Einfluss der Zeaxanthin-Kartoffel auf das Bodenleben – Vielfalt der Bakterien und Pilze im Wurzelraum

(2005 – 2008) Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA), Institut für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit; seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI), Institut für Epidemiologie und Pathogendiagnostik, Braunschweig

Thema

Ziel des Projektes war es, unbeabsichtigte Effekte des Anbaus transgener Kartoffeln mit veränderter Carotinoid-Zusammensetzung (Anreicherung von Zeaxanthin in der Kartoffelknolle) auf die Gemeinschaft der Bakterien und Pilze im Wurzelbereich zu untersuchen. Hier interessierte insbesondere, ob durch die gentechnische Veränderung weitere Stoffwechselvorgänge beeinflusst sind, die die Wurzelausscheidungen (Exsudate) der Kartoffel verändern und in deren Folge die strukturelle und funktionelle Diversität der Pilz- und Bakteriengemeinschaften beeinflusst werden kann.

In diesem Zusammenhang stand auch die Frage, ob Vorkommen und Diversität nützlicher Mikroorganismen – in diesem Fall Antagonisten (Gegenspieler) von schädlichen Pilzen – beeinflusst werden.

Basierend auf früheren Untersuchungen sollte die Hypothese überprüft werden, dass Unterschiede zwischen der Ausgangssorte und der gentechnisch veränderten Linie nicht größer sind als übliche Sorteneffekte.

Zur Analysewurde eine Kombination etablierter methodischer Ansätze und neuer Monitoring-Methoden eingesetzt.

Zusammenfassung

  • Es konnte in diesem Projekt gezeigt werden, dass Effekte durch die transgenen Pflanzen sowohl auf die bakterielle als auch auf die Gemeinschaft der Pilze im Wurzelraum und an der Knollenoberfläche vorhanden waren. Der Einfluss der verschiedenen Kartoffelsorten war aber in allen Fällen größer als der Einfluss der gentechnischen Veränderung.
  • Umweltfaktoren wie Standort, Jahr oder Pflanzenentwicklungsstadium hatten den größten Effekt auf die Zusammensetzung der bakteriellen Gemeinschaften und ihr antagonistisches Potenzial.
  • Die Zahl der bakteriellen Antagonisten der transgenen Linien lag stets innerhalb der natürlichen Sortenvariabilität.
  • Die Zusammensetzung der Pilz-Gemeinschaft im Wurzelraum und im Wurzelinneren wurde hauptsächlich durch den Standort beeinflusst.

Versuchsbeschreibung

Bodenproben aus Freisetzungsversuchen

Die Untersuchungen wurden im Rahmen von Freisetzungsversuchen am Standort Roggenstein (Bayern; 2005, 2007) und in Oberviehhausen (Bayern; 2006, 2007) durchgeführt. Die Probenahmen erfolgten bei zwei transgenen Linien, einer nicht-transgenen Ausgangslinie und vier weiteren konventionellen Sorten zu unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Pflanze (junge, blühende und absterbende Pflanze).

Die Proben sowohl für die Bakterien- als auch die Pilzuntersuchungen wurden aus dem Wurzelraum (Rhizosphäre) und direkt von der Knollenoberfläche (Geocaulosphäre) entnommen. Die Analyse der Mikroorganismengemeinschaften erfolgte durch Kultivierungstechniken und kultivierungsunabhängig durch molekulare Untersuchungen direkt extrahierter DNA.

Kultivierungsabhängige Untersuchungen

Über die kultivierungsabhängige Methode wurden nur diejenigen Bakterien erfasst, die sich auf Nährmedien anziehen lassen und Kolonien bilden. Pilzkolonien wurden ebenfalls isoliert. Mit dieser Methode wurden die koloniebildenden Einheiten bestimmt.

Antagonistische Aktivität. Nach der Bestimmung der Koloniezahlen wurden dominante Bakterienkolonien isoliert und auf ihre antagonistische Wirkung gegenüber drei wichtigen Pathogenen der Kartoffel (Rhizoctonia, Verticillium, Phytophthora) getestet.

Bei den Pilzen galt das besondere Interesse der wichtigen Indikatorgruppe Trichoderma, die häufig antagonistische Aktivität gegenüber Pflanzenpathogenen zeigen. Sie können das Pilzwachstum durch die Bildung zahlreicher Antibiotika oder durch Hyperparasitismus hemmen.

Kultivierungsunabhängige Untersuchungen

Bei diesen Methoden wird die Gesamtheit der Bakterien- und Pilzgemeinschaft erfasst. Charakteristische Abschnitte ribosomaler RNA-Gene (16S rRNA-Genfragmente bei Bakterien und die ITS1-Region bei Pilzen) wurden mittels PCR vermehrt und anschließend einem biochemischen Trennverfahren, der Elektrophorese, unterzogen. Die aufgetrennten DNA-Abschnitte wurden durch Markierung sichtbar gemacht, man erhält ein typisches Bandenmuster - einen genetischen Fingerabdruck.

Strukturelle Diversität. Der Vergleich dieser Fingerabdrücke erlaubt Aussagen über die strukturelle Diversität der Bakterien- und Pilzgemeinschaft, die Variabilität zwischen Wiederholungen, die Unterschiede zwischen transgenen Linien und der Ausgangslinie sowie zwischen Sorten.

Funktionelle Diversität. Mittels PCR und Southern-Blot-Hybridisierung wurden in der direkt extrahierten DNA zusätzlich die Gene nachgewiesen, die für Proteine zur Produktion von Antibiotika codieren

Ergebnisse

Bodenproben

Der erste Feldversuch fand 2005 in Roggenstein statt. Die Versuchspflanzen wurden in zufällig verteilten Parzellen mit je sechs Wiederholungen pro Sorte angebaut. Im Jahr 2005 erfolgte die Genehmigung der Freisetzung für diesen Standort zu spät. Die konventionellen Sorten wurden aber dennoch angebaut, um einen Standortvergleich zu ermöglichen. 2006 kam der Standort Oberviehhausen dazu. Der Versuchsansatz erfolgte nach dem gleichen Muster wie im Jahr zuvor in Roggenstein.

Das Versuchsfeld in Roggenstein

Um die Mikroorganismen- gemeinschaft im Wurzelraum (Rhizosphäre) der Kartoffelpflanze zu bestimmen, werden die Wurzeln abgeschnitten und anschließend „gewaschen“.

Die äußere Haut der Knollen wird manuell entfernt.

Hier werden vier verschiedenen Bakterien daraufhin überprüft, ob sie ein antagonistisches Potenzial gegenüber dem Kartoffelpathogen Phytophthora infestans haben. Dazu werden die Bakterienisolate strichförmig auf eine Agarplatte aufgebracht und P. infestans dazwischen gesetzt. Die Größe des um die Bakterien entstehenden Hemmhofes ist ein Maß für ihr antagonistische Potenzial gegenüber dem Erreger.

Hier sind es vier verschiedene Pilzisolate, deren antagonistisches Potenzial gegenüber dem Kartoffelpathogen Verticillium dahliee – ebenfalls ein Pilz – gemessen wird.

Probenahmen fanden an beiden Standorten zu jeweils drei Entwicklungsstadien statt. Hierbei wurde das Wurzelmaterial von jeweils fünf Pflanzen pro Parzelle zu einer Mischprobe vereinigt. Zusätzlich zum Wurzelmaterial wurden im Jahr 2006 auch die Knollen beprobt. Hierzu wurden pro Sorte fünf Knollen gleicher Größe zu einer Mischprobe zusammengefasst.

Untersuchung der Bakteriengemeinschaft (Gruppe Smalla, JKI Braunschweig)

Kultivierungsabhängige Untersuchungen

- im Wurzelraum (Rhizosphäre). Hierbei zeigten sich signifikante Unterschiede zum Zeitpunkt der Blüte (EC60) in Roggenstein (2005) und für junge bzw. absterbende Pflanzen (EC30 bzw. EC90) in Oberviehhausen (2006). Diese Unterschiede traten sowohl zwischen den transgenen Linien und einigen konventionellen Sorten als auch zwischen verschiedenen konventionellen Sorten auf.

- an der Knollenoberfläche (Geocaulosphäre). Die Oberfläche der Knollen wurde am Standort Oberviehhausen (2006) und am Standort Roggenstein (2007) untersucht, als die Knollen vollständig ausgebildet waren. An beiden Standorten erfolgte zunächst die Bestimmung der koloniebildenden Einheiten. Dabei zeigten sich für beide Standorte signifikante Unterschiede sowohl zwischen einzelnen konventionellen Sorten als auch zwischen den transgenen und einzelnen konventionellen Sorten.

Antagonistische Aktivität. Für die Gesamtzahl der ermittelten Antagonisten aus dem wurzelnahen Raum über alle drei Probenahmezeitpunkte ergaben sich zum Teil signifikante Unterschiede. Diese traten sowohl zwischen der Ausgangssorte „Baltica“ und den transgenen Linien als auch zwischen verschiedenen kommerziellen Sorten auf. Für den Standort Roggenstein resultierten diese Unterschiede vor allem aus dem hohen Anteil der Antagonisten bei der Sorte „Désirée“. Insgesamt lag die Zahl der Antagonisten der transgenen Linien jedoch stets innerhalb der natürlichen Sortenvariabilität.

Kultivierungsunabhängige Analyse

Die Bakterien mit antagonistischer Aktivität aus dem Wurzelraum wurden sowohl phänotypisch als auch genotypisch charakterisiert. Für die genotypische Untersuchung zeigten sich deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Antagonisten in Abhängigkeit vom Standort. Während Antagonisten vom Standort Roggenstein vorrangig der Gattung Pseudomonas (Gammaproteobacteria; 47,2 %) zugeordnet werden konnten, gehörten die Antagonisten vom Standort Oberviehhausen in erster Linie der Gattung Streptomyces (46,7 %) und Bacillus/Firmicutes (29, 2%) an. Der Standort hatte den größten Effekt auf den Anteil und die Diversität von Antagonisten in der Rhizosphäre. Der Effekt der gentechnischen Veränderung der Pflanzen lag hingegen innerhalb der natürlichen Sortenvariabilität bezüglich des untersuchten Merkmals.

Untersuchung der Pilzgemeinschaft (Gruppe Berg, TU Graz)

Kultivierungsabhängige Untersuchungen

- im Wurzelraum (Rhizosphäre). Für die Pilze wurden in allen drei Versuchsjahren an beiden Standorten Werte von durchschnittlich 4 x 105 Pilzkolonien pro Gramm Wurzelfrischmasse gezählt; diese Werte bestätigten die Stabilität der Besiedelung. Geringe Schwankungen zwischen den Probenahmen waren feststellbar, sind jedoch nicht signifikant. Es konnte kein Einfluss der transgenen Veränderung auf die Pilzflora festgestellt werden.

- im Wurzelinneren (Endorhizosphäre). Die Anzahl der Pilze im Wurzelinneren war in allen drei Versuchsjahren sehr gering: sie lag zwischen 0 und 1 x 103 koloniebildenden Einheiten pro Gramm Wurzelfrischmasse. Die pilzliche Besiedlung der Endorhizosphäre der untersuchten Proben war sehr heterogen. Es konnte kein Zusammenhang zwischen der transgenen Veränderung und der Besiedlung im Wurzelinneren festgestellt werden.

- an der Knollenoberfläche (Geocaulosphäre). Die Beprobung der Knollenoberfläche wurde erst im zweiten Projektjahr in Oberviehhausen durchgeführt. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in der pilzlichen Besiedlung von transgenen Linien und konventionellen Sorten festgestellt.

Antagonistische Aktivität. In jeder untersuchten Probe konnten Pilzisolate mit antagonistischer in vitro-Aktivität gegen die drei Kartoffelpathogene nachgewiesen werden. Der Anteil antagonistischer Pilzisolate an beiden Standorten war jedoch sehr unterschiedlich. Es konnte daher auch kein Einfluss der transgenen Veränderung gegenüber der Ausgangslinie für diesen Parameter festgestellt werden.

Kultivierungsunabhängige Analyse

Bei der Analyse der strukturellen Diversität haben sich Mikropilze als herausragende Indikatororganismen für die Bewertung von Einflüssen auf die mikrobielle Gemeinschaft erwiesen. Bei dem Vergleich der kommerziellen Sorten mit den transgenen Varianten zu unterschiedlichen Entwicklungsstadien in unterschiedlichen Böden stellte sich heraus, dass der Standort den größten Einfluss auf die strukturelle Diversität der Pilzgemeinschaft hat.

Für die Pilzgattung Trichoderma konnten spezifische Primer entwickelt werden, die schnell und einfach einen molekularbiologischen Nachweis in den Umweltproben ermöglichen. Es konnten große Unterschiede zwischen den beiden Standorten ermittelt werden. In Oberviehhausen war die Gattung Trichoderma sehr häufig und in hoher Diversität vertreten. Dagegen wurde in Roggenstein eine dreifach niedrigere Anzahl mit einer geringen Artenzahl gemessen. Die Unterschiede zwischen den Sorten waren geringfügig und nicht statistisch signifikant. Dasselbe traf für die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Kartoffel zu.