Strategien gegen den Maiswurzelbohrer

Maiswurzelbohrer in Europa

Nach Europa eingeschleppt wurde er Anfang der neunziger Jahre. Seitdem verbreitet sich der Westliche Maiswurzelbohrer unaufhaltsam und wird zum Problem. Für seine Bekämpfung wurde ein gentechnisch veränderter Mais entwickelt, der in den USA bereits zugelassen ist. Eine sinnvolle Bekämpfungsstrategie auch in Europa? bioSicherheit sprach mit Stefan Vidal von der Universität Göttingen, Koordinator eines EU-Projektes, das sich mit der Ausbreitung des Westlichen Maiswurzelbohrers beschäftigt.

Stefan Vidal

Prof. Dr. Stefan Vidal,
Experte für die Wechselbeziehungen zwischen Kulturpflanzen und Pflanzen fressenden Insekten

Maiswurzelbohrerlarven fressen an einer Maiswurzel

durch den Maiswurzelbohrer geschädigte Maiswurzeln

Durch den Maiswurzelbohrer beschädigte Wurzeln. Verschiedene Grade der Beschädigung von rechts unbeschädigt bis links total zerstört.
Bild: Bruce Hibbard

biosicherheit: Herr Vidal, wie sehen Sie die weitere Entwicklung? Wird man Angst davor haben müssen, dass sich der Wurzelbohrer in Europa trotz Quarantänemaßnahmen weiter ausbreitet?

Vidal: Klares Ja, weil wir bisher nicht verstehen, über welche Verbreitungswege der Wurzelbohrer z. B. nach Frankreich oder nach Italien gekommen ist. Es gibt zwei unterschiedliche Ausbreitungsmechanismen, einmal die kontinuierliche Ausbreitung von dem ursprünglichen Verbreitungsherd in Südosteuropa ausgehend in alle Richtungen, nach Österreich über die Donau und damit dann auch nach Bayern via Passau. In dieser Region sollte er über diesen Weg als erstes auftreten. Des Weiteren gibt es eine sprunghafte Ausbreitung, die letztes Jahr z.B. in Frankreich, in der Nähe von Paris, festgestellt worden ist. Von dort wird es eine konzentrische Ausbreitung in alle Richtungen geben, so dass wir also auch z. B. über das Elsass in Baden-Württemberg Einwanderungen erwarten können. In einigen Jahren, vielleicht auch schneller, wird sich der Westliche Maiswurzelbohrer dort ansiedeln. Schließlich gibt es auch noch eine Entwicklung Richtung Tschechei, so dass wir auch in Ostdeutschland, Polen und angrenzenden Regionen den Käfer in absehbarer Zeit erwarten können.

biosicherheit: Dieser neue Bt-Mais der Firma Monsanto ist ja ein Produkt für den amerikanischen Markt. Betrachten Sie diese Bekämpfungsstrategie auch als sinnvoll in Deutschland?

Vidal: Auch wieder ein klares Ja, weil wir davon ausgehen können, dass die Dichten und die Schäden, die der Maiswurzelbohrer in den USA anrichtet, in intensiven Maisanbaugebieten in Europa auch auftreten können. Das wird bestimmte Regionen, auch wieder z. B. an der Donau in Bayern, in Baden-Württemberg, im Tecklenburger Land betreffen. Verschiedene Strategien, die wir durchgespielt haben, zeigen, dass bei kontinuierlichem Maisanbau eigentlich nur eine chemische Bekämpfung oder eben der Einsatz von transgenem Mais eine sinnvolle Strategie darstellen können.

biosicherheit: Das widerspricht manchen Stimmen, die sagen, dass vielleicht auch allein Unterschiede in der Anbaupraxis, also mehr Rotation, andere Fruchtfolgen, ausreichen, um Schäden geringer zu halten.

Vidal: In den Regionen, wo nicht intensiv Mais angebaut wird, haben wir, glaube ich, geringere Probleme im Vergleich zu den USA. Aber die Regionen, die ich eben angesprochen habe, sind genau die Regionen, wo wir Mais nach Mais anbauen, teilweise über Jahre und dort wird es eben die Probleme geben. Zum Teil werden die Landwirte hier gar nicht auf Rotation umstellen können. Hinzu kommt noch ein weiterer Punkt: In Baden-Württemberg gibt es Regionen, wo Saatgutvermehrung gemacht wird und dort wird es ebenfalls große Probleme geben, wenn der Westliche Maiswurzelbohrer auftritt.

biosicherheit: Es gibt Berichte, die sehr interessant klingen, wonach sich der Wurzelbohrer auch auf Fruchtfolgen eingestellt hat, so dass er z.B. in Sojafeldern Eier ablegt, auf denen im folgenden Jahr dann Mais bestellt wird. Was halten Sie von solchen Spekulationen?

Vidal: Das sind keine Spekulationen, das sind Fakten, aber wiederum aus den USA. Diese Anbaupraxis gibt es bei uns in Deutschland bisher nicht, wird es wahrscheinlich auch nicht geben, aber es gibt sie schon in Italien, Soja nach Mais. Wenn wir diesen Biotypus des Käfers hätten, dann würden die Italiener große Probleme bekommen. Die bisherigen Daten zeigen aber, dass dieser Biotypus in Europa nicht vorkommt.

biosicherheit: Kommen wir zum Thema Resistenzbildung. Der neue Bt-Mais der Firma Monsanto enthält ja deutlich weniger Bt-Toxin als die bisherigen Bt-Pflanzen, die gegen den Maiszünsler wirken sollten. Sehen Sie da Konsequenzen für die Resistenzentwicklung?

Vidal: Ja, die Diskussionen, die bei der US-amerikanischen Genehmigungsbehörde EPA auf Grund der geringeren Toxingehalte im MON863 geführt wurden, beziehen sich genau auf die Problematik, dass eine Resistenzbildung bei niedertoxischen Varianten eher zu erwarten ist als bei hochtoxischen, wie z. B. dem MON810. Dies führte im wissenschaftlichen Beirat zu einer Diskussion, wie groß die Refugien sein sollten. Die EPA hat jetzt 20 Prozent vorgeschlagen und als Größenordnung für die nächsten Jahre erst einmal festgesetzt, aber es gab eine Minderheitenmeinung, die vorgeschlagen hat, 50 Prozent als Refugiengröße zu fordern.

biosicherheit: Wie ist da Ihre Meinung? Sind 20 Prozent genug oder wären 50 Prozent nicht nur besser, sondern auch notwendig ?

Vidal: Für die amerikanischen Verhältnisse bei sehr intensivem monokulturartigem Anbau von Mais habe ich Bedenken, dass diese 20-Prozent-Größenordnung nicht ausreicht, um eine Resistenzausbildung zu verhindern. Wir haben es bei dem Westlichen Maiswurzelbohrer mit einer wirklich sehr plastischen herbivoren Insektenart zu tun, die sich bisher an viele verschiedene Anbaubedingungen anpassen konnte, so dass ich gewisse Zweifel hege, ob in den USA zukünftig Resistenzprobleme tatsächlich vermieden werden können. In Europa, bei dem vorhin schon angesprochenen sehr viel kleinparzellierteren Maisanbau sehe ich eine 50-Prozent-Regelung nicht als notwendig an.

biosicherheit: Eine letzte Frage. Sind Sie der Meinung, dass Monsanto diese Bt-Maisvariante auch für Europa zulassen will?

Vidal: Ja, eindeutig.

biosicherheit: Vielen Dank für das Gespräch