Auswirkungen von Bt-Mais mit drei Bt-Proteinen auf Bodenmikroorganismen

(2008 – 2011) Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Institut für Biodiversität, Braunschweig

Thema

Im Freiland bieten Maispflanzen sowohl in ihrem Wurzelgewebe als auch auf ihren Wurzeloberflächen einen möglichen Lebensraum für unterschiedlichste Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Archaeen). In diesem Projekt sollte die Diversität (Vielfalt) der natürlich vorkommenden Mikroorganismen-Gemeinschaften bei der gentechnisch veränderten Bt-Maissorte MON89034 x MON88017 mit der von konventionell gezüchteten Sorten verglichen werden. Diese gentechnisch veränderte Sorte bildet drei verschiedene Bt-Proteine (Cry1A.105, Cry2Ab, Cry3Bb1), die mit Hilfe spezifischer Nachweissysteme mit hoher Empfindlichkeit im Boden auch quantitativ gemessen werden konnten.

Im Rahmen dieses Projekts wurden die Mengen der drei Bt-Proteine in den Wurzeln und im Boden im Laufe des dreijährigen Freilandanbaus bestimmt, um mögliche ökologische Effekte mit der Anwesenheit der gentechnisch veränderten Bt-Proteine korrelieren zu können. Außerdem wurden in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe der Universität Würzburg die Aufnahme der Bt-Proteine durch Ammenbienen und die Auswirkungen auf die Vielfalt ihrer Darmmikroorganismen untersucht.

Zusammenfassung

Die Konzentrationen an Bt-Proteinen waren 2008 und 2009 vergleichbar und 2010 aufgrund von Trockenstress etwas niedriger. In den Feinwurzeln wurden höhere Gehalte an Bt-Proteinen (Cry1A.105, Cry2Ab2) pro Biomasse gemessen als in den Grobwurzeln. Für Cry3Bb1 wurde dieser Unterschied nicht festgestellt. Die Bt-Mengen, die über die Wurzeln in den Boden gelangten, waren äußerst gering. Die Bt-Proteine überdauerten nicht bis zur nächsten Vegetationsperiode im Boden.

Auch im Bienendarm wurden Bt-Proteine nachgewiesen, die Mengen waren aber sehr gering. Die Bt-Proteine wurden schnell abgebaut.

Die Mikroorganismen-Gemeinschaften in und an den Maiswurzeln sowie im wurzelnahen Boden waren für jede der vier Maisvarianten spezifisch. Die Unterschiede der Bt-Maissorte zu den Vergleichssorten lagen dabei im Bereich der natürlichen Variabilität wie sie auch zwischen konventionell gezüchteten Sorten vorkommen.

Die Bakteriengemeinschaft im Bienendarm zeigte nach Pollenfütterung sortenspezifische Unterschiede. Die Unterschiede der Bt-Maissorte zu den Vergleichsorten waren jedoch nicht größer als die Unterschiede zwischen konventionellen Maissorten.

Es wurden keine Unterschiede in der Besiedlungsdichte der Mikroorganismen im wurzelnahen Boden und im Bienendarm gefunden. Es ergaben sich damit keine Hinweise auf einen negativen Effekt der Bt-Proteine auf Mikroorganismen, weder im Lebensraum „Wurzel und Rhizosphäre“, noch im Lebensraum „Bienendarm“.

Versuchsbeschreibung

Maisfeld Boden
Maiswurzeln, Boden

In Böden eines Feldes mit gentechnisch verändertem Mais wurden die Bt-Proteine erfasst und ihre Auswirkung auf mikrobiologische Lebensgemeinschaften untersucht.

Im Rahmen eines Freilandversuches wurden die gentechnisch veränderte Sorte, ihre isogene Ausgangssorte sowie zwei konventionelle Maissorten zum Vergleich angebaut. Auf diese Weise konnten potenziell durch die Bt-Proteine verursachte Effekte von herkömmlichen Sorteneffekten unterschieden werden. Zusätzlich wurde die isogene Sorte auf einem Teil der Parzellen mit einem Insektizid behandelt, um den Einfluss konventioneller Schädlingskontrolle einbeziehen zu können.

Wurzelproben und Proben des unmittelbar von den Wurzeln beeinflussten Bodens (Rhizosphäre) wurden zur Maisblüte genommen, da zu diesem Zeitpunkt die Menge an Bt-Proteinen, die von den Pflanzen gebildet wird, relativ groß ist. Diese Materialien dienten als Grundlage für die Untersuchung der Mikroorganismen-Gemeinschaften (Bakterien, Pilze und Archaeen) und für die Messung der Bt-Proteine. Darüber hinaus wurden die Bt-Gehalte in Pflanzenresten nach der Maisernte und vor Beginn der neuen Vegetationsperiode bestimmt. Im Gegensatz zu früheren Projekten wurden die Untersuchungen an einzelnen Pflanzen durchgeführt, statt Mischproben zu erstellen. Dadurch konnte die Nachweisempfindlichkeit erhöht werden. Außerdem wurde eine differenzierte Betrachtung an Fein- und Grobwurzeln durchgeführt. Auch hier war das Ziel, Wirkungen von Bt-Proteinen auf Mikroorganismen noch empfindlicher messen zu können.

Neben den Auswirkungen der drei Bt-Proteine auf Bodenmikroorganismen wurden im Rahmen dieses Projekts auch die Bakterien-Gemeinschaften im Mittel- und Enddarm von Honigbienen untersucht (Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg). Die Honigbiene (Apis mellifera) hat als Bestäuber vieler Pflanzen eine große ökologische und ökonomische Bedeutung und gilt deshalb bei der Betrachtung potenzieller Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen als einer der wichtigsten Nicht-Zielorganismen. Da die bakterielle Darmflora sowohl für die Gesundheit der einzelnen Biene als auch für die des gesamten Volkes von entscheidender Bedeutung ist, wurden Bienen untersucht, die während der Maisblüte 2009 in speziellen Zelten im Feld ausschließlich Bt-Maispollen sammeln konnten. Zum Vergleich wurden Bienen betrachtet, die ausschließlich Pollen der isogenen Ausgangssorte und einer konventionellen Sorte gefressen hatten, sowie Bienen, die frei fliegen konnten und neben einem Phacelia-Feld standen.

Quantifizierung von Bt-Proteinen

Im Rahmen des ELISA-Verfahrens („Enzyme-Linked Immunosorbent Assay“) wurden mit Hilfe markierter Antikörper die Konzentrationen der Bt-Proteine in Wurzeln, der Rhizospäre und in Bienendärmen gemessen. Für jedes der drei gebildeten Proteine (Cry1A.105, Cry2Ab2 und Cry3Bb1) wurde dazu ein spezifisches Nachweissystem verwendet, mit dem auch noch Bt-Proteine einer Konzentration von fünf Nanogramm pro Gramm Wurzel und von 0,1 Nanogramm pro Gramm Boden nachgewiesen werden konnten.

Charakterisierung der Mikroorganismen-Gemeinschaften in und an Maiswurzeln und in Bienendärmen

Zur Bestimmung der strukturellen Diversität der mikrobiellen Gemeinschaften bedient man sich kultivierungsunabhängiger Methoden, da ein großer Teil der Mikroorganismen auf herkömmlichen Nährmedien nicht wachsen. Verschiedene molekularbiologische Methoden wurden angewendet. Mit der T-RFLP-Technik („Terminal Restriction Fragment Length Polymorphism“) wurden genetische Profile („Fingerabdrücke“) der Bakterien-, Pilz- und Archaeengemeinschaften erstellt. Dabei wurden bestimmte ribosomale Gene (SSU rRNA Gene) untersucht, da diese bei allen Organismen vorkommen, sich aber dennoch, je nach Verwandtschaftsgrad, in der DNA-Sequenz unterscheiden.

Um die Bakterien-Gemeinschaften der Rhizosphäre in ihrer Komplexität erfassen und identifizieren zu können, kam erstmals im Rahmen dieser biologischen Sicherheitsforschung die Hochdurchsatzsequenzierung („Next generation sequencing“) zum Einsatz. Diese ermöglicht es, auf Grundlage von über 600.000 SSU rRNA-Genen die Aussagekraft über die Zusammensetzung der Bakterien-Gemeinschaften erheblich zu erhöhen.

Die Gene, die für die Erstellung der genetischen Profile betrachtet werden, macht man sich auch bei der Ermittlung der Populationsdichte (Abundanz) der Mikroorganismen zunutze. Dabei werden quantitative PCR-Verfahren (real-time PCR) zur Messung der Kopienzahl dieser Gene verwendet. Über die Ergebnisse sind dann Rückschlüsse auf die Anzahl der Mikroorganismen in der untersuchten Probe möglich.

Untersuchung der chemischen Bodeneigenschaften der Rhizosphäre

Im Rhizosphärenboden werden Stickstoff- und Schwefelgehalt, pH-Wert und Gehalt an Gesamtkohlenstoff bestimmt, um auch diese Parameter mit möglichen Veränderungen der Mikroorganismen-Gemeinschaften in Verbindung setzen zu können.

Statistische Analysen

Für die Auswertung zur mikrobiologischen Vielfalt wurden neueste Verfahren aus der Bioinformatik genutzt. Mit Hilfe verschiedener statistischer und vor allem sogenannter multivariater Analysen ist es möglich, Aussagen über die Bedeutung unterschiedlicher Einflussfaktoren, wie Bodenparameter oder Bt-Gehalte, auf die Reaktion der Mikroorganismen-Gemeinschaften zu treffen. Die verschiedenen Parameter können zueinander in Verbindung gesetzt werden, um somit zu bewerten, ob es einen Gentechnik-Effekt auf die Mikroorganismen gibt, oder ob der Effekt im Bereich der normalen Variation von konventionell gezüchteten Sorten liegt.

Ergebnisse

Quantifizierung von Bt-Proteinen

Es wurden drei hochempfindliche Systeme zum selektiven Nachweis verschiedener Bt-Proteine aus Wurzeln und Rhizosphäre-Extrakten etabliert und die Proteingehalte in den Proben aller drei Jahre bestimmt.

ELISA Wurzeln
ELISA Boden

Cry-Proteingehalte in den Wurzeln (oben) und im wurzelnahen Boden (unten) im Versuchsjahr 2009

Die Konzentrationen an Bt-Proteinen waren in 2008 und 2009 vergleichbar und in 2010 aufgrund von Trockenstress etwas niedriger. Für die Proben von 2009 wurden in den Wurzeln durchschnittlich ca. 15 Mikrogramm Cry1A.105 pro Gramm Wurzel, 50 Mikrogramm Cry2Ab2 und 60 Mikrogramm Cry3Bb1 pro Gramm gemessen. Die Cry1A.105- und Cry2Ab2-Gehalte in den Feinwurzeln waren höher als in den Grobwurzeln. Für Cry3Bb1 wurden solche Unterschiede nicht ermittelt. In der Rhizosphäre wurden für Cry1A.105 und Cry3Bb1 durchschnittlich weniger als 0,5 Nanogramm pro Gramm Boden gemessen. Die Cry2Ab2-Gehalte im Boden lagen unter bzw. nahe an der Nachweisgrenze von 0,1 Nanogramm pro Gramm.

Für die Bienen wurden die Gehalte an Cry1A.105 und Cry3Bb1 im Mittel- und Enddarm untersucht. Im Durchschnitt wurden im Mitteldarm weniger als 1 Nanogramm Cry1A.105 bzw. Cry3Bb1 und im Enddarm ebenso weniger als 1 Nanogramm Cry1A.105 bzw. Cry3Bb1 je Darmsegment detektiert. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Enddarm deutlich mehr Pollen enthielt als der Mitteldarm. Vergleichbare Mengen an Bt-Proteinen konnten in einzelnen Enddarmproben von Bienen gemessen werden, die definitiv nicht in Kontakt mit Bt-Maispollen gekommen waren. Dies ist durch das sporadische Auftreten natürlich vorkommenden Bacillus thuringiensis zu erklären.

Die dreijährige Untersuchung zeigte insgesamt, dass die Menge der über die Wurzeln in den Boden gelangenden Proteine Cry1A.105 und Cry3Bb1 äußerst niedrig war und diese im Boden nicht bis in die nächste Vegetationsperiode überdauerten. Auch im Bienendarm war die Menge der Bt-Proteine (Cry1A.105 und Cry3Bb1) sehr gering. Ausgehend von der Gesamtmenge der Bt-Proteine, die aus den aufgenommenen Bt-Maispollen freigesetzt werden konnten, ergibt sich, dass die Bt-Proteine im Bienendarm schnell abgebaut werden. Es gibt bisher keine Hinweise auf besondere Auswirkungen durch den hier untersuchten Bt-Mais auf Bodenmikroorganismen oder Bakterien im Darm von Honigbienen.

Charakterisierung der Mikroorganismen-Gemeinschaften in und an Maiswurzeln und in Bienendärmen

Mit der T-RFLP-Technik (s.o.) wurden genetische „Fingerabdrücke“ zur Darstellung der Bakterienvielfalt in den Wurzeln (Endophyten) und im Bienendarm sowie der Bakterien-, Pilz und Archaeenvielfalt auf der Wurzeloberfläche (Rhizosphäre) etabliert.

Bei den endophytischen Bakterien in den Feinwurzeln traten fast immer signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Maissorten auf. Keine Unterschiede wurden allerdings zwischen dem isogenen Mais und der Bt-Sorte gefunden, was vermutlich auf die enge Verwandtschaft der beiden zurückzuführen ist. Signifikante Unterschiede zwischen den Maissorten wurden auch bei den Grobwurzeln gefunden. Die Behandlung mit dem Insektizid Tefluthrin hatte keinen Einfluss auf die Diversität der Mikroorganismen.

Die Vielfalt der Bakterien- und Pilzgemeinschaften in den Rhizosphären war ebenfalls für jede der vier Sorten spezifisch. Die Unterschiede der Bt-Maissorte zu den Vergleichssorten lagen dabei im Bereich der natürlichen Variabilität von konventionellen Sorten. Es zeigten sich sowohl für die bakteriellen als auch für die pilzlichen Gemeinschaften deutliche Unterschiede zwischen Grob- und Feinwurzeln, wodurch auch die Empfindlichkeit des Nachweissystems unterstrichen wurde. Die Gemeinschaften der Archaeen waren weniger vielfältig und setzten sich in allen Jahren und für alle Sorten in sehr ähnlicher Weise zusammen.

Die Bakterien-Gemeinschaften der Rhizosphäre wurden durch Hochdurchsatzsequenzierung tiefgreifend analysiert. Berechnungen zeigten, dass 99 Prozent der vorhandenen Bakterienvielfalt erfasst wurden. Alle Maissorten hatten einen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit einzelner Bakteriengattungen. Nach den bisherigen Ergebnissen unterschied sich der Bt-Mais nicht stärker von den anderen konventionellen Sorten als diese sich untereinander.

Bei den Bienen gab es charakteristische bakterielle Gemeinschaften in Mittel- und Enddarm und deutliche sortenspezifische Unterschiede. Die Unterschiede der Bt-Sorte zu den Vergleichsorten waren jedoch nicht größer als die Variabilität zwischen konventionellen Sorten bzw. zwischen Mais und Phacelia.

Quantitative Analysen zeigten keine Unterschiede in der Besiedlungsdichte der Mikroorganismen in der Rhizosphäre oder im Bienendarm. Damit ergaben sich keine Hinweise auf einen negativen Effekt der Bt-Proteine auf die Mikroorganismen.

Aus der Datenauswertung lassen sich keine Hinweise auf spezifische Effekte durch den hier untersuchten Bt-Mais auf Bodenmikroorganismen und die bakterielle Darmflora des Bienendarms ableiten.

Untersuchung der chemischen Bodeneigenschaften der Rhizosphäre

Die in der Rhizosphäre ermittelten Bodenparameter – Gesamtkohlenstoff, -stickstoff und -schwefel und der pH-Wert – lagen im Bereich typischer landwirtschaftlicher Böden, wobei die Heterogenität des Feldes für diese Parameter sehr gering war. Multivariate statistische Analysen ergaben nur einen geringen Einfluss (ca. 5 %) auf die Variabilität der strukturellen Vielfalt der Bakterien-Gemeinschaften. Es ergab sich kein Hinweis, dass der Bt-Mais die hier ermittelten Bodeneigenschaften in anderer Weise beeinflusst als konventionell gezüchteter Mais.