Auswirkungen von Bt-Mais mit drei Bt-Proteinen auf Nematoden

(2008 – 2011) Institut für Biodiversität-Netzwerk e.V. (ibn), Regensburg

Thema

In diesem Projekt wurden die Auswirkungen von gentechnisch verändertem Bt-Mais (MON89034xMON88017), der drei verschiedene Bt-Proteine bildet, auf Nematoden (Fadenwürmer) untersucht.

Nematoden sind die arten- und individuenreichste Organismengruppe im Boden und kommen praktisch an allen Standorten vor. Durch die Ausbildung einer Vielzahl von Ernährungstypen besetzen sie Schlüsselstellen in Nahrungsnetzen und beeinflussen entscheidend den Nährstoffkreislauf im Boden. Deshalb eignen sie sich besonders gut als Bioindikatoren zur Bewertung von Bodenqualität.

Bt-Proteine gelangen über Wurzel- und sonstige Pflanzenreste sowie über Ausscheidungen von Pflanzenfressern in den Boden. Im Fall einer Anreicherung im Boden könnten im Boden lebende Organismen geschädigt werden. Es ist bekannt, dass bestimmte Klassen von Bt-Proteinen toxisch für Nematoden sind und ähnlich wie bei Insekten die Darmwand schädigen.

Folgende Fragestellungen wurden untersucht:

  • Verändert der Anbau von Bt-Mais die Struktur der Nematoden-Lebensgemeinschaften im Boden?
  • Haben die vom Bt-Mais produzierten Bt-Toxine (Cry-Proteine) einen Effekt auf die Struktur von Nematoden-Lebensgemeinschaften in Mikrokosmen?
  • Führt die Aufnahme der Bt-Proteine aus dem hier untersuchten Bt-Mais bei dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans zu einer verringerten Fortpflanzung und welcher Wirkmechanismus liegt dem zugrunde?

Zusammenfassung

Auf dem Versuchsfeld zeigten sich keine Unterschiede in den Lebensgemeinschaften der Nematoden zwischen den verschiedenen Maissorten. Auch die Behandlung mit einem Bodeninsektizid hatte keinen Einfluss auf die Nematodenfauna.

In den Mikrokosmen waren die deutlichsten Veränderungen in der Struktur der Nematoden-Lebensgemeinschaften bei Zugabe von Pflanzenmaterial zu beobachten. Ein Unterschied zwischen Pflanzenmaterial des Bt-Maises und der nah-isogenen Sorte trat aber zu keinem Zeitpunkt auf. Die Zugabe von gereinigten Bt-Toxinen führte zu deutlichen Veränderungen der Nematoden-Lebensgemeinschaften, allerdings bei relativ hohen nominellen Konzentrationen, die beim Feldversuch nicht auftraten.

Die drei Bt-Toxine im untersuchten Bt-Mais MON89034xMON88017 hatten in Laborversuchen eine deutliche dosisabhängige Wirkung auf den Nematoden Caenorhabditis elegans. Die höchste Toxizität zeigte das Bt-Toxin Cry3Bb1, gefolgt von Cry1A.105 und Cry2Ab2. Die Mischung der drei Proteine war weniger toxisch als erwartet.

Es gab deutliche Hinweise darauf, dass insektizide Bt-Proteine (Cry1.105, Cry2Bb2), wie sie in Bt-Mais vorkommen, Nematoden über einen ähnlichen Wirkungsmechanismus schädigen können, wie speziell gegen Nematoden wirksame sogenannte nematizide Bt-Proteine (z.B. Cry5B).

Versuchsbeschreibung

In einem Freilandversuch wurden die gentechnisch veränderte Sorte, ihre nah-isogene Ausgangssorte sowie zwei weitere konventionelle Maissorten zum Vergleich angebaut. Auf diese Weise konnten potenzielle Bt-Effekte von Sorteneffekten unterschieden werden. Zusätzlich wurde die nah-isogene Sorte auf einem Teil der Parzellen mit einem Insektizid behandelt, um den Einfluss konventioneller Bekämpfungsmaßnahmen einbeziehen zu können.

Kultur von C. elegans auf Agar: Verschiedene Entwicklungsstadien (Aufnahme mit Stereo-mikroskop, ca. 40 fache Vergrößerung)
Foto: Sebastian Höss

Ernährungstypen Nematoden

Verschiedene Ernährungstypen von Nematoden
Bild: Prof. Dr. Walter Traunspurger

Vorkommen und Struktur der Nematoden-Lebensgemeinschaften im Boden

Die Wirkung von Bt-Toxinen auf die Struktur von Nematoden-Lebensgemeinschaften wurde im Freiland und im Labor untersucht. Im ersten und zweiten Anbaujahr wurden zu drei Zeitpunkten von jeder Parzelle des Versuchsfeldes mehrere Proben vom Wurzelboden gesammelt.

Im dritten Anbaujahr wurden zusätzlich im Labor Modellökosysteme (Mikrokosmen) eingerichtet. Kleine Gefäße wurden mit Boden vom Versuchsfeld befüllt mitsamt der zugehörigen Nematodenfauna (aus Parzellen des nah-isogenen Maises). Den Mikrokosmen wurden reine Bt-Toxine oder Pflanzenmaterial von Bt-Mais beigemischt und die Nematodenfauna über einen Zeitraum von 12 Wochen beobachtet. Als Kontrolle dienten Mikrokosmen, denen Pflanzenmaterial der isogenen Maissorte beigemischt wurde und solche, die gar nicht behandelt wurden. Als Positivkontrolle wurde ein Schwermetall (Kupfer) beigemischt. Zu sieben Zeitpunkten wurden Bodenproben entnommen.

Die aus den Freiland- und Laborproben isolierten Nematoden wurden auf Gattungsniveau bestimmt. Anhand ihrer Mundhöhle wurden die Gattungen in verschiedene Ernährungstypen eingeteilt und nach ihren Fortpflanzungsstrategien klassifiziert.

Aufnahme, Wirkung und Wirkungsweise der Bt-Proteine (Cry1A.105, Cry2Ab2, Cry3Bb1)

Um die toxische Wirkung der Bt-Proteine zu untersuchen, wurde ein Fütterungsversuche mit dem Modellorganismus Caenorhabditis elegans durchgeführt. Die Bt-Proteine wurden in wässriger Lösung einzeln und in äquimolaren Mischungen verabreicht.

Nematoden mit verschiedener Ernährungsweise wurden kurzzeitig in wässrigen Lösungen von fluoreszenzmarkierten Bt-Proteinen exponiert und anschließend unter dem Fluoreszenzmikroskop betrachtet. Diese Untersuchungen sollten Aufschluss darüber geben, ob und in welchem Ausmaß Bt-Proteine in den Darm der Würmer aufgenommen werden.

Wirkungsmechanismus. Bt-Proteine entfalten ihre toxische Wirkung, indem sie an spezielle Rezeptoren in der Darmwand binden und dadurch die Zerstörung des Darms auslösen. Es gibt spezielle sogenannte nematizide Bt-Proteine, die spezifisch Nematoden über diesen Wirkungsmechanismus angreifen. Um zu überprüfen, ob auch die insektiziden Bt-Proteine des Bt-Maises an Rezeptoren in der Darmwand von Nematoden binden, wurde_C. elegans_ fluoreszensmarkierten Bt-Proteinen ausgesetzt. Wenn es zu einer Bindung der Bt-Proteine an Rezeptoren kommt, kann man unter dem Mikroskop eine Rot-Färbung der Darmwand beobachten.

Mit einem mutanten C. elegans-Stamm, dem die Rezeptoren für die Bindung der Bt-Proteine an der Darmwand fehlen, wurden weitere Toxizitätstests durchgeführt. Falls die Toxizität (zumindest teilweise) über die Bindung der Bt-Proteine an die Rezeptoren der Darmwand ausgelöst wird, sollte der Bt-resistente Stamm gegenüber den Bt-Proteinen weniger empfindlich sein als der Wildtyp.

Ergebnisse

Vorkommen und Struktur der Nematoden-Lebensgemeinschaften im Boden

Vorkommen von Nematoden im Freiland. Die Menge der Nematoden in den Proben vom Versuchsfeld war mit elf bis bis 20 Millionen Tieren pro Quadratmeter sehr hoch. Es zeigten sich geringe saisonale Schwankungen in der Nematodendichte. Zwischen den verschiedenen Maissorten wurden aber keine signifikanten Unterschiede gefunden.

Nematoden: Probennahmedesign

Aus jeder Mais-Parzelle wurden sechs Bodenproben entnommen, zu einer Mischprobe zusammengefasst und 15 bis 20 cm3 davon untersucht.

Freiland: Nematoden Ernährungstypen

Anteil der verschiedenen Ernährungstypen von Nematoden- Lebensgemeinschaften aus Bodenproben von Parzellen des Versuchsfeldes.

Mikrokosmen, Maturity-Index

Maturity Index (spezieller Stress-Index) berechnet für Nematoden-Lebensgemeinschaften aus Mikrokosmen, die mit Pflanzenmaterial von Bt-Mais (PM Bt) und der nah-isogenen Sorte (PM Iso), mit Bt-Proteinlösungen (Mischung aus Cry1.105, CryAb2, Cry3Bb1: Cry mix; Cry5B) und Kupferlösung angereichet wurden; verschiedene Buchstaben bedeuten signifikante Unterschiede zwischen den Behandlungen.

Zusammensetzung der Nematoden im Freiland. Nach der quantitativen Erfassung der Nematoden, wurden je 50 Tiere entnommen und für die Bestimmung präpariert. Die Tiere wurden nach Ernährungstypen (z.B. Pflanzenfresser oder Bakterienfresser) sowie nach ihrer Reproduktionsstrategie klassifiziert. Bakterienfresser kamen in allen Parzellen am häufigsten vor (etwa zwei Drittel), gefolgt von Pflanzenfressern, räuberischen Nematoden und Pilzfressern. Im Verlauf der Anbauperiode war eine Veränderung in der Zusammensetzung der Ernährungstypen zu beobachten. Bakterienfresser und räuberische Nematoden nahmen im Verlauf der Anbauperiode ab bzw. zu, während die Anteile an Pflanzen- und Pilzfressern relativ konstant blieben. Zwischen den verschiedenen Maissorten und Behandlungen wurden keine Unterschiede gefunden. Auch hinsichtlich der Reproduktionsstrategien konnten keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Maisvarianten beobachtet werden.

Unterschiede in den Nematoden-Lebensgemeinschaften ließen sich aber unabhängig von der Maissorte mit den Bodeneigenschaften der verschiedenen Parzellen in Verbindung bringen. Es zeigte sich ein schwacher, aber signifikanter Zusammenhang zwischen Artenzahl und -zusammensetzung der Nematoden-Lebensgemeinschaften und dem Sandgehalt des Bodens.

Nematoden-Lebensgemeinschaften in Mikrokosmen. Die Struktur der Nematoden-Lebensgemeinschaften wurde durch einzelne Behandlungen erheblich beeinflusst. Die deutlichsten Veränderungen waren, wie zu erwarten, durch die Zugabe von Pflanzenmaterial zu beobachten. Ein Unterschied zwischen Pflanzenmaterial des Bt-Maises und der nah-isogenen Sorte trat aber zu keinem Zeitpunkt auf. Vergleicht man die Mikrokosmen, die nur mit wässrigen Lösungen von Bt-Toxinen (Mischung aus den insektiziden Cry1.105, Cry2Ab2, Cry3Bb1; nematizides Cry5B) und Kupfer angereichert wurden, so sieht man am Ende des Versuchs (84 Tage) in den Mikrokosmen mit der Toxin-Mischung, mit Cry5B und mit Kupfer signifikante Veränderungen der Gattungszusammensetzung, aber auch von Stress-Indizes, wie dem Maturity-Index.

Aufnahme, Wirkung und Wirkungsweise der Bt-Proteine (Cry1A.105, Cry2Ab2, Cry3Bb1)

Für alle drei Bt-Proteine und die Proteinmischungen konnten klare Dosis-Wirkungskurven erstellt werden. Cry3Bb1 zeigte die höchste Toxizität, gefolgt von Cry1A.105 und Cry2Ab2. Die Mischung war weniger toxisch als erwartet.

Aufnahme von Bt-Protein durch Nematoden

Aufnahme von fluoreszensmarkiertem Bt-Protein (Cry5B) in den Darm von drei Nematodengattungen mit verschiedener Ernährungsweise

Unter dem Fluoreszenz-Mikroskop konnte man sehen, dass das verwendete fluoreszenz-markierte Bt-Protein (nematizides Cry5B) von Bakterienfressern aufgenommen wurde, von Pilzfressern allerdings nicht.

Wirkungsmechanismus. Unter dem Mikroskop zeigte sich eine Rot-Färbung des Nematodendarms, was auf die Bindung der Bt-Proteine an Rezeptoren der Darmwand hindeutet. Allerdings waren die Ergebnisse im direkten Vergleich mit den Kontrollen nicht eindeutig.

Die Toxizitätstests mit einem mutanten C. elegans-Stamm zeigten für Cry1.105 und Cry2Ab eine deutlich geringere Empfindlichkeit des mutanten Stammes. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die toxische Wirkung bestimmter insektizider Bt-Proteine durch die Bindung an Rezeptoren in der Darmwand ausgelöst wird. Beim Wildtyp zeigte sich die toxische Wirkung in Form einer verringerten Fortpflanzung.