Transgene Fruktan-Kartoffel – Führt die gentechnische Veränderung zu unerwarteten Stoffwechseländerungen und hat dies Einfluss auf die Toleranz gegenüber Trockenheit?

(2001 – 2004) Max-Planck-Institut (MPI) für Molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam

Thema

Infolge einer gentechnischen Veränderung speichert die Fruktan-Kartoffel eine Gruppe von Kohlenhydraten, die typisch für Artischockengewächse ist. Hier sollte überprüft werden, ob neben der erwarteten und erwünschten Veränderung weitere, nicht voraussagbare Stoffwechseländerungen auftreten.

Da im Zusammenhang mit der Fruktanbildung eine verbesserte Resistenz gegenüber Trockenheit vermutet wird - Fruktane könnten Zellbestandteile gegen Schädigung beim Austrocknen schützen-, wurde das Merkmal Trockentoleranz für die Untersuchungen ausgewählt. Dabei wurde das Verhalten gentechnisch veränderter Linien bei Trockenstress mit demjenigen der Ausgangslinie verglichen.

Ergebnisse dieser Untersuchungen sollten Auskunft darüber geben, ob mit derzeit verfügbaren Methoden unerwartete Effekte gentechnischer Veränderungen mit hoher Sicherheit aufgedeckt werden können.

Zusammenfassung

Infolge der gentechnischen Veränderung reichern die transgenen Kartoffeln Fruktane in Knollen und, mit starken saisonalen Effekten, in Blättern an. Die Untersuchungen zeigten, dass die Fruktan anreichernden Kartoffelpflanzen keine höhere Trockentoleranz aufweisen als ihre unveränderte Ausgangssorte. Zur Suche nach unerwarteten Transgeneffekten wurden zusätzlich RNA-Expressionsmuster analysiert. Auch hierbei wurde festgestellt, dass der Transgeneffekt im Vergleich zu den natürlich vorkommenden Trockenstresseffekten wesentlich geringer und daher vernachlässigbar ist.

Versuchsbeschreibung

Ziel des Projektes war es, unerwartete Stoffwechseländerungen aufzuspüren, die durch die gentechnische Veränderung verursacht werden. Als Arbeitshypothese wurde angenommen, dass durch die Expression der Gene der Fruktansynthese der Stoffwechsel derart beeinflusst wird, dass sich die Toleranz der Pflanze gegenüber Trockenheit verändert. Deshalb wurden gentechnisch veränderte Linien und ihre Vergleichspartner im Versuch unterschiedlichen Graden an Trockenstress unterworfen. Diese Versuche fanden unter kontrollierten Bedingungen in Klimakammern statt. Zum Erntezeitpunkt wurden folgende Untersuchungen vorgenommen:

  • Analyse der Wachstums- und Wasserhaushaltsparameter (relativer Wassergehalt, Sättigungswassergehalt, osmotisches Potenzial)
  • Analyse biochemischer Parameter (u.a. Fruktangehalt, Gehalte löslicher Zucker in Blatt und Knolle)
  • Analyse von RNA-Expressionsmustern . Zur Erstellung des RNA-Expressionsmusters werden die RNA-Konzentrationen mehrerer 1000 Gene gemessen. So kann gleichzeitig die Aktivität von mehreren 1000 Genen erhoben werden. Es wird geprüft, ob diese Methode geeignet ist, unerwartete, durch das Transgen hervorgerufene Stoffwechseländerungen aufzuspüren.

Ergebnisse

In den Versuchsjahren 2001 bis 2003 wurden Versuche in Klimakammern durchgeführt, sowie Pflanzenmaterial der transgenen Linien und der Ausgangssorte für die Feldversuche produziert.

System zur reproduzierbaren Einstellung von Trockenstress. Pflanztöpfe stehen auf einem Wasser leitenden Schwammkörper, der in einem Becken mit konstantem Wasserstand (h) steht. Je größer der Abstand h desto geringer ist der Wassergehalt in den Töpfen.

Wachstum von Fruktan-Kartoffeln (SST, SST/FFT) und ihrer Elternsorte (Wildtyp) unter Kontrollbedingungen (12 cm) und Trockenstress (18 und 20 cm). Es gibt keine Hinweise auf eine erhöhte Trockenstress- toleranz der Fruktan-Kartoffeln.

Fruktangehalte in den Blättern der Fruktan-Kartoffeln (SST, SST/FFT) in Abhängigkeit von der Saison.

Analyse der Wachstums- und Wasserhaushaltsparameter

Es wurde ein Kultursystem etabliert, in dem Pflanzen reproduzierbar unter anbauähnlichen Bedingungen Trockenstress unterworfen werden. Stressbedingungen können simuliert werden, um anschließend anhand ausgewählter Wachstums- und Wasserhaushaltsparameter die Reaktion der Pflanzen zu messen.

Die Untersuchungen lieferten bislang keine Hinweise auf eine erhöhte Trockentoleranz der transgenen Kartoffeln im Vergleich zur Ausgangssorte.

Analyse biochemischer Parameter

Begleitend zu den Feldversuchen und den Gewächshausversuchen der Projektpartner wurden die Konzentrationen von Fruktanen und weiteren Zuckern bei mehreren 100 Proben ermittelt. Den Projektpartnern wurden damit Hintergrunddaten für die Interpretation der Ergebnisse geliefert. Die Messungen der Proben aus dem Feld bestätigten die erwartete Fruktananreicherung in den Knollen. In Wurzeln liegen die Fruktangehalte an der Nachweisgrenze des eingesetzten Messverfahrens. Die Fruktangehalte der Blätter zeigten eine interessante Saisonalität (Bild 3), obgleich die Blattgehalte an Saccharose, aus der Fruktane synthetisiert werden, konstant blieben. Diese ausgeprägte Saisonalität konnte bisher in 2001 und 2003 beobachtet werden, nicht aber unter Gewächshausbedingungen reproduziert werden. Für die Sicherheitsforschung bedeutet dies, dass Untersuchungen zu Umweltwirkungen an Feldmaterial aus dem gleichen Vegetationsabschnitt erfolgen müssen, in dem sie zu erwarten sind. Andernfalls sind die Befunde nicht auf die Feldsituation übertragbar.

Analyse der RNA-Expressionsmuster

Die Messungen von RNA-Expressionsprofilen wurde zunächst mit Material von Pflanzen der unveränderten Ausgangsorte aus Anzuchten bei unterschiedlichen Wasserversorgungen durchgeführt. Hier zeigte der Vergleich von Blattproben trockengestresster Kartoffeln mit Kontrollpflanzen (Anzucht ohne Trockenstress) wie erwartet, dass bei ersteren stressregulierte Gene aktiviert werden. Dadurch zeigten die verschiedenen Anzuchtformen einen großen Unterschied in ihren Expressionsprofilen.

Der Vergleich dieser Messungen mit denen von transgenen Pflanzen, die auf gleiche Weise kultiviert worden waren, zeigte nur sehr geringe Unterschiede zwischen den transgenen Kartoffeln und der unveränderten Ausgangssorte (Genotypeffekt). Lediglich zwei Gene wiesen einen signifikanten Genotypeffekt auf. Im Vergleich dazu wurde die Expression von 179 Genen stark durch die Wasserversorgung beeinflusst. Diesen Ergebnissen zufolge sind die Unterschiede zwischen transgenen Pflanzen und der unveränderten Ausgangssorte wesentlich geringer als zwischen Kontrollpflanzen und Pflanzen, die einem Trockenstress unterworfen waren, wie er am Standort durchaus regelmäßig auftritt. Der Transgeneffekt ist daher vernachlässigbar. Eine Generalisierung kann jedoch erst nach entsprechenden Untersuchungen an Feldmaterial vorgenommen werden.