Monitoring und Resistenzmanagement zur nachhaltigen Nutzung von Bt-Toxinen

(2002 – 2006) RWTH Aachen, Institut für Umweltforschung (BiologieV) Lehrstuhl für Ökologie, Ökotoxikologie und Ökochemie (Koordination)

Thema

Gentechnisch veränderter Bt-Mais bildet ein Bt-Toxin, das ihn widerstandsfähig macht gegenüber bestimmten Schadinsekten. In diesem Projekt geht es um Bt-Mais, der gegen den europäischen und mediterranen Maiszünsler (ECB, Ostrinia nubilalis; MCB, Sesamia nonagrioides; CB = corn borer) wirksam ist.

Beim großflächigen Anbau von Bt-Mais könnte der Schädling seinerseits eine Resistenz gegenüber dem Bt-Toxin entwickeln.

Es wurden Daten über Maiszünsler-Populationen als Basis für einen Resistenzmanagementplan zusammengetragen. Dieser könnte die Einführung von Bt-Mais in Europa begleiten und dessen sichere und nachhaltige Nutzung gewährleisten.

An dem im April 2006 abgeschlossenen EU-Verbundprojekt waren zwölf Partner aus acht Staaten (ES, FR, I, SK, GR, DE, AU und USA) beteiligt. In Deutschland waren das neben der RWTH Aachen (u.a. Koordination) die SLFA Neustadt, das MPI Jena und das Fraunhofer Institut IME, Schmallenberg.

Zusammenfassung

Die Empfindlichkeit, die so genannte Susceptibilität von Maiszünslern gegenüber Bt-Toxinen wurde EU-weit erhoben. Eine aufgebaute Daten- und Probenbank von ECB und MCB steht für Vergleichsuntersuchungen bei möglicherweise auftretenden Resistenzen zur Verfügung. Für einen Resistenzmanagementplan bei Einführung von transgenem Bt-Mais in der EU wurden als Schlussfolgerungen festgehalten:

  • Die Empfindlichkeit der Schädlinge ist EU-weit vergleichbar.
  • Der Genfluss ist für das so genannte „High-Dose“- Refugien-Management (HDR) ausreichend. Für ein Monitoring reicht die Untersuchung weniger Populationen pro Land als repräsentative Populationen.
  • Rezessive Resistenzgene gegenüber Bt-Toxinen sind in den europäischen Populationen selten, unter einem Niveau von 10-3. Mit Hilfe der Datenbank könnte bei möglicherweisem Auftreten erster Resistenzen das Resistenzmanagement angepasst werden.
  • Die Kenntnis möglicher Resistenzbildungsmechanismen kann für das Resistenzmanagement genutzt werden. So kann z.B. die Kombination von zwei bestimmten Bt-Toxinen empfohlen werden.

Versuchsbeschreibung

Untersuchung von Maiszünsler-Populationen

Es wurden EU-weit Proben von Maiszünsler-Populationen gesammelt. ECB wurde in Italien, Frankreich, Deutschland, Spanien, der Slowakei und Griechenland gesammelt; MCB nur in Spanien und Griechenland.

Empfindlichkeit/Resistenz der Larven. Zur Untersuchung der Empfindlichkeit der Larven wurden die Larven im Labor angezogen und einer künstlichen Diät mit verschiedenen Cry1Ab-Proteinkonzentrationen ausgesetzt. Die Laborkulturen wurden zur Erfassung resistenter Larven aufgeteilt und sowohl mit als auch ohne Selektion durch Bt-Toxin-Behandlungen gehalten.

Genfluss. Der Genfluss wurde sowohl innerhalb des Landes (in Deutschland und Spanien) als auch innerhalb Europas (Deutschland, Italien, Frankreich, Slowakei, Rumänien und Griechenland) mit verschiedenen Techniken (AFLP, RAPD etc.) ermittelt und verglichen.

Um den Austausch der Gene von Maiszünslern zwischen Maisfeldern zu untersuchen, wurden in Deutschland, Frankreich und der Slowakei Maiszünsler markiert, freigelassen und wieder eingefangen.

Monitoring möglicher Resistenzgene. Möglicherweise auftretende Resistenzgene sind, bevor bevor diese bekannt sind, schwierig zu bestimmen. Es wurde eine sehr arbeitsaufwändige Monitoring-Methode (F2-Screen) benutzt, mit der seltene rezessive Resistenzgene entdeckt werden können.

Charakterisierung von Resistenzmechanismen

Die Bt-Proteine werden mittels spezieller Enzyme des Darmsaftes der Zünslerlarven, so genannter Proteasen, gespalten – und damit aktiviert – und dann an spezifische Rezeptoren der Darmwand gebunden. Schließlich kommt es zur Integration in die Membran und zur Bildung von Poren. Dadurch wird die Darmwand perforiert, was zum Tod des Insekts führt. Die Resistenz von Insekten gegenüber Bt-Toxinen kann an jedem dieser Schritte ansetzen.

Protease-vermittelte Resistenz. Trypsine spielen vermutlich eine Rolle bei der Protease-vermittelten Resistenz. Daher wurde in den Mitteldärmen von MCB-Larven das Vorkommen von Trypsinen sowie die Aktivität von Genen für Trypsin-ähnliche Enzyme untersucht.

Bindungsstudien mit Bt-Toxinen. Das Bindungsverhalten von verschiedenen markierten Bt-Toxinen (Cry1Aa, Cry1Ab, Cry1Ac, Cry1Ca und Cry1Fa) wurde an so genannten „brush border membrane vesicles“ (BBMV) untersucht. Das sind aus den Larven isolierte Darmwandteile, an die die Toxine binden. Es wurden resistente (aus Laborzuchten in den USA) mit sensiblen Stämmen verglichen. Zusätzlich wurde auch die Porenbildung aktiver Cry1 Bt-Toxine an BBMV untersucht (Messung von Potenzialen in der Membran).

Ergebnisse

Erfassung von Maiszünslerpopulationen

Die Proben der EU-weiten Sammlung von verschiedenen ECB- und MCB-Populationen stehen als Vergleichsmaterial in der Probenbank (Fh-IME) zur Verfügung.

Empfindlichkeit/Resistenz der Larven. Die Empfindlichkeit der Schädlinge (LC50) war – mit Ausnahme von Spanien – überall vergleichbar. Kleinere Unterschiede in der Empfindlichkeit wurden auf die natürliche Variation sowie mögliche Aktivitätsverluste der Toxine z.B. durch den Austausch zwischen den Wissenschaftlern (Versand) zurückgeführt.

In der Slowakei wie in der Tschechischen Republik wurden überlebende Larven in Bt-Mais gesammelt und im Labor herangezogen. Diese im Feld gesammelten Larven zeigten sich im Labor aber gegenüber Bt-Material empfindlich. D.h. die Larven waren nicht resistent, sondern hatten überlebt, weil ein geringer Prozentsatz der Pflanzen in Bt-Mais kein Bt-Toxin bildet.

Bei Versuchen zur künstlichen Resistenzerzeugung im Labor war die Empfindlichkeit der ECB-Larven, abhängig von der Toxin-Dosis, nach mehreren Generationen reduziert (vier bis acht Generationen bei hoher und nach 23 Generationen bei niedriger Toxin-Dosis). Bei den MCB-Larven zeigte nur der spanische Stamm eine Reduktion der Empfindlichkeit, während der griechische Stamm keine Veränderung zeigte. Dies wurde auf Unterschiede im Toxin zurückgeführt.

Eine Infektion der Larven mit Mikrosporidien ändert weder die Empfindlichkeit der Larven (ECB) noch die Maisschädigung.

Genfluss. Zwischen den einzelnen Maiszünsler-Populationen gab es nur geringe Unterschiede. Das zeigt, dass der Genfluss für das so genannte „High-Dose“ Refugien-Management (HDR) groß genug ist. Daher sind nur einige Populationen pro Land oder geografisch ähnliche Region als repräsentative Populationen für ein Empfindlichkeits-Screening bzw. Monitoring nötig.

Monitoring möglicher Resistenzgene. Es wurden keine Resistenzgene gegenüber Bt-Mais entdeckt. Dies zeigt, dass rezessive Resistenzgene in den europäischen Populationen selten sind (unter 10-3). Die aufgebaute Proben- und Datenbank kann genutzt werden, falls Resistenzen auftreten sollten. Dann kann ein Frühwarnsystem und Resistenzmanagement adaptiert werden, um die Nutzung von Bt-Mais weiter zu sichern.

Charakterisierung von Resistenzmechanismen

Protease-vermittelte Resistenz. Es wurden vier verschiedene Trypsin-ähnliche Proteasen sowie deren Gene im Mitteldarm von MCB-Larven gefunden. Die Empfindlichkeit der Trypsin-Aktivität gegenüber spezifischen Protease-Inhibitoren ändert sich in verschiedenen Larvenstadien. Auch das Verhältnis der Enzyme untereinander verändert sich in Abhängigkeit der Larvenstadien. Solche Veränderungen können bei einer Protease-vermittelten Resistenz zu Bt-Mais eine Rolle spielen.

Bindungsstudien mit Bt-Toxinen. Bei mindestens einem Laborstamm (USA) war die vorliegende Resistenz verknüpft mit einer veränderten Rezeptorbindung, wobei der genaue Mechanismus aber unklar ist.

Cry1Aa, Cry1Ab und Cry1Ac teilen sich eine Bindungsstelle, während Cry1Ca und Cry1Fa an anderen Stellen binden. Daher wird eine Kombination von Cry1Ab und Cry1Fa empfohlen, um eine mögliche Resistenzbildung hinauszuzögern.

Es konnte gezeigt werden, dass Cry1Ab und Cry1Fa in vivo die Durchlässigkeit der Membran für Kalium erhöhen. Dies wurde nicht für Cry1Da gefunden. Außerdem wurde nachgewiesen, dass die aktiven Toxine auch den Aminosäure-Transport beeinflussen.