Auswirkungen von Bt-Mais mit drei Bt-Proteinen auf Schmetterlinge

(2008 – 2011) Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen, Institut für Biologie III (Pflanzenphysiologie)

Thema

In diesem Projekt wurden mögliche Auswirkungen von gentechnisch verändertem Bt-Mais der Linie MON89034xMON88017 auf Schmetterlinge untersucht. Dieser Mais produziert drei Bt-Proteine, von denen zwei gegen den Maiszünsler, einen Schmetterling, gerichtet sind. In der Umgebung eines Feldes mit diesem Bt-Mais könnten auch andere Schmetterlingsarten z.B. durch Ablagerung von Bt-Pollen auf ihren Nahrungspflanzen gefährdet sein.

Folgende Fragestellungen wurden untersucht:

  • Wie viel Maispollen lagert sich auf den Nahrungspflanzen von Schmetterlingen in der Umgebung des Maisfeldes ab?
  • Nehmen die Schmetterlingsraupen Bt-Maispollen über die Nahrungspflanzen auf und sind dadurch Auswirkungen auf ihre Entwicklung zu beobachten?
  • Wie hoch ist das Gefährdungspotenzial für eine Schmetterlingspopulation in Abhängigkeit von der lokalen Struktur der Agrarlandschaft?

Zusammenfassung

Auf den Pollenfallen lagen weitaus mehr Pollen als auf den Brennnesseln. Im Durchschnitt lagen auf den Brennnesseln unmittelbar am Feldrand 34 Pollen pro Quadratzentimeter. Auf einer Pflanze wurde ein Maximalwert von 212 Pollen pro Quadratzentimeter gefunden.

Die Fütterungsversuche zeigten erste Effekte durch Bt-Maispollen bei Pollendosen zwischen 200 und 300 Pollenkörnern pro Quadratzentimeter Blattfläche: Die Larven fraßen weniger und entwickelten sich langsamer als die Vergleichstiere. Eine signifikant erhöhte Sterblichkeit wurde ab 400 Pollenkörnern pro Quadratzentimeter festgestellt.

In den untersuchten Agrarlandschaften wurden zur Zeit der Maisblüte Larven beider Schmetterlingsarten gefunden, sowohl im Nahbereich als auch in mehr als 50 Metern Entfernung zu Maisfeldern.

Versuchsbeschreibung

Es wurden Schmetterlingsarten untersucht, die in Agrarlandschaften häufig vorkommen, deren Larven sich zur Zeit der Maisblüte entwickeln und deren Raupen optisch gut auffindbar sind und sich nur von einer Wirtspflanze ernähren. Der Kleine Fuchs und das Tagpfauenauge gehören in den meisten Agrarlandschaften zu den häufigsten Schmetterlingsarten und entsprechen auch den anderen Auswahlkriterien. Ihre Raupen ernähren sich von Brennnesselblättern.

Als Pollenfallen dienen Petrischalen mit einem Agarosefilm, auf welchem der Maispollen haften bleibt.

Am Rande des Maisversuchsfeldes wurden in verschiedenen Entfernungen Pollenfallen aufgestellt.

Sie werden in ein Meter Höhe an senkrecht aufgestellten Holzleisten befestigt. Daneben eine Brennnesselpflanze.

Fütterungsversuch an der RWTH Aachen: Kleine Schmetterlingsraupen bekommen Pollen von Bt-Mais auf  Brennnesselblättern zu fressen.

Im Labor werden Larven des Kleinen Fuchses und des Tagpfauenauges mit definierten Mengen Bt-Maispollen gefüttert.

Maispollen auf Nahrungspflanzen von Schmetterlingen

Zur Erfassung der Maispollenverbreitung und -dichte wurden zu Beginn der Maisblüte Pollenfallen mit Petrischalen an jeder Seite des Maisversuchsfeldes aufgestellt, und zwar unmittelbar am Feldrand sowie in Abständen von fünf, zehn, 15, 20, 30 Metern und in der Hauptwindrichtung zusätzlich bis 58 Meter Entfernung.

Um zu erfassen, wie viele Maispollen auf den Blättern von Brennnesselpflanzen haften bleiben, wurden parallel zu den Pollenfallen Brennnesselpflanzen in Töpfen aufgestellt. Die Pollenfallen wurden regelmäßig ausgewechselt und von den Brennnesselpflanzen einzelne Blätter abgeschnitten. Die Maispollen in den Petrischalen und auf den Brennnesselblättern wurden im Labor unter dem Binokular ausgezählt.

Aufnahme und Toxizität der Bt-Proteine

Die Aufnahme von Bt-Proteinen durch Schmetterlingslarven und deren Wirkung wurden im Labor untersucht. Schmetterlingsraupen wurden in Klimaschränken bei einer konstanten Temperatur von 25 Grad Celsius und einem Tag-Nacht-Rhythmus von 16 zu acht Stunden gehalten. Sobald sie das dritte Larvenstadium erreicht hatten, wurden sie mit einer Brennnesselblattscheibe gefüttert, die mit definierten Mengen von Bt-Maispollen oder zur Kontrolle mit Pollen einer konventionellen Maissorte bedeckt waren. Danach bekamen die Larven unbehandeltes Futter. Fraß und Entwicklung der Raupen wurden anhand von Fraßaktivität, Gewicht, Entwicklungsdauer sowie Sterblichkeit protokolliert. Die Bt-Proteingehalte in Maispollen wurden mit Hilfe der Nachweismethode ELISA gemessen.

In einem zweiten Versuchsansatz wurden Larven des Kleinen Fuchses morgens und abends mit je einer Blattscheibe gefüttert, auf die eine Pollenlösung aufgetragen war, und zwar solange, bis die Larven das letzte Larvenstadium erreicht hatten (durchschnittlich 7 Tage).

Es wurden Wahlversuche durchgeführt, bei denen Schmetterlingslarven wählen konnten zwischen Brennnesselblättern, die mit Maispollen bestäubt worden waren oder unbehandelt blieben. Bei einem weiteren Wahlversuch konnten die Larven zwischen Blättern mit Bt-Maispollen und Blättern mit dem Pollen konventioneller Maispflanzen wählen. Die Präferenz der Larven bei der Wahl des Futters wurde protokolliert.

Abschätzung des Gefährdungspotenzials unter Einbeziehung realer Agrarlandschaften

Die Abschätzung des Gefährdungspotenzials von Schmetterlingslarven durch Bt-Proteine aus gentechnisch verändertem Mais sollte anhand der ermittelten Pollenverteilung und der Laborergebnisse zur Toxizität der Pollen erfolgen.

Zusätzlich sollten landschaftsökologische Parameter in die Risikoabschätzung einfließen. Dabei ging es vor allem um die reale räumliche Verteilung von Schmetterlingspopulationen und Wirtspflanzen in der Agrarlandschaft – insbesondere im Hinblick auf ihre räumliche Nähe zu Maisfeldern. Es interessierten aber auch Parameter wie Feldgrößen, die geographische Lage von Maisfeldern und der prozentuale Anteil der Maisanbaufläche an der landwirtschaftlich genutzten Fläche. In zwei Maisanbaugebieten in Deutschland wurden zur Zeit der Maisblüte diese Parameter erfasst. Alle Standorte mit Brennnesseln wurden nach Nestern der beiden Schmetterlingsarten Kleiner Fuchs und Tagpfauenauge abgesucht. Die Kartierungen wurden mit einem Geografischen Informationssystem (GIS) visualisiert.

Ergebnisse

Felddesign Pollenfallen und Brennnesselpflanzen

Versuchsdesign im Freiland zur Erfassung der Pollenmengen 2009 und 2010

Mortalität bei 200 Pollenkörnern pro cm2

Fraßversuch: Mortalität von Larven des Kleinen Fuchses bei 200 Pollenkörnern pro cm2

Maispollen auf Nahrungspflanzen von Schmetterlingen

Die Verteilung der Pollenmenge war vor allem abhängig von der Windrichtung, der Entfernung zum Feldrand und der Tageszeit. In der Hauptwindrichtung Nord-Ost waren die Pollenmengen jeweils um ein Vielfaches höher als an den windabgewandten Seiten des Versuchsfeldes. Außerdem nahm die Pollenmenge mit zunehmender Entfernung vom Feldrand schnell ab. Auffällig war, dass die Brennnesselblätter pro Quadratzentimeter ein Vielfaches weniger an Pollen aufwiesen, als die an den gleichen Probenahmepunkten stehenden Pollenfallen.

In den drei Jahren wurden maximal 833 Pollen pro Quadratzentimeter auf den Pollenfallen bzw. 212 Pollen pro Quadratzentimeter auf den Brennnesselblättern unmittelbar am Feldrand gemessen. Durchschnittlich fanden sich direkt am Feldrand auf den Pollenfallen 150, auf den Brennnesselblättern 34 Pollen pro Quadratzentimeter.

Aufnahme und Toxizität der Bt-Proteine

Es konnte jeweils eine eigene Zucht mit Schmetterlingen des Kleinen Fuchses und des Tagpfauenauges aufgebaut werden.

Bei Pollenmengen zwischen 200 und 300 Pollenkörnern pro Quadratzentimeter traten erste Effekte auf. Die Larven fraßen weniger und entwickelten sich langsamer als die Kontrolltiere. Ab vierhundert Pollenkörnern pro Quadratzentimeter war die Sterblichkeit der Larven bei Fütterung mit Bt-Mais-Pollen deutlich größer als bei den Vergleichsgruppen.

Im Versuchsansatz mit mehreren behandelten Blattscheiben konnten keine verstärkten Effekte im Vergleich zu der einmaligen Pollengabe gefunden werden.

In den Wahlversuchen konnte keine Präferenz oder aktive Vermeidung bestimmter „Pollenangebote“ festgestellt werden.

Abschätzung des Gefährdungspotenzials unter Einbeziehung realer Agrarlandschaften

2008 wurden in beiden Untersuchungsgebieten keine Schmetterlingsnester gefunden, 2009 und 2010 wurden in beiden Gebieten sowohl Nester des Kleinen Fuchses als auch des Tagpfauenauges gefunden.

In dem Gebiet mit hoher Maisanbauintensität befanden sich mehr als 60 Prozent der Nester im Nahbereich zu Maisfeldern, in der Region mit wenig Maisanbau lagen über 50 Prozent aller Nester in mehr als 50 Metern Entfernung zum nächsten Maisfeld.

Das Risiko für die untersuchten Schmetterlingsarten durch den Bt-Mais wurde als vernachlässigbar eingestuft, da die Pollenmengen, die im Laborversuch zu Effekten führten, im Freiland nur in Einzelfällen nachgewiesen werden konnten. Außerdem entwickelte sich nur ein Teil der Schmetterlingspopulationen im Nahbereich zu Maisfeldern.