Resistenzgene aus Wildkartoffeln enthalten. Die Wageninger Wissenschaftler verfolgen dabei einen cisgenen Ansatz, d.h. in die Kartoffeln wurden nur Gensequenzen übertragen, die auch aus Kartoffeln stammen. So wurde etwa kein Markergen verwendet, das üblicherweise aus anderen Organismen stammt. Erste Freisetzungen der Wageninger Kartoffeln fanden 2008 statt, 2012 sollen sie in Irland im Freiland getestet werden.

Weitere gentechnische Ansätze

Außer der Möglichkeit, Resistenzgene aus Wildkartoffeln zu übertragen, gibt es noch eine Reihe weiterer Strategien, an denen bislang geforscht wurde:

  • Übertragung pflanzlicher oder bakterieller Gene für Stoffe, die die pilzlichen Zellwände zerstören, z.B. Chitinase oder Glukanase
  • Einschleusen von Genen für bestimmte Proteine, die von Pflanzen zur Abwehr von Pilzen gebildet werden
  • Erhöhung der natürlichen Abwehr mit Hilfe von zwei Genen aus einem Bodenbakterium

Bisher haben diese Bemühungen noch nicht zu gentechnisch veränderten pilzresistenten Kartoffeln geführt, bei denen eine Markteinführung absehbar ist.