Männlich sterile Pflanzen verhindern die Verbreitung von Transgenen

(2005 – 2008) Universität Würzburg, Lehrstuhl für Pharmazeutische Biologie

Thema

Die meisten Pflanzen bilden Pollen in großen Mengen. Durch Wind oder Insekten kann er über größere Entfernungen transportiert werden. Kommt es zu einer Befruchtung, können Merkmale auf artverwandte Pflanzen übertragen werden. Um zu verhindern, dass sich die neu eingeführten Gene von gentechnisch veränderten Pflanzen über den Pollen ungewollt ausbreiten, sollen über eine unterbundene Pollenentwicklung sterile Pflanzen mit befruchtungsunfähigen, nicht vollständig entwickelten Pollen erzeugt werden.

Ein neuer Ansatz, der in diesem Projekt verfolgt wird, ist die Hemmung eines für die Pollenreifung essentiellen Enzyms namens Invertase. Diese Invertase wird nur lokal während der Pollenbildung von der Pflanze exprimiert und wird entsprechend auch nur zu diesem Zeitpunkt gehemmt, die übrigen Pflanzenteile sind nicht betroffen.

Die Invertase spaltet außerhalb der Zelle Saccharose in die Einfachzucker Fructose und Glucose, welche dann über spezielle Zellwandproteine in die Pollenzelle transportiert werden. Wird die Invertase während der Pollenentwicklung gehemmt, stehen dem sich entwickelnden Pollen die für seine „Ernährung“ benötigten Einfachzucker nicht mehr zur Verfügung. Als Folge davon wird kein funktionsfähiger Pollen entwickelt, die Pflanzen sind männlich steril.

In Vorversuchen konnte an transgenen Tabakpflanzen gezeigt werden, dass die Pollenentwicklung unterbunden wird, wenn die Enzymaktivität der Invertase stark reduziert oder gestört wird. Nach derselben Methode sollen in diesem Projekt sterile Mais- und Rapspflanzen erzeugt werden. Des weiteren soll eine Methode etabliert werden, die es erlaubt, bei den Tabakpflanzen aus den Vorversuchen die männliche Sterilität vorübergehend aufzuheben, um ihre Vermehrung zu ermöglichen. Dieser Ansatz ist notwendig, damit in der Nachkommenschaft wiederum nur männlich sterile Pflanzen auftreten und es nicht zu einer Aufspaltung kommt.

Weiterhin soll überprüft werden, ob sich die Ergebnisse aus den Vorversuchen auf andere transgen Tabaklinien übertragen lassen.

Informationen zum Verfahren:

Versuchsbeschreibung

Erzeugung männlich steriler Pflanzen. In den Antheren (Staubbeuteln) von Mais und Raps soll die Invertase-Aktivität gehemmt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden zwei Methoden angewandt:

  • Das für die Invertase verantwortliche Gen wird mit der Antisense-Technik „abgeschaltet“.
  • Es wird ein Invertase-Inhibitor in die Pflanzen eingefügt, welcher die Wirkung der Invertase blockiert.

Bei beiden Ansätzen werden gentechnisch veränderte Pflanzen erzeugt und die männlichen sterilen Pflanzen weiter untersucht.

Untersuchung der Sterilität. Die Pollenentwicklung bei den Pflanzen mit reduzierter Invertaseaktivität wird untersucht. Sollte die erwartete Sterilität oder verminderte Fertilität auftreten, werden die Pollen dieser Mais- und Rapspflanzen bezüglich ihrer Entwicklungsstörungen genauer charakterisiert.

Im Fokus der Untersuchungen steht dabei der Kohlenhydratstoffwechsel. Da die Antheren aufgrund der gestörten Invertaseaktivität keine oder nur noch sehr wenige Kohlenhydrate aufnehmen können, sollte sich dies erheblich auf den Kohlenhydratstoffwechsel der Antheren auswirken.

Wiederherstellung der Fertilität bei Tabak. Um dieses Ziel zu erreichen, wird in sterile Tabakpflanzen ein Gen für eine Bakterien- oder Hefe-Invertase eingeführt, die mit der ursprünglichen pflanzeneigenen Invertase entfernt verwandt ist. Das eingeführte Invertase-Gen wird durch einen induzierbaren, antherenspezifischer Promotor kontrolliert. Anders als die pflanzeneigene Invertase wird diese Invertase nicht durch die Antisense-Repression oder den Invertase-Inhibitor gestört. Durch die Induktion dieser zusätzlich eingebrachten Invertase wird vorübergehend Pollenentwicklung möglich, der unter kontrollierten Bedingungen die Vermehrung der transgenen Pflanzen erlaubt.

Hemmung der Invertaseaktivität in verschiedenen Tabaklinien. In Vorversuchen wurden mit der transgenen Linie Nicotiana tabacum cv. Samsun SNN männlich sterile Pflanzen erzeugt. Es soll festgestellt werden, ob sich diese Ergebnisse auf andere transgene Tabaklinien übertragen lassen. Die verschiedenen Tabaklinien werden mit dem Antisense-Konstrukt aus den Voruntersuchungen transformiert und anschließend auf die Invertaseaktivität hin untersucht.

Ergebnisse

Erzeugung männlich steriler Pflanzen. Aus Raps wurden vier Invertase-Varianten isoliert, von denen eine ausschließlich in Antheren exprimiert. Bisher ist es nicht gelungen, den Promotor für diese Invertase zu isolieren. Erste Zwischenergebnisse werden im Laufe des Jahres 2006 erwartet.

Antherenspezifische Expression des Promotors in Arabidopsis (blaue Färbung des GUS-Reportergens)

Entwicklung von Samen nach Selbstbestäubung einer männlich sterilen und einer fertilen Pflanze bei Tabak

Ein Vergleich mit einer in Antheren exprimierenden Invertase aus Arabidospsis, ergab eine hohe funktionale Übereinstimmung mit der in Raps gefundenen Invertase. Durchgeführte Untersuchungen weisen daraufhin, dass sich die Expressionsmuster der beiden Promotoren sehr ähneln. Daher wurden die Gen-Konstrukte mit der Gensequenz aus Arabidospsis hergestellt. Mit der anschließenden Transformation der Rapspflanzen wurde begonnen.

Eine der aus Mais isolierten Invertasen zeigt eine ähnliche Funktion, wie die Invertase von Raps. Sie ist damit möglicherweise für eine Invertase-Hemmung geeignet. Zur Zeit werden entsprechende Gen-Konstrukte zur Herstellung transgener Maispflanzen hergestellt.

Wiederherstellung der Fertilität bei Tabak. Eine Hefeinvertase wurde kloniert und unter die Kontrolle des antherenspezifischen Promoters der Invertase aus Tabak gestellt. In weiteren Arbeiten wird diese Hefe-Invertase in sterile Tabakpflanzen eingeführt und durch anschließende Kreuzungen die Wiederherstellung der Fertilität überprüft.

Hemmung der Invertaseaktivität in verschiedene Tabaklinien. Es wurden vier weitere transgene Tabaklinien hergestellt und mittels des Antisense-Konstruktes aus den Vorversuchen transformiert. Erste Ergebnisse zeigen, dass aus einer Tabaklinie (N. tabacum cv. Petit Havanna SR1) männlich sterile Pflanzen erzeugt werden können, d.h. die Invertaseaktivität wurde gehemmt. Die Untersuchungen an den anderen Tabaklinien werden weitergeführt.