Ansätze zur Begrenzung der Ausbreitungsfähigkeit von transgenen Kartoffeln

(2008 – 2011) Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Biochemie

Thema

In diesem Projekt soll eine Methode entwickelt werden, mit der die Ausbreitungsfähigkeit von Kartoffeln durch verschiedene gentechnische Ansätze begrenzt werden kann (biologisches Confinement). Kartoffeln vermehren sich über Knollen, die nach einer Phase der Keimruhe (Dormanz) auskeimen. Dieser Prozess lässt sich durch das Einbringen geeigneter Genkonstrukte hemmen. Der Anbau dieser transgenen Knollen könnte verhindern, das auf dem Feld liegen gebliebene Knollen im Folgejahr zu einer ungewollten Ausbreitung führen (Durchwuchs). Für die Verwendung als Saatkartoffeln muss die Keimruhe zu einem gewünschten Zeitpunkt aber wieder gebrochen werden können. Dies kann durch das Einbringen eines zweiten Genkonstruktes erreicht werden, das die Wirkung des ersten aufhebt. Die Aktivität des zweiten Konstruktes kann durch einen molekularen Schalter von Außen gesteuert werden, womit sich der Zeitpunkt des Auskeimens bestimmen lässt.

Versuchsbeschreibung

Die Keimruhe von Kartoffelknollen lässt sich durch die Expression eines Transgens beeinflussen. Zwei Wildtyp-Kartoffelknollen treiben ca. acht Wochen nach der Ernte aus (links). Die transgenen Knollen zeigen zum gleichen Zeitpunkt noch kein Sprosswachstum.

Es sollen transgene Kartoffelpflanzen hergestellt und analysiert werden, die nicht-keimende Knollen bilden. Dazu werden verschiedene Ansätze verfolgt: Drei für die Keimung notwendige Stoffwechselprozesse werden an Schlüsselstellen gentechnisch verändert.

Kohlenhydratstoffwechsel: In den Knollen wird der Gehalt eines wichtigen Zuckers (Trehalose-6-phosphat) verändert. Er beeinflusst die Fähigkeit zur Mobilisierung von Nährstoffen, die für das Keimwachstum notwendig ist. Je mehr von diesem Zucker der Knolle zur Verfügung steht, desto länger kann sie in Keimruhe verbleiben. Eine Senkung der Trehalose-6-phosphat-Menge führt dagegen zu einer Brechung der Keimruhe.

Der Gehalt an Trehalose-6-phosphat soll durch das Einbringen zweier Gene in Kartoffelpflanzen gesteuert werden. Ein Gen aus dem Bakterium E.coli exprimiert in der Knolle ein Enzym, das diesen Zucker bildet. Das andere Gen sorgt dafür, dass durch Enzymbildung der Zucker wieder abgebaut wird und die Keimung wieder einsetzen kann. Damit die Keimruhe zu einem gewünschten Zeitpunkt gebrochen werden kann, wird das zweite Gen durch ein Steuerelement (Promotor) kontrolliert, das erst durch die Zugabe von Alkohol-(Dampf) abgelesen wird.

Pflanzenhormone: Die Länge der Keimruhe wird auch durch den Gehalt an Pflanzenhormonen gesteuert. Daher sind die Bildung und der Abbau zweier Pflanzenhormone (Gibberelline, GA und Cytokinine, CK) eine weitere Möglichkeit nicht-keimende Kartoffelknollen herzustellen. Bildung und Abbau dieser Hormone soll ebenfalls in zwei Schritten gesteuert werden. Zunächst ist geplant, durch die Expression Hormon-abbauender Enzyme die Keimung zu unterbinden. Diese Enzyme sollen zum einen in den Knollen gebildet werden, zum anderen nur im Meristem-Gewebe der Knollen. Damit die Keimung wieder einsetzt, werden im zweiten Schritt die Enzym-bildenden Gene wieder abgeschaltet (Gene Silencing).

Kartoffelpflanzen werden mit den entsprechenden Genkonstrukten (aus Arabidopsis thaliana)transformiert und molekularbiologisch (PCR und Northern Blot) untersucht. Die Linien, die die Konstrukte aufgenommen haben, werden im Gewächshaus vermehrt und bis zur Knollenbildung dort belassen. Die geernteten Knollen werden über einen längeren Zeitraum beobachtet, um mögliche Effekte auf die Länge der Keimruhe festzustellen. Die Linien, die nicht-keimende Knollen bilden, werden dann mit dem zweiten Genkonstrukt transformiert und wieder bis zur Knollenbildung im Gewächshaus gehalten. Auch diese Gene werden durch ein Steuerelement (Promotor) kontrolliert, die erst durch die Zugabe von Alkohol-(Dampf) abgelesen werden.

Meristementwicklung: Wenn Knollen keimen, verändert sich das Gewebe in der Knolle an der Stelle, an der sich später der Spross bildet (Meristem). An diesem Prozess sind eine Vielzahl von Genen beteiligt. In Vorarbeiten wurden zwei dieser Gene identifiziert und für weitere Arbeiten ausgewählt. Ein gezieltes Ausschalten dieser Gene (Gene Silencing) könnte die Keimung von Knollen unterbinden. Kartoffelpflanzen werden dahingehend gentechnisch verändert und anschließend molekularbiologisch untersucht (PCR). Die transgenen Pflanzen, bei denen eine starke Hemmung der ausgewählten Gene stattfindet, werden im Gewächshaus herangezogen. Das Keimverhalten der Knollen aus diesen Pflanzen wird anschließend über einen längeren Zeitraum beobachtet.

Die erfolgreichen Ansätze sollen anschließend im Feld erprobt werden. Dazu werden transgene Knollen im Herbst auf dem Feld ausgelegt und im Folgejahr auf ihr Durchwuchsverhalten im Vergleich zu Wildtypknollen hin quantifiziert. Außerdem werden Versuche durchgeführt, bei denen das Keimungsverhalten der transgenen Knollen während der Lagerung analysiert wird.

Ergebnisse

Kohlenhydratstoffwechsel: Es konnten transgene Kartoffelknollen erzeugt werden, in denen sich der Trehalose-6-phosphat- (T6P-)Gehalt durch das Einbringen der neuen Gene veränderte. Anschließend wurde die Keimruhe dieser Knollen im Vergleich zum Wildtyp untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass eine gezielte Veränderung des T6P-Gehaltes die Keimruhe von Kartoffelknollen beeinflusst.

Biochemische Untersuchungen ergaben, dass der Stärkegehalt der Knollen mit dem zuckerbildenden Enzym um 20 – 30 Prozent niedriger war. Kartoffelknollen, die das zuckerabbauende Enzym enthielten, waren unverändert im Stärkegehalt.

Im weiteren Projektverlauf wurden Kartoffelknollen erzeugt, die beide Genkonstrukte enthielten. Durch diese Doppel-Transformation und das anschließende Bedampfen mit Alkohol wird die zunächst verzögerte Keimruhe wieder aufgehoben. Mittels PCR wurde die Anwesenheit der beiden Konstrukte bestätigt. Diese Knollen werden zur Zeit im Gewächshaus zur Ernte gebracht und anschließend untersucht.

Pflanzenhormone: Es wurden transgene Kartoffelpflanzen erzeugt, die vermehrt Hormon-abbauende Enzyme bilden. Diese Enzyme, die den Abbau der Pflanzenhormone Gibberelline und Cytokinine beeinflussen, wurden unter Kontrolle eines ständig aktiven Promotors in allen Pflanzenteilen gebildet. Die Knollen zeigten eine leicht bzw. deutlich verlängerte Keimruhe, allerdings wiesen die oberirdischen Pflanzenteile morphologische Veränderungen auf. Um dies zu vermeiden, wurden auch Promotoren verwendet, die dafür sorgen, dass die Enzyme nur in den Knollen bzw. im Meristem gebildet werden. Bei der Regeneration im Gewächshaus zeigten diese Pflanzen keine morphologischen Veränderungen an den oberirdischen Pflanzenteilen.

Es konnten mehrere Linien identifiziert werden, die die Hormon-abbauenden Enzyme vermehrt nur in den Knollen bilden. Zurzeit wird der Einfluss der Transgene auf die Keimruhe untersucht.

Bei transgenen Pflanzen, die eines der beiden Enzyme, Gibberelline, im Meristem bilden, konnte die Expression mit PCR nachgewiesen werden. Nach Regeneration zeigten die Pflanzen und Knollen kein auffälliges äußeres Erscheinungsbild.

Meristementwicklung: Kartoffelpflanzen wurden gentechnisch so verändert, dass zwei am Prozess der Meristementwicklung beteiligte Gene gezielt ausgeschaltet wurden. Aus dieser Transformation konnten jedoch nur zum Teil transgene Pflanzen regeneriert werden. Denn das Ausschalten eines der beiden Gene führte zu einem Absterben der Pflanzen. Daher wurden die Untersuchungen mit diesem Gen nicht weiterverfolgt.
Aus der Transformation mit dem zweiten Genkonstrukt konnten 32 transgene Kartoffelpflanzen regeneriert werden. Es zeigte sich aber, dass diese transgenen Knollen im Vergleich zum Wildtyp ein nahezu unverändertes Keimungsverhalten aufwiesen.