Transgene pilzresistente Gerste – Auswirkungen auf pathogene und nützliche Pilze

(2005 – 2010) Universität Gießen, Institut für Phytopathologie und Angewandte Zoologie

Thema

Zwei gentechnisch veränderte Gerstenlinien wurden hinsichtlich ihres Effekts auf parasitische und nützliche – in Symbiose mit der Pflanze lebende - Pilze untersucht. Eine der Linien bildet eine Chitinase, ein Protein, das die Auflösung der Hyphenwände von pathogenen Pilzen bewirkt. Die andere Linie bildet eine Glukanase, die den Abbau von Glukanen im Gerstenkorn bewirkt. Beise Gerstenlinien zeigen eine erhöhte Widerstandskraft gegenüber pilzlichen Krankheitserregern. Die Glukanase-Gerste zeigt zusätzlich einen verbesserten Futterwert für die Geflügelaufzucht.

Folgende Fragestellungen wurden bearbeitet:

  • Wie und in welchem Ausmaß werden transgene Pflanzen von schädlichen Pilzen befallen? Wird die Wechselwirkung zwischen Pflanze und nützlichen Pilzen im Freiland beeinflusst? (Projektpartner Universität Gießen)
  • Wie wirkt sich die Bildung der rekombinanten Proteine auf die Expression anderer Gene und auf die Inhaltsstoffe und die Kornqualität aus? (Projektpartner Universität Erlangen)

Im Folgenden wird das Untersuchungsgebiet der Universität Gießen beschrieben.

Zusammenfassung

In Gewächshaus und Freiland zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen transgenen und nicht-transgenen Gerstenpflanzen in der Besiedlung durch nützlich Mykorrhiza-Pilze.

Auch wurde die Funktionalität des Mykorrhizapilzes, d.h. seine unterstützende Wirkung auf das Pflanzenwachstum, durch die gentechnische Veränderung nicht beeinflusst. Dies konnte anhand der Ausbildung von intakten Arbuskeln (Nährzellen) gezeigt werden.

Die Untersuchungen zur Interaktion der transgenen Linien mit schädliche Pilzen, konnten aufgrund der Feldzerstörungen in beiden Versuchsjahren nicht durchgeführt werden. Ebenfalls erfolgte keine Quantifizierung des Kornertrags.

Versuchsbeschreibung

Pflanzenmaterial

Als Pflanzenmaterial stehen zwei transgene Gerstenlinien und ihre nicht-transgenen Elternlinien (Gerstensorten Golden Promise und Baronesse) zur Verfügung. Die Linien wurden von der Washington State University, USA, entwickelt und bereitgestellt. Dort wurde die erhöhte Resistenz der Pflanzen, welche das Gen für Chitinase enthalten, gegenüber dem wichtigen Schadpilz Rhizoctonia solani nachgewiesen. Der Krankheitserreger Rhizoctonia solani tritt heute gerade in Äckern mit pflugloser Bodenbearbeitung - also bei möglichst umweltverträglich geführten Beständen - verstärkt auf. Pfluglose Bodenbearbeitung wird aus ökologischen Gründen (Vermeidung von Bodenerosion, Erhaltung der Bodenstruktur) nach guter landwirtschaftlicher Praxis empfohlen.

Verwendete Gene

  • Chitinase. In die Pflanzen der ersten Gerstenlinie (Elternpflanze Golden Promise) wurde ein Gen eingebaut, das für das Enzym Chitinase kodiert. Es wird in allen Pflanzenteilen gebildet. Chitinasen bewirken den gezielten Abbau von Chitin, dem wichtigsten Bestandteil pilzlicher Hyphenwände. Das Gen stammt aus einem weltweit (ubiquitär) vorkommenden nützlichen Bodenpilz (Trichoderma harzianum), welcher auf einer Reihe wirtschaftlich bedeutender pflanzenschädigender Pilze parasitiert.
  • Glukanase. Pflanzen der zweiten Gerstenlinie Elternpflanze Baronesse) bilden das Enzym ß-1,3-1,4-Glukanase. Das Glukanase-Gen stammt aus einem Bodenbakterium (Bacillus amyloliquefaciens) und wurde in Gerste eingebracht, um die Futterqualität von Gerste für die Geflügelzucht zu verbessern. Sie erhöht die Verdaulichkeit der Gerste, die bislang als Tierfutter nur bedingt einsetzbar war. Eine Nutzung von Gerste als Hühnerfutter wäre aus Nachhaltigkeitsgründen erwünscht.

Gewächshaus und Freiland

Es wurden Gewächshaus- und Freilandversuche durchgeführt. Etwa 5000 Pflanzen wurden pro Jahr im Freiland ausgesät, wegen der Feldzerstörungen konnte nur ein Teil davon untersucht werden.

Freilandversuch mit gentechnisch veränderter Gerste unter einem Sicherheitszelt

Gerste im Freilandversuch unter einem Sicherheitszelt

junge Gerstepflanzen

Junge Gerstepflanzen

 Vergleich mit (rechts) und ohne (links) Mykorrhiza Pflanzen werden durch Besiedlung mit Mykorrhiza-Pilzen vor Krankheiten geschützt, hier Befall mit einem Getreidepathogen.

Pflanzen werden durch Besiedlung mit nützlichen Mykorrhiza-Pilzen vor Krankheiten geschützt: rechts mit, links ohne Mykorrhiza

Studien der Transgen-Effekte auf parasitische und nützliche Pilze

Im Gewächshaus und im Feldversuch wurde die Ausbreitung von Pilzkrankheiten an gentechnisch modifizierten Gerstenpflanzen erfasst und bewertet.

Da die eingeführten Resistenzen unerwünschte Wirkungen auf nützliche Pilze haben könnten, sollten insbesondere mit der Pflanze in Symbiose lebende Pilze untersucht werden. Die Symbiose als Lebensgemeinschaft zweier Organismen ist von wechselseitigem Nutzen für beide Partner (Pilz und Pflanze) und ist sowohl ökologisch als auch agronomisch von großer Bedeutung.

Gewächshaus. Für die Versuche im Gewächshaus wurden die transgenen Gerstenlinien mit zwei Parasiten (Rhizoctonia solani bzw. Fusarium graminearum) und einem nützlichen Mykorrhiza-Pilz (Glomus mosseae) infiziert. Mit G.mosseae besiedelte Pflanzen zeigen eine Reihe positiver Effekte wie etwa verstärktes Wachstum, erhöhte Resistenz gegen Pathogene oder Toleranz gegenüber Salz- und Trockenstress. Um den möglichen Einfluss durch unterschiedliche Enzymkonzentrationen festzustellen, wurden Gerstenlinien, die Chitinase in drei unterschiedlichen Mengen bilden, eingesetzt. Weiterhin wurden eine Glukanase bildende Linie und die Ausgangslinien verwendet.

Freiland. Für die Befallsstudien im Freiland wurde eine Hälfte des Versuchsfeldes mit einem kommerziell erhältlichen Mykorrhizapilz behandelt. Dieser wurde auf das Feld ausgebracht und in den Boden eingearbeitet. Sowohl die zwei transgenen Linien als auch die nicht-transgenen Ausgangslinien wurden auf dieser Fläche ausgebracht. Auf der zweiten Versuchshälfte wurde das gleiche Pflanzenmaterial ausgesät, jedoch wurde kein Mykorrhizapilz ausgebracht.

Im Falle eines negativen Effekts auf nützliche Mykorrhiza-Pilze wird vermutet, dass die gentechnisch veränderten Pflanzen im Vergleich zu den nicht-transgenen Organismen mit geringerem Wachstum auf nährstoffarmen Böden reagieren. Neben der Wachstumsmessung wurde auch die Wurzelbesiedlung der transgenen Linien mit Hilfe moderner Mikroskopieverfahren analysiert.

Mikroskopische Untersuchungen und molekulare Analyse der transgenen Gerstenlinien

Hierzu wurden sowohl Feldpflanzen als auch Gewächshauspflanzen verwendet. Untersuchungen des Pilzbefalls von Wurzel, Blättern und Ähren sollten Aufschluss geben über die Wirkung der beiden Gene gegenüber nützlichen und parasitischen Pilzen. Dazu wurde die Interaktion von Pilz und Pflanze unter dem Mikroskop untersucht. Pflanzliche Abwehrmechanismen gegen schädliche Pilze wurden durch spezielle Färbetechniken sichtbar gemacht.

Ergebnisse

Studien der Transgen-Effekte auf parasitische und nützliche Pilze

Gewächshaus. Es wurde der Frage nachgegangen, ob die in den transgenen Gerstenlinien stabil gebildete Glukanase bzw. Chitinase einen Einfluss auf die Besiedlung durch Parasiten (Rhizoctonia solani bzw. Fusarium graminearum) bzw. auf nützliche Pilze (Glomus mosseae) unter definierten Umweltbedingungen des Gewächshauses haben.

Zur Bewertung des Einflusses der verschiedenen Pilzinfektionen wurden die Pflanzenhöhe, die Anzahl der Bestockungstriebe und der Ähren tragenden Halme zum Zeitpunkt des Ährenschiebens herangezogen. In den mehrjährigen Versuchen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen transgenen und nicht-transgenen Pflanzen in Bezug auf die Besiedlung mit nützlichen Mykorrhizapilzen. Transgene Chitinase-Pflanzen zeigten aber eine Resistenz gegen Rhizoctonia-Befall der Wurzeln.

Freiland. Erhebliche Teile der Freisetzungsfläche wurden im Jahr 2006 sowie in 2007 vor dem Ausreifen der Ähren zerstört. Im Jahr 2008 wurde der Acker durch Gentechnikgegner besetzt. Im Jahr 2009 wurden die Versuche in Groß Lüsewitz unter sonst möglichst gleichen Bedingungen wiederholt. Auch dort wurde versucht, Versuchspflanzen zu zerstören. Aufgrund dieser Eingriffe wurde die Befalls-Studie durch Mykorrhizapilze in allen Versuchsjahren unter Gewächshausbedingungen an transgenen und nicht-transgenen Gerstenlinien zusätzlich wiederholt.

Die Untersuchungen zur Interaktion der transgenen Linien mit schädliche Pilzen, konnte aufgrund der Feldzerstörungen in beiden Versuchsjahren nicht durchgeführt werden. Ebenfalls erfolgte keine Quantifizierung des Kornertrags.

Aufgrund der Zerstörungen wurde die Laufzeit des Forschungsprojektes bis zum März 2010 verlängert. Die Freilandversuche im Jahr 2009 erfolgten unter Beteiligung des AgroBioTechnikums Groß Lüsewitz in Mecklenburg-Vorpommern.

Mykorrhiza

Das Hyphengeflecht der Mykorrhiza-Pilze in den Pflanzenzellen wurde unter dem Mikroskop mit speziellen Anfärbetechniken sichtbar gemacht.

Mykorrhiza

Mikroskopische Untersuchungen und molekulare Analyse der transgenen Gerstenlinien

Im zweiten und dritten Jahr erfolgte eine detaillierte mikroskopische Analyse der Wurzelbesiedlung durch Glomus mosseae sowohl an Gewächshauspflanzen als auch an den noch zur Verfügung stehenden Pflanzen aus den Freilandversuchen. Es zeigte sich, dass die Hyphenbildung (Hyphen= pilzliche Zellfäden), die Besiedelung der Wurzelzelle und die Ausbildung von Nährzellen (Arbuskeln) in den transgenen Pflanzen im Vergleich zur nicht-transgenen Linie nicht beeinflusst wurden.

An diesem Probenmaterial wurde zusätzlich zur mikroskopischen Untersuchung eine molekulare Analyse mittels quantitativer PCR vorgenommen, mit der die Menge an Mykorrihza-Pilzen in den Wurzeln genau quantifiziert werden konnte.

Transgene Linien sowie die Kontrollpflanzen zeigten unter Freiland- und unter Gewächshausbedingungen eine erfolgreiche Besiedelung mit Mykorrhizapilzen. Es wurden weder quantitative noch qualitative Unterschiede in der Besiedlung von transgenen Pflanzen und ihren Elternpflanzen festgestellt. Die Funktionalität des Mykorrhizapilzes konnte anhand der Ausbildung von intakten Arbuskeln gezeigt werden.