Untersuchung einer möglichen Übertragung von Genen auf Magen-Darm-Mikroorganismen von mit Bt-Mais gefütterten Rindern

(2001 – 2004) TU München, Lehrstuhl für Physiologie, und Bayerische Landesanstalt für Tierzucht (BLT); Grub

Thema

Es sollten mögliche Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen - im Vergleich mit konventionellen Pflanzen - auf höhere Wirbeltiere am Beispiel des Rindes aufgeklärt werden. Dabei wurde der Verbleib der Fremd-DNA aus gentechnisch veränderten Futterpflanzen, hier Bt-Mais, unter verschiedenen Gesichtspunkten verfolgt:

  • Wie sieht der Abbau der Fremd-DNA und des Bt-Proteins bei der Herstellung des Futtermittels aus?
  • Was geschieht mit der Fremd-DNA und dem Bt-Protein im Verdauungstrakt der Rinder und kann es zu einer Aufnahme in den Kreislauf des Rindes kommen?
  • Gibt es eine Aufnahme von Fremd-DNA in Mikroorganismen des Magen-Darm-Traktes?
  • Wird die Fremd-DNA, falls eine DNA-Integration erfolgt, in das Genom eingebaut und dort abgelesen, d.h. aktiviert?
  • Wird die Fremd-DNA und/oder das Bt-Protein wieder ausgeschieden und z.B. im Dung in die Umwelt verbreitet?

Das Datenmaterial soll später als Grundlage für die Erforschung solcher Vorgänge in unterschiedlichen Nahrungsketten dienen.

Zusammenfassung

Im Untersuchungszeitraum von 61 Tagen wurde ein deutlicher Abbau pflanzlicher und transgener DNA im Verlauf der Silierung festgestellt. Die DNA-Fragmente waren kleiner als ein funktionsfähiges Gen.

Die Menge des Bt-Proteins nahm nach zwei Tagen rapide ab. Nach zwei Monaten Silierungsdauer wurden nur noch etwa ein Viertel der ursprünglichen Ausgangsmenge gemessen.

Die DNA des Bt-Maises wurde im Magen-Darm-Trakt der Rinder abgebaut. Es konnten nur pflanzliche DNA-Fragmente aus Chloroplasten nachgewiesen werden, die in Pflanzenzellen vielfach auftreten, nicht aber das Bt-Gen oder das gentechnisch eingeführte Ampicillinresistenz-Gen, die in der DNA des Zellkerns integriert sind.

In den Verdauungssäften, nicht aber in den Gewebezellen des Magen-Darm-Trakts wurden Abbauprodukte des Bt-Proteins nachgewiesen. Inwieweit diese noch als Toxin aktiv sind, sollte in Nachfolgestudien untersucht werden.

Es war kein horizontaler Gentransfer von Pflanzlicher DNA auf Bakterien des Rindes nachweisbar.

Es wurden keine Unterschiede in der Zusammensetzung der Bakterienpopulationen im Rinderpansen zwischen den isogen und transgen gefütterten Tieren gefunden.

Versuchsbeschreibung

Abbau von DNA und Protein bei der Verarbeitung transgener Pflanzen zu Futtermitteln

Maissilage in Einweckgläsern

Um den Verbleib von pflanzlicher und transgener DNA und des Bt-Proteins bei der Verarbeitung von Maispflanzen zu Silage zu verfolgen, wurde isogener und transgener Mais auf eine durchschnittliche Größe von ein bis zwei Zentimeter gehäckselt, in handelsübliche Einweckgläser gepresst und luftdicht verschlossen, um den Silierungsprozess (Milchsäurevergärung zur Haltbarmachung und Nährwertsteigerung wie beim „Sauerkraut“) unter Laborbedingungen nachzuahmen. Nach definierten Zeitabständen wurden für jede Sorte repräsentative Stichproben entnommen. Zur Kontrolle des Silierungsprozesses in den Gläsern wird der pH-Wert des Inhaltes bestimmt.

Fütterungsversuche zum Verbleib von Fremd-DNA

Aus transgenem Mais (Bt176) und konventionellem Mais wurden verschiedene Futtermittel (Körnermais, Silage, Kraftfutter) hergestellt, gemischt und an je elf Tiere (Kühe und Mastbullen) pro Versuch verfüttert. Zur Beobachtung der Verwertung des Futters wurden die Tiere täglich vermessen.

Der Verbleib der Fremd-DNA und des Bt-Proteins wurde im Magen-Darm-Trakt der Tiere sowie in den tierischen Exkrementen verfolgt. Dazu wurden Proben entnommen, vorhandene DNA extrahiert und mit hochsensitiven PCR-Nachweismethoden konventionelle und transgene Pflanzen-DNA-Stücke qualitativ und quantitativ untersucht. Hier interessierten vor allem die Fragmentlängen und Konzentrationen von Bt- und Ampicillin-Resistenz-Genen. Um zu verfolgen, was allgemein mit Pflanzenmaterial von der Verfütterung bis zur Ausscheidung passiert, wurde auch ein Chloroplasten-Gen untersucht.

Verbleib des Bt-Proteins

Der Weg des Bt-Proteins wurde während der Futtermittelherstellung und während des Verdauungsvorganges im Tier mit einer hochsensitiven Proteinnachweismethode (ELISA) verfolgt .

Um zu überprüfen, ob mittels ELISA intaktes Bt-Toxin oder auch etwaige Abbauprodukte gefunden wurden, wurde ein weiteres Protein-Nachweisverfahren (Immunoblot) angeschlossen, das die Bestimmung der Fragmentgrößen des Proteins ermöglichte.

Untersuchungen zum horizontalen Gentransfer

Es wurden verschiedene Mikroorganismen untersucht.

Werden die Fremd-Gene in den Mikroorganismen wieder gefunden, sollte untersucht werden (mit RT-PCR), ob die Gene auch eingebaut und abgelesen, d.h. aktiviert werden. Ebenso wurde der Austritt von potenziell transgenen Mikroorganismen über Exkremente (Nachweis in Gülle und Mist), sowie deren Überlebensfähigkeit auf dem Feld nach dem Ausbringen als Dung geprüft.

Zur Untersuchung von Magen-Darm-Mikroorganismen wurde den Tieren Pansen/Magen-Inhalt entnommen. Im Labor wurde in einem künstlichen Pansen mit Pansen-Mikroorganismen die potenzielle Aufnahme des Ampicillin-Genfragments mit und ohne Selektionsdruck, d.h. mit und ohne Zugabe von Ampicillin beobachtet.

Im Labor wurde auch der Einfluss des Bt-Toxins auf die Pansen-Mikroorganismen untersucht.

Spektrum der Mikroorganismen

In der letzten Phase des Projektes sollte eine mögliche Verschiebung des Spektrums der Magen-Darm-Mikroorganismen durch den Einsatz von Bt-Mais untersucht werden.

Ergebnisse

Abbau von DNA und Protein bei der Verarbeitung transgener Pflanzen zu Futtermitteln

Die Kontrolle des pH-Wertes der aus den Einweckgläsern gewonnenen Proben ergab ein rapides Absinken der Werte während der ersten Tage, ein Indikator für den Erfolg des Silierungsprozesses unter Laborbedingungen.

Mittels sensitiver PCR-Nachweismethoden wurde im Untersuchungszeitraum von 61 Tagen ein deutlicher Abbau pflanzlicher und transgener DNA im Verlauf der Silierung festgestellt. Die DNA-Fragmente waren nach einer Silierungszeit von zwei Monaten auf eine Größe abgebaut, die kleiner ist als die eines funktionsfähigen Gens.

Das Bt-Toxin wurde mittels eines speziellen quantitativen Analyseverfahrens für Proteine (ELISA) gemessen. Es zeigte sich, dass die Menge des Bt-Proteins nach zwei Tagen rapide abnimmt. Nach zwei Monaten Silierungsdauer wurden nur noch etwa ein Viertel der ursprünglichen Ausgangsmenge gemessen. Diese Ergebnisse wurden anhand eines weiteren Protein-Nachweisverfahrens (Immunoblot) bestätigt. Diese Untersuchungen ergaben, dass das Bt-Protein im Gegensatz zu der unten erwähnten Verdauung im Magen-Darm-Trakt des Rindes ohne die Bildung kürzerer Bruchstücke abgebaut wird.

Fütterungsversuche zum Verbleib von Fremd-DNA

Es wurden je elf Rinder mit Silage aus Bt-Mais und mit Mais aus der isogenen Vergleichssorte gefüttert. Die Ergebnisse zeigen, dass die DNA des Bt-Mais im Magen-Darm-Trakt der Rinder abgebaut wird. Es konnten zwar pflanzliche DNA-Fragmente nachgewiesen werden, aber nur solche, die im Genom vielfach auftreten, weil sie in den Chloroplasten lokalisiert sind. Ein seltener im Genom auftretendes pflanzliches Gen (Zein), das gentechnisch eingeführte Ampicillinresistenz-Gen sowie das Bt-Gen konnten nicht nachgewiesen werden.

Verbleib des Bt-Proteins

Der Weg des Bt-Proteins (Toxin) wurde mit dem oben erwähnten Screening Test (ELISA), der das Vorhandensein von immunologisch aktiven Strukturen des Bt-Proteins oder Bestandteilen davon nachweist, verfolgt. In diesen Untersuchungen wurde festgestellt, dass in den Verdauungssäften des Rinder-Magen-Darm-Traktes, nicht aber in den Epithelzellen ein Signal auftrat. Dieses Signal schien während der Passage durch den Verdauungstrakt zuzunehmen, so dass ein weiteres Protein-Nachweisverfahren (Immunoblot) angeschlossen wurde. Anhand dieser Methode konnte aber eindeutig gezeigt werden, dass der ELISA im Verlauf des Magen-Darm-Traktes nicht mehr intaktes Bt-Protein der vollen Länge, sondern Abbauprodukte des Bt-Proteins misst. Dies bedeutet, dass die Messwerte des ELISA vorsichtig zu interpretieren sind. Inwieweit die gefundenen kleineren Fragmente des Bt-Proteins noch eine biologische Aktivität als Toxin aufweisen, sollte in Nachfolgestudien geklärt werden.

Untersuchungen zum Spektrum der Pansen-Mikroorganismen und zum horizontalen Gentransfer

Es wurden Genbibliotheken für Pansenbakterien angelegt und DNA-Fingerprints durchgeführt, um die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Magen und Darm der Wiederkäuer zu untersuchen. Der transgene Mais sowie die isogene Vergleichssorte wurden zu Silage verarbeitet und an jeweils zwei Kühe verfüttert. Die durchgeführten Fingerprints zeigten keine unterschiedlichen Muster in den Bakterienpopulationen zwischen den isogen und transgen gefütterten Tieren.

Es war kein horizontaler Gentransfer von pflanzlicher DNA auf Bakterien des Rindes nachweisbar.