Transgene pilzresistente Gerste – Auswirkungen auf Genexpression und Inhaltsstoffe

(2005 – 2008) Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Biochemie

Thema

Zwei gentechnisch veränderte Gerstenlinien wurden hinsichtlich ihres Effekts auf parasitische und nützliche – in Symbiose mit der Pflanze lebende - Pilze untersucht. Eine der Linien bildet eine Chitinase, ein Protein, das die Auflösung der Hyphenwände von pathogenen Pilzen bewirkt. Die andere Linie bildet eine Glukanase, die den Abbau von Glukanen im Gerstenkorn bewirkt. Beide Gerstenlinien zeigen eine erhöhte Widerstandskraft gegenüber pilzlichen Krankheitserregern. Die Glukanase-Gerste zeigt zusätzlich einen verbesserten Futterwert für die Geflügelaufzucht.

Folgende Fragestellungen wurden bearbeitet:

  • Wie und in welchem Ausmaß werden transgene Pflanzen von schädlichen Pilzen befallen? Wird die Wechselwirkung zwischen Pflanze und nützlichen Pilzen im Freiland beeinflusst? (Projektpartner Universität Gießen)
  • Wie wirkt sich die Bildung der rekombinanten Proteine auf die Expression anderer Gene und auf die Inhaltsstoffe und die Kornqualität aus? (Projektpartner Universität Erlangen) Im Folgenden wird das Untersuchungsgebiet der Universität Erlangen beschrieben.

Zusammenfassung

Die Unterschiede in der Genaktivität sind innerhalb der konventionellen Gerstensorten größer als im Vergleich zu den transgenen Linien. Das Einführen eines zusätzlichen Gens in Gerstenlinien hatte weder einen Einfluss auf die Genaktivität der übrigen Gene noch auf die Zusammensetzung der Stoffwechselprodukte. Eine Besiedelung mit Mykorrhiza-Pilze verändert die Zusammensetzung der Stoffwechselprodukte - unabhängig davon, ob es sich um transgene oder nicht-transgene Gerstelinien handelt. Mykorrhiza-Pilze haben jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die Genaktivität.

Versuchsbeschreibung

Pflanzenmaterial

Als Pflanzenmaterial stehen zwei transgene Gerstenlinien und ihre nicht-transgenen Elternlinien (Gerstensorten Golden Promise und Baronesse) zur Verfügung. Die Linien wurden von der Washington State University, USA, entwickelt und bereitgestellt. Dort wurde die erhöhte Resistenz der Pflanzen, welche das Gen für Chitinase enthalten, gegenüber dem wichtigen Schadpilz Rhizoctonia solani nachgewiesen. Der Krankheitserreger Rhizoctonia solani tritt heute gerade in Äckern mit pflugloser Bodenbearbeitung - also bei möglichst umweltverträglich geführten Beständen - verstärkt auf. Pfluglose Bodenbearbeitung wird aus ökologischen Gründen (Vermeidung von Bodenerosion, Erhaltung der Bodenstruktur) nach guter landwirtschaftlicher Praxis empfohlen.

Verwendete Gene

  • Chitinase. In die Pflanzen der ersten Gerstenlinie (Elternpflanze Golden Promise) wurde ein Gen eingebaut, das für das Enzym Chitinase kodiert. Es wird in allen Pflanzenteilen gebildet. Chitinasen bewirken den gezielten Abbau von Chitin, dem wichtigsten Bestandteil pilzlicher Hyphenwände. Das Gen stammt aus einem weltweit (ubiquitär) vorkommenden nützlichen Bodenpilz (Trichoderma harzianum), welcher auf einer Reihe wirtschaftlich bedeutender pflanzenschädigender Pilze parasitiert.
  • Glukanase. Pflanzen der zweiten Gerstenlinie Elternpflanze Baronesse) bilden das Enzym ß-1,3-1,4-Glukanase. Das Glukanase-Gen stammt aus einem Bodenbakterium (Bacillus amyloliquefaciens) und wurde in Gerste eingebracht, um die Futterqualität von Gerste für die Geflügelzucht zu verbessern. Sie erhöht die Verdaulichkeit der Gerste, die bislang als Tierfutter nur bedingt einsetzbar war. Eine Nutzung von Gerste als Hühnerfutter wäre aus Nachhaltigkeitsgründen erwünscht.

Gewächshaus und Freiland

Es wurden Gewächshaus- und Freilandversuche durchgeführt.

Für die Versuche im Gewächshaus wurden die transgenen Gerstenlinien mit zwei Parasiten (Rhizoctonia solani bzw. Fusarium graminearum) und einem nützlichen Pilz (Piriformospora indica) infiziert. Mit P. indica besiedelte Pflanzen zeigen eine Reihe positiver Effekte wie etwa verstärktes Wachstum, erhöhte Resistenz gegen Pathogene oder gegen Trockenstress.

Um eine mögliche Korrelation zwischen Effekten auf den Stoffwechsel und der Expression der Transgene festzustellen, wurden Gerstenlinien, die Chitinase in drei unterschiedlichen Mengen bilden, eingesetzt. Weiterhin wurden eine Glukanase bildende Linie und die Ausgangslinien verwendet.

Die Freilandversuche fanden auf dem Gelände der Universität Gießen statt. Von 2006 bis 2008 wurden die zwei transgenen Gerstenlinien und ihre nicht-transgenen Ausgangslinien auf Parzellen von je zwölf Quadratmetern ausgesät und untersucht. Die Gerstenlinien wurden mit bzw. ohne einen kommerziell erhältlichen Mykorrhizapilz kultiviert. Dieser wurde vor der Aussaat in den Boden eingearbeitet.

Analyse von Stoffwechselprodukten

Mit biochemischen Trennungsverfahren (HPLC) wurden Profile erstellt, die quantitative Unterschiede in der Anhäufung von Stoffwechselprodukten (Metabolite) aufdecken können. Metabolite mit quantitativen Abweichungen wurden selektiert und analysiert (spektroskopische Techniken).

Erstellung von Transkriptionsprofilen

Die Einführung fremder Gene und ihrer Produkte kann unerwartete Veränderungen bei der Gen-Expression zur Folge haben.

Hier interessierten folgende Fragestellungen:

  • Gibt es Unterschiede im Transkriptionsmuster transgener und nicht-transgener Pflanzen?
  • Wenn ja, wie beeinflussen die Resistenzgene die Transkription anderer Gene, die im Zusammenhang mit pflanzlichen Abwehrmechanismen stehen?

Um den möglichen Einfluss der beiden Resistenzgene zu ermitteln, wurden Transkriptionsprofile erstellt. Mit Hilfe von DNA-Microarrays wurde analysiert, wie stark ein Gen unter bestimmten Bedingungen abgelesen (transkribiert) wird. Durch den Vergleich der Transkriptionsstärke zwischen transgenen und nicht-transgenen Pflanzenzellen sollten Abweichungen ermittelt werden.

Für die Erstellung der Transkriptionsprofile wurde RNA aus Gewebeproben der transgenen und nicht-transgenen Pflanzen zu drei verschiedenen Zeitpunkten während des Pflanzenwachstums extrahiert.

Quantitative und qualitative Messung der Gerstenkörner

Die Expression der Resistenzgene kann auch Einfluss auf die Inhaltsstoffe und die Zahl und das Gewicht der Gerstenkörner ausüben. Daher sollten entsprechende Daten erhoben werden.

Ergebnisse

Analyse von Stoffwechselprodukten

In der ersten Phase des Projekts wurden Methoden zur Bestimmung von Stoffwechselprodukten in Gerstenblättern etabliert. Da fast jede zu messende Stoffklasse ein eigenes Aufschlussverfahren benötigt, aber nur begrenztes Probenmaterial zur Verfügung steht, war es nötig die Aufschlussmethoden dahingehend zu optimieren, dass mit wenigen Methoden möglichst viele Stoffklassen abgedeckt werden konnten. Daher wurde mit gesondert angebautem nicht-transgenen Pflanzenmaterial eine große Anzahl an Vorexperimenten durchgeführt. Die Auswertung dieser Versuche ergab, dass die für die Analyse der Stoffwechselprodukte angepassten Methoden geeignet sind.

In der Folge wurden mit diesen Methoden die transgenen und nicht-transgenen Gewächshausproben, die mit parasitären Pilzen bzw. mit einem nützlichen Pilz infiziert waren, auf unterschiedliche Stoffwechselprodukte hin untersucht.

Die Auswertung der ersten Daten zeigte, dass unter Feldbedingungen die Gerstensorte sowie die Stärke des Pilzbefalls über die gemessenen Stoffwechselprodukte und Transkriptionsprofile unterschieden werden können. Eine transgen-bedingte Veränderung konnte nicht belegt werden. Diese Ergebnisse sollten in einem zweiten Versuchsdurchlauf bestätigt werden.

Da durch in den Jahren 2006/2007 begangene Feldzerstörungen eine Wiederholung der Versuche nicht möglich war, wurden begrenzte Gewächshausversuche zur Wiederholung angelegt, um statistisch relevante Aussagen machen zu können.

Die Untersuchungen aus Freiland- und Gewächshausversuchen zeigten, dass Sorten- und Umwelteinflüsse sowie die Besiedelung mit Mykorrhiza-Pilzen einen signifikanten Einfluss auf die Zusammensetzung der Stoffwechselprodukte haben. Die Expression eines zusätzlichen Gens hatte jedoch keinen messbaren Einfluss.

Erstellung von Transktiptionsprofilen

Mit Blattmaterial aus Feld- und Gewächshausversuchen wurden Transkriptionsprofile erstellt und ausgewertet.

Es konnten keine statistisch signifikanten Abweichungen bei der Genaktivität zwischen nicht-transgenen und transgenen Gerstenpflanzen festgestellt werden. Nur bei einer transgenen Linie und der konventionellen Ausgangslinie (Baronesse) ergab sich eine unterschiedliche Expression bei 22 Genen. Die Besiedelung der Pflanzen mit Mykorrhiza-Pilzen zeigte ebenfalls nur bei einer transgenen Gerstenlinie (Golden Promise) einen geringen Einfluss auf die Genexpression.

Große Unterschiede in der Genaktivität wurden jedoch zwischen den konventionellen Linien gemessen. In beiden Sorten wurden mehr als 1600 Gene unterschiedlich stark exprimiert. Die Funktion der meisten dieser Gene ist nicht bekannt.