Auswirkungen des Anbaus von Diabrotica-resistentem Bt-Mais auf das Maisökosystem II

(2005 – 2008) RWTH Aachen, Institut für Umweltforschung (Biologie V), Lehrstuhl für Umweltbiologie und -chemodynamik

Thema

Im Sortenvergleich mit konventionellem Mais wurde der Einfluss von Bt-Mais MON88017, der gegen den Maiswurzelbohrer resistent ist, auf verschiedene Organismen im Mais-Ökosystem untersucht.

Schwerpunkte dieses Teils der Untersuchungen waren Auswirkungen des Bt-Proteins (Cry3Bb1) auf Arthropoden der Krautschicht wie Käfer, Wanzen und Zikaden sowie deren Gegenspieler wie z.B. Spinnen.

Weitere Untersuchungen galten dem möglichen Einfluss von Bt-Maispollen auf Schmetterlingslarven, die auf Ackerbegleitpflanzen leben. Es sollte u. a. die Wahrscheinlichkeit ermittelt werden, mit der Schmetterlingslarven Bt-Pollen, der auf ihre Wirtspflanzen fällt, als Nahrung aufnehmen.

Zusammenfassung

Arthropoden der Krautschicht und ihre Gegenspieler

Sowohl in den Maiskolben als auch in der Krautschicht zeigten sich im Vorkommen der Arthropoden Sorten-bedingte Unterschiede. Es wurden keine Bt-spezifischen Unterschiede beobachtet. Schwankungen wurden auf unterschiedliche Boden- und Witterungsbedingungen zurückgeführt.

Die Maisblattzikade (Z. scutellaris) war mit 65 Prozent die häufigste Zikadenart. Sie bietet sich daher als Indikatorart an, um potenzielle Effekte entdecken zu können.

Weibchen der Weichwanzenart T. caelestialium, die in Bt-Mais gefangen wurden, enthielten durchschnittlich mehr Bt-Protein als die Männchen. In den konventionellen Maissorten wurden keine Weichwanzen mit Bt-Protein gefunden. Zusätzliche ELISA-Analysen zeigten, dass das Bt-Protein bei den Weichwanzen bereits nach drei Tagen ausgeschieden war beziehungsweise im Verdauungssystem abgebaut wurde.

Untersuchungen der Pollenfresser und Arthropoden in Blütenständen

Es wurden weder Sorten- noch Bt-spezifische Unterschiede beobachtet. Zwischen den Anbaujahren traten allerdings deutliche Unterschiede hervor. Besonders bei Thripse konnten sehr starke Schwankungen im Auftreten und der mittleren Häufigkeit beobachtet werden.

Exposition von Schmetterlingslarven gegenüber Bt-Maispollen in der Agrarlandschaft

Bei drei der kartierten Schmetterlingsarten befanden sich mehr als siebzig Prozent der Population in der Nähe der Maisfelder, beim Tagpfauenauge belief sich der Anteil in zwei Untersuchungsgebieten sogar auf hundert Prozent.

Versuchsbeschreibung

Auf dem Versuchsfeld wurden insgesamt 32 Parzellen angelegt. Je acht Parzellen wurden mit Bt-Mais (MON88017), einer isogenen Linie und zwei weiteren konventionellen Sorten bepflanzt. Dabei wurden die verschiedenen Sorten zufällig (randomisiert) auf die Parzellen verteilt, aber unter Einhaltung von zwei Bedingungen: Keine aneinander grenzenden Parzellen mit derselben Sorte sowie gleich viele Parzellen der einzelnen Sorten am Feldrand bzw. in der Mitte. In allen Jahren wurde auf denselben Parzellen Bt-Mais angebaut, um eventuelle Akkumulationseffekte im Boden erkennbar werden zu lassen.

Mit Keschern werden die Arthropoden der Krautschicht gefangen.

Insekten aus den männlichen Blüten werden im Kescher rausgeschüttelt.

Ausbeute aus zwei Blütenständen im August 2007: Staubbeutel, Pollen und nur wenige Tiere.

Auswirkungen auf Arthropoden der Krautschicht und ihre Gegenspieler

Das Auftreten von Pflanzenfressern (Herbivoren) und ihrer Gegenspieler in Bt-Mais im Vergleich zu konventionellen Maissorten wurde mit verschiedenen Methoden (Kolbenproben, Klebefallen, Kescherfänge) erfasst. Besonderes Augenmerk lag dabei auf Zikaden, Thripse und Wanzen sowie auf Nützlingen wie Marienkäfern und Florfliegen.

Um die Dichte von auf Zikaden spezialisierten Parasiten und Parasitoiden abzuschätzen, wurde im Jahr 2005 in unmittelbarer Nähe der Klebefallen zudem je eine Gelbschale pro Parzelle aufgestellt.

ELISA

Mit der Nachweismethode ELISA wurde der Gehalt an Cry3Bb1 in gekescherten Weichwanzen (T. caelestialium) untersucht. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Exposition von Pflanzenfressern und Beutegreifern gegenüber Cry3Bb1 im Feld. So können exponierte Arten identifiziert und ihre Bedeutung für ein zukünftiges Monitoring abgeleitet werden.

Zusätzlich wurden Versuche zum Abbau von Cry3Bb1 in der Weichwanzenart T. caelestialium durchgeführt. Hierbei wurden Tiere im Maisfeld gefangen und im Gewächshaus für eine festgelegte Zeitspanne an Bt-Mais gehalten. Die Tiere wurden danach entweder auf isogenem Mais gehalten oder aber für einige Tage ausgehungert. Anschließend wurde der Bt-Gehalt mittels ELISA bestimmt.

Untersuchungen der Pollenfresser und Arthropoden in Blütenständen

Pollenfresser und Arthropoden in den Blütenständen wurden durch Klopfproben ermittelt. Dabei wurden an zwei Zeitpunkten während der Maisblüte je fünf Mal pro Parzelle fünf männliche Blüten als Sammelprobe abgeklopft (320 Proben, insgesamt 1600 Blütenstände pro Jahr). 2007 wurde nur in der Vollblüte eine Probe durchgeführt.

Exposition von Schmetterlingslarven gegenüber Bt-Maispollen in der Agrarlandschaft

Zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit des Kontaktes von Schmetterlingslarven (wie Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, Kleefeldeule) mit Bt-Maispollen wurden sowohl die Schmetterlingsvorkommen als auch die Wirtspflanzen wie Brennnessel, Gänsefuß und Großer Bärenklau kartiert.

Die Erfassung der Schmetterlingsarten erfolgte mittels regelmäßigem Beklopfen bzw. Absuchen der Wirtspflanzen.

Die Auswertung der Landschafts-, Nutzungs- und Populationsdaten erfolgte mit GIS (Geografisches Informationssystem)-Programmen.

Fraßversuche

Anhand von Fraßversuchen im Labor wurde ab Mai 2007 die Wirkung des Bt-Proteins auf Schmetterlingslarven des Tagpfauenauges untersucht. Die Larven wurden mit Blättern ihrer Nahrungspflanze gefüttert, die mit einer definierten Menge an Bt-Maispollen bedeckt waren. Beobachtet wurden Fraß und Entwicklung sowie Sterblichkeit der Raupen. Als Vergleichsgruppe dienten Larven, deren Futter mit isogenem Maispollen bedeckt bzw. ganz ohne Pollen war.

Ergebnisse

Arthropoden der Krautschicht und ihre Gegenspieler

Insekten in den Maiskolben. In den Maiskolben bestanden zwischen den konventionellen Sorten recht große Unterschiede im Vorkommen der Arthropoden. Dagegen traten keine Unterschiede zwischen der transgenen und der isogenen Sorte auf.

Blattläuse waren mit Ausnahme von 2006 am häufigsten vertreten. Thripse kamen deutlich weniger vor. Als Räuber kam vorwiegend eine Wanzenart (Orius) vor. Die häufigste Käferart war der zu den Moderkäfern gehörende Cortinicara gibbosa. Andere Insektenarten kamen nur selten vor.

2006 waren Blattläuse in signifikant niedrigeren, Thripse dagegen in höheren Dichten vertreten als im Vorjahr. Im Auftreten der Wanze Orius und des Moderkäfers C. gibbosa zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede in diesen beiden Versuchsjahren. Unterschiede in der Dichte der Insekten wurden auf die sehr unterschiedlichen Witterungsbedingungen zurückgeführt.

Dichten der Adulten (erwachsene Tiere) und Nymphen (geflügeltes Larvenstadium) der häufigsten Weichwanzenart (T. caelestialium) in den verschiedenen Maissorten zum zweiten Probenahmetermin (KW33/34).

Arthropoden in der Krautschicht. Die Artenzusammensetzung war in allen drei Jahren weitgehend identisch. So wurden z.B. 2006 8125 Zikaden aus 18 Arten gefangen. Die Maisblattzikade (Z. scutellaris) war mit 65 Prozent die häufigste Zikadenart.

Es zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den konventionellen Sorten, nicht aber zwischen dem Bt-Mais und der isogenen Sorte. So trat die Weichwanze T. caelestialium in einer der beiden konventionellen Sorten sehr viel häufiger auf als in der anderen. Die Unterschiede sind auf Sortenunterschiede zurückzuführen. Die unterschiedlichen Bodenbedingungen wurden in der statistischen Auswertung mitberücksichtigt.

ELISA

Die Weichwanze T. caelestialium ist in Bt-Mais während ihrer gesamten Entwicklung dem Bt-Protein ausgesetzt. Weibchen enthielten mit durchschnittlich 16,85 Nanogramm Cry3Bb1 mehr Bt-Protein als Männchen (3,13 Nanogramm). Auf Gramm bezogen lagen die Werte bis zu einem Sechstel dessen, was in frischem Blattmaterial gefunden wurde. In den konventionellen Maissorten wurden keine Weichwanzen mit Bt-Protein gefunden.

Zusätzliche ELISA-Analysen zeigten, dass das Bt-Protein bei den Weichwanzen bereits nach drei Tagen ausgeschieden war beziehungsweise im Verdauungssystem abgebaut wurde.

Untersuchungen der Pollenfresser und Arthropoden in Blütenständen

Die am häufigsten vorkommenden Arthropoden waren Blumenwanzen (Anthocoridae) der Gattung Orius, Weichwanzen (Miridae; T. caelestialium), Raubwanzen (Nabidae; Nabis pseudoferus) und in hohen Dichten Thripse (Thysanoptera).

Wie bei den Kolbenproben sind die Dichteunterschiede der häufigsten Arthropoden zwischen den Jahren vermutlich auf die unterschiedlichen Witterungsbedingungen der letzten Jahre zurückzuführen.

Es wurden weder Sorten- noch Bt-spezifische Unterschiede beobachtet.

Exposition von Schmetterlingslarven gegenüber Bt-Maispollen in der Agrarlandschaft

Die Kartierung zur Verbreitung der Wirtspflanzen-Schmetterlingspaare erfolgte in drei unterschiedlich intensiv genutzten Agrarlandschaften. Die Gebiete waren zwischen 150 und 230 Hektar groß und enthielten acht bis zehn Maisfelder, die je nach landwirtschaftlicher Nutzungsintensität zwischen 0,2 und 15 Hektar groß waren.

Die Verteilung und Häufigkeit der Wirtspflanzen war in den drei Gebieten sehr unterschiedlich.

Auch die Verbreitung der Schmetterlingsarten war in den drei Gebieten sehr unterschiedlich. An den Brennnesselbeständen wurden 2005 keine Tagpfauenaugen und nur ein Nest des kleinen Fuchses gefunden. Die Wirtspflanze Gänsefuß (Chenopodium album) kam meist nur vereinzelt vor und wies keine Vorkommen der Kleefeldeule auf. Daher wurde 2006 als weiteres Wirtspflanzen/Schmetterlingspaar der Bärenklau (Heracleum sphondylium) mit mehreren Blütenspanner-Arten (Eupithecia-Arten) sowie den Gammaeulen (Autographa gamma, A. confusa) in die Untersuchung einbezogen.

Schmetterlingsvorkommen

Prozentualer Anteil von Schmetterlingsvorkommen im Abstand von bis zu 10m Entfernung zum Maisfeldrand in den drei Untersuchungsgebieten (2006 und 2007 jeweils summiert)

Um das Maß der Gefährdung der Schmetterlingsarten einzuschätzen, wurde berechnet, welcher Anteil der gefunden Schmetterlingspopulationen sich in den Versuchsjahren in nächster Nähe zu Maisfeldern (bis zu 10 Meter) befunden hat. Bei drei der kartierten Schmetterlingsarten befanden sich mehr als siebzig Prozent der Populationen bzw. Einzeltiere nahe den Maisfeldern, beim Tagpfauenauge belief sich der Anteil in zwei Untersuchungsgebieten sogar auf hundert Prozentt.

Fraßversuche

Aufgrund der hohen Verlustzahlen, die auf die große Empfindlichkeit der Larven zurückgeführt wurden, sowie die geringe zur Verfügung stehende Anzahl an Larven konnten keine ausreichenden Datenmengen erfasst werden, die für eine statistische Auswertung ausreichen könnten. Daher muss die Methode der Fütterungsversuche für zukünftige Versuchsreihen erst optimiert werden.